Prof. Dr. Niels Korte

Keine Angst vorm deutschen Trump, Teil 1
Die Bundestagswahlen stehen vor der Tür, am 24. September 2017 geht’s an die Urnen. Über 60 Millionen Bürger sind an diesem Tag aufgerufen, den 19. Deutschen Bundestag zu wählen. In Treptow-Köpenick (Wahlkreis 84) bewerben sich fünf Kandidaten verschiedener Parteien, die wir in einer Serie vorstellen möchten. Wer die meisten Erststimmen auf sich vereinigen kann und damit das Direktmandat erhält, zieht in den Bundestag. Für diese Ausgabe sprachen wir mit Prof. Dr. Niels Korte von der CDU über gefühlte Realität, die Schlümpfe und natürlich Gregor Gysi.

Professor Dr. Niels Korte, Direktkandidat der CDU, Berlin Treptow-Köpenick

Sie sind Vater von zwei Kindern. Was fühlen Sie, wenn Sie morgens die Nachrichten hören?
Einerseits oft beunruhigt, wenn es Nachrichten über Terror in Europa und Krieg in Syrien und anderswo gibt. Anderseits aber auch voller Optimismus, denn die Kinder von heute werden trotz aller Risiken vor allem in einer Welt voller großartiger Chancen aufwachsen.

Ist Politik ein Thema am familiären Frühstückstisch oder geht es eher um die Planung des Urlaubs nach Antalya?
Politik ist tatsächlich oft ein Thema bei uns. Ich finde es großartig, wenn etwa meine Tochter politische Neuigkeiten anspricht, die sie in kindgerechten, aber vor allem auch journalistisch gut gemachten Fernsehsendungen wie Logo und Pur+ aufgenommen hat. Aber wie die meisten Familien sprechen auch wir natürlich vor allem über die alltäglichen Themen.

Hätten Sie nach dem Anschlag in der St. Petersburger Metro das Brandenburger Tor in den Farben der russischen Flagge anstrahlen lassen?
Ja, denn Sankt Petersburg hat unsere Solidarität gegen den Terror genauso verdient wie London, Paris, Brüssel und Orlando. Auch und gerade, weil St. Petersburg und Berlin Partnerstädte sind.

Was sagen Sie als Reserveoffizier, dass 70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges deutsche Panzer an der russischen Grenze stehen?
Ich finde es sehr bedauerlich, dass eine verstärkte NATO-Präsenz in Estland und im östlichen Polen notwendig geworden ist. Aber ich finde es trotzdem richtig, dass die NATO und dass auch Deutschland diese Präsenz und diese Solidarität mit den Nato-Partnern im Baltikum und in Polen zeigen. Dort sind die Menschen nach den Kämpfen in der Ostukraine und den Cyber-Attacken auf Estland sehr verunsichert und wollen sehen, dass sie sich auf den Schutz des Bündnisses verlassen können. Aber natürlich kann sich niemand neue Spannungen in Osteuropa wünschen.

Welches Buch lesen Sie gerade? Welchen Film haben Sie gerade gesehen?
„Die Schlafwandler“ von Christopher Clark liegt auf meinem Nachttisch, ein Buch über Europas Weg in den ersten Weltkrieg. Und im Kino war ich zuletzt am Wochenende mit meinen Kindern, „Die Schlümpfe 3“ im Kino Union.

Auch ich höre Gregor Gysi total gern zu.

