Artikel über Partikel

Ein Elementarteilchen packt aus
Guten Tag! Wenn ich mich kurz vorstellen dürfte: Ich bin ein Elementarteilchen. Ja, eines von diesen kleinen Dingern, die ihr nicht sehen könnt. Sicher weiß der eine oder andere von euch, dass man unseren Weg durch Raum und Zeit im Einzelnen nicht vorhersagen kann.

Elementarteilchen dreht Weltkugel auf der Fingerspitze
Vignette: Alf Ator

 

Wir machen, was wir wollen. Ort? Impuls? Richtung? In eurer Welt herrschen da klare Gesetze, es gibt Ursachen und Wirkungen, und je mehr ihr darüber wisst, desto besser könnt ihr vorhersagen, was als nächstes passiert. Wir aber sind Anarchisten, eure Gesetze interessieren uns nicht. Wir springen ohne Vorwarnung nach links, rechts, oben, unten, verschwinden einfach, tauchen wieder auf, mal sind wir sogar da und zugleich weg. Alles ist erlaubt, alles ist möglich! Na, beneidet ihr uns?

Ach, glaubt mir, diese Freiheit ist unterm Strich nicht viel wert. Denn wenn jeder einfach macht, was er will, wird in der Summe doch nichts bewegt. In jedem Sandkorn stecken Milliarden von uns, und egal wie viele Teilchen in einem Moment entschlossen nach links hüpfen - garantiert hüpfen genauso viele gleichzeitig nach rechts, und das Sandkorn bleibt liegen, als ob niemand gesprungen wäre. Mit etwas Geschick kann ich einem benachbarten Teilchen einen Schubs geben, aber das war’s auch schon.

JEDOCH! Ich habe einen Weg gefunden, meine Macht über die Welt ins Unermessliche zu steigern. Hier ist meine Geschichte:

Früher war ich auch nur eines von Trilliarden Teilchen in einem langweiligen Klumpen Dreck auf irgendeinem langweiligen Planeten.

Zusammen lagen wir eine Ewigkeit an ein und derselben langweiligen Stelle. Alle paar Millionen Jahre kam es vor, dass wir durch einen Kometeneinschlag oder seismische Aktivitäten irgendwo anders hingeschleudert wurden, um uns dort die nächsten Jahrmillionen zu langweilen. Doch das alles geschah ohne mein Zutun, egal, wie oft ich hüpfte, Purzelbäume schlug oder im Kreis lief. Auf die Vorgänge im Makrokosmos hatte ich keinen Einfluss.

Irgendwann aber nutzte ich die Gelegenheit, ein paar Atome, die gerade günstig lagen, zu einem etwas größeren, sehr ungewöhnlichen Molekül zusammen zu schubsen. Ein äußerst fragiles Gebilde, aber es besaß die Fähigkeit, sich selbst zu kopieren. Wie gesagt, im Grunde machen wir, was wir wollen, aber in der Masse sind wir doch berechenbar. Und wenn am Ende eines solchen Moleküls ein Platz frei ist, kann man sich sicher sein, dass irgendwann ein weiteres passendes Teilchen andockt. Einmal in Gang gesetzt, war dieser Prozess nicht mehr aufzuhalten.

Elementarteilchen tritt anders mit dem Fuß
Vignette: Alf Ator

Das Molekül wurde länger und länger, zerbrach in der Mitte, und jede Hälfte wuchs an beiden Enden weiter, bis sie wieder lang genug war, um sich zu teilen, und so weiter und so fort. Immer mehr Teilchen aus der Umgebung schlossen sich uns an, bis sich der formlose, strukturlose Klumpen Dreck in ein dynamisches System verwandelt hatte, in dem hochkomplexe Sachen abliefen. Jetzt war es mir möglich, durch winzige Veränderungen irgendwo in einem der Moleküle neue Varianten zu erschaffen, die sich dann parallel zu den anderen weiter reproduzierten, veränderten, optimierten und gegenseitig ergänzten.

Den Rest kennt ihr unter der Bezeichnung „DNA“ bzw. „Leben“. Dieses von mir geschaff ene System wuchs und wuchs unaufhörlich, es entstanden immer neue Kombinationen, größer, mächtiger, widerstandsfähiger! Irgendwann stolperten riesige Kreaturen über den Planeten, veränderten die Landschaft und die Atmosphäre, und wenn ich wollte, konnte ich durch minimalste Veränderungen an der richtigen Stelle der DNA ganze Gatt ungen erschaff en oder vernichten! Mein Aufstieg zum mächtigsten Elementarteilchen des Universums war nicht mehr aufzuhalten.

Und jetzt zu euch: Ihr seid eines meiner wirksamsten Instrumente. In euren Gehirnen kann ich durch winzige Verschiebungen von Teilchen oder Ladungen Denkprozesse in Gang bringen, welche zu Handlungen mit gigantischer Tragweite führen! Die meisten von euch mögen eine relativ begrenzte Macht haben, die über euer näheres Umfeld nicht hinausgeht, ähnlich wie bei uns.

Aber einige wenige Menschen können mit ihren Entscheidungen Seen austrocknen lassen, Regenwälder abholzen oder Atombomben abwerfen. Und sie tun es genau wie ich.

Sie erschaff en komplexe, sich selbst erhaltende hierarchische Strukturen aus Mitmenschen, die sich im Einzelfall chaotisch verhalten mögen. Aber ihre grundlegenden Eigenschaften, Sehnsüchte und Ängste machen sie statistisch berechenbar. So kann ein Mensch Dinge veranlassen, die dann von tausenden anderen ausgeführt werden.

Ich korrigiere mich: ICH veranlasse es. ICH setze eure Den rozesse auf molekularer Ebene in Gang! Ihr glaubt mir nicht? Ihr denkt, Ihr habt einen freien Willen? Fehlanzeige! Hier der Beweis: Wer denkt gerade an ein Zebra? Du? Du auch? Genau. Und das tut ihr nicht, weil IHR es so wolltet, sondern weil ICH es so wollte! Haha! Ihr fragt euch vielleicht, was mein Ziel ist, was ich mit meiner Macht letztendlich erreichen will. Aber ich muss euch entt äuschen. Ich habe kein Ziel. Außer vielleicht die Herrschaft über das Universum. Auch wie bei euch.

 


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