Thema BER: Entspricht es Ihrem Politikverständnis, dass dieser unfassbare Fall von Wirtschaftskriminalität auf offener Bühne gegeben wird, ohne dass jemand persönliche Konsequenzen zu befürchten hat?
Der BER ist ein sehr komplexes Thema, mit dem ich mich zusammen mit Bürgerinitiativen wegen der Flugrouten, vor allem aber im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses oft beschäftigt habe. Es wurden viele Fehler gemacht, und zwar von vielen Seiten. Für mich sind – neben der Frage, ob die Standortwahl überhaupt sinnvoll war – vor allem zwei Probleme dafür verantwortlich, was Sie einen Wirtschaftskrimi nennen. Dass von Projektbeginn an keine Vertragsfirma insgesamt verantwortlich war, verursachte die Schwierigkeiten bei technisch hochkomplexen Feldern wie dem Brandschutz. Und dass im Projektverlauf durch die politisch Verantwortlichen an der Spitze des Aufsichtsrates oft bauliche Vorgaben verändert wurden, wie etwa dass mehr Verkaufsfläche her müsse, hat alles noch schlimmer gemacht. Dass Planänderungen im laufenden Baugeschehen zu Chaos führen, weiß jeder, der selbst schon einmal an seinem Einfamilienhaus gebaut oder an einer Bauplanung mitgewirkt hat. Die persönlichen Konsequenzen z.B. für den früheren Vorsitzenden Wowereit hat es im Aufsichtsrat tatsächlich nie gegeben, und ich ärgere mich auch, dass Bürgermeister Müller und die Berliner Senatoren jetzt nach ihrem Rückzug dort ihre Staatssekretäre statt externe Fachleute in den Aufsichtsrat geschickt haben.

Unter uns: Sind 16 Jahre Merkel nicht genug? Denken Sie, es können noch zukunftsweisende Impulse von ihr kommen?
Das schließt ganz gut an Ihre letzte Frage an. In der Demokratie werden Ämter auf Zeit vergeben. Das ist auch gut so. Auf der anderen Seite muss man sich in Zeiten der Verunsicherung auch fragen, ob man das Team wechseln will. Wer bietet die verlässlichere Grundlage für eine Regierungsarbeit, der man vertrauen kann? Ich will nichts negatives über Martin Schulz sagen. Ein hervorragender Netzwerker. Aber wenn man genau schaut, ist doch seine Regierungserfahrung beschränkt darauf, elf Jahre Bürgermeister von Würselen zu sein. Das ist ehrenwert aber allein unser Treptow-Köpenick ist sechs Mal größer.
Und ob wir in einer Zeit in der viele Verlässlichkeiten entfallen und in der auch viele Nachbarn auf der Suche nach Stabilität in Richtung Deutschland blicken, das Team auswechseln sollten, gegen jemand der im Moment interessante Reden hält? Da bin ich skeptisch. Daher finde ich es richtig, dass Angela Merkel auch nach der Wahl Deutschland weiter führt.

Stehen Sie hinter Ihrer Parteichefin, wenn sich diese wiederum hinter den amerikanischen Präsidenten stellt?
Wir haben in der kurzen Zeit in der Trump und Merkel gemeinsam auf der Weltbühne agiert haben, eine ganze Reihe von Situationen erlebt. Situationen wie z.B. als Angela Merkel die Einhaltung der Menschenrechte angemahnt hat. Und das war absolut richtig – Sie hat auch als einige der Wenigen, die Statur das zu können. Ein abtretender Francoise Hollande kann das nicht…
Auf der anderen Seite differenziert sie natürlich auch und hat in Situationen wo das richtig war, Trump den Rücken gestärkt, bsp. als er ein Zeichen gegen die Giftgasmorde an unschuldigen Kindern und Zivilisten in Syrien gesetzt hat. Da bin ich ganz bei ihr, zu zeigen das Deutschland solidarisch ist. Eine kritische Solidarität ist glaube ich die richtige Haltung

Monatelang wurde Trump in den deutschen Medien als kranker Irrer beschrieben. Ihre Parteifreunde Altmeier und Röttgen taten sich hier hervor. Seit dem Tomahawkangriff auf Syrien scheint sich die öffentliche Meinung zu Gunsten des amerikanischen Präsidenten zu wandeln.
Ich glaube andersrum wird ein Schuh draus. Er wird ja nicht gelobt für das Abschießen dieser Marschflugkörper, sondern dieses Einschreiten gegen die Kindermorde mit Chemiewaffen in Syrien ist Ausdruck eines Wandels auch in der Administration. Andere Partner als zu Beginn der Präsidentschaft scheinen jetzt in der Vordergrund zu rücken. Und da muss man sagen, ich habe schon ein gewisses Vertrauen darin, dass in der sehr professionell geführten amerikanischen Administration letzten Endes diejenigen die Oberhand behalten werden, die für eine vernünftige Politik stehen. Die Kräfte, die sagen, die Nato ist keineswegs obsolet, sondern sie hat nach wie vor eine wichtige Rolle.
Ich will aber auch mal sagen, dass die Rolle die Trump anfangs aus deutschem Blickwinkel genossen hat, entspricht einer nicht vorurteilsfreien Arroganz der Deutschen gegenüber den Amerikanern, die ich nie für gerechtfertigt hielt. Ich selbst habe als Student im Praktikum den US Senat von innen kennengelernt, war mit der Bundeswehr dort – die meisten Ansprechpartner in Washington waren ausgezeichnet und bis ins kleinste Detail sogar über Vorgänge auf Bundeslandebene informiert – und zwar besser als Politiker es hierzulande sind. Ich denke auf Leute diesen Formates greift Trump jetzt bei seinen Entscheidungen zurück …

Gut, aber das ist ja eine 180 Grad Wende, wer garantiert uns dass dieser Kurs beibehalten wird? Das kann doch bei Trump nächste Woche wieder ganz anders sein?
Da will ich Ihnen nicht widersprechen. Aber wenigstens geht der Kurswechsel jetzt in die richtige Richtung: Pro NATO, Pro Wahrung Amerikas Verantwortung in der Welt auch nicht mehr ganz so krass gegen den Freihandel wie zu Beginn und auch nicht mehr so konfrontativ gegenüber China. Darum stimmt mich das erstmal hoffnungsfroh. Aber ich gebe Ihnen recht, ob das so bleibt kann natürlich niemand mit Sicherheit sagen.

Ein Tag nach dem Giftgasangriff, wusste man, dass es Assad war. Fünf Jahre nach dem Bekanntwerden der NSU-Morde, wissen wir so gut wie gar nichts von Motiven und Hintergründen. Haben Sie das Gefühl zuverlässig und redlich informiert zu werden?
Im Fall der NSU hätte ich mir eine viel bessere Informationspolitik der Nachrichtendienste und Länderpolizeien gewünscht. Da kam Vieles nur scheibchenweise raus. In der Rückschau betrachtet ist es natürlich ein Skandal, dass die Taten den Opfern praktisch vor die eigenen Füße gelegt worden sind. Da wurden viele Fehler gemacht. Auch in Berlin hat sicher Verfassungsschutz nicht mit Ruhm bekleckert. Und die Erklärung, dass ganze Aktenbestände quasi aus Versehen geschreddert worden seien, fällt mir etwas schwer zu glauben. Da haben die deutschen Nachrichtendienste kein gutes Bild abgegeben.

Martin Schulz redet unser Land schlecht und das wird sich nicht auszahlen.

Wie informieren Sie sich über tagespolitische Ereignisse? Nehmen Sie selbst auch alternative Medien in den Blick?
Ja, natürlich. Das wird ja mehr und mehr wichtig. Ich habe zwar noch nicht aufgegeben, die Zeitung zu abonnieren. Das hat damit zu tun, dass ich die Haptik sehr schätze, beim Frühstück … aber es ist schon so, dass der erste Blick morgen in den Checkpoint geht. Die Nachrichten aus dem Internet und anderen nicht gedruckten Plattformen werden immer wichtiger. Das hat man ja auch im amerikanischen Wahlkampf gesehen.

Was treibt Niels Korte in die Politik?
Ich war schon immer politisch aktiv und engagiert seit ich ein kleiner Junge war. Ich habe große Vorbilder im Laufe der Zeit kennen lernen können und mein erstes war Friedrich Merz. Das ist jemand der in sehr deutlicher Sprache, Dinge anspricht auch wenn sie nicht populär sind, was ihm nicht immer genutzt hat.
Ich strebte jedoch nie den Weg eines Berufspolitikers an. Politik macht jedoch dann besonders Spaß, wenn Sie auch Dinge umsetzen und erreichen können, die Sie sich vorgenommen haben. Eines der schönsten Ergebnisse in meiner Zeit als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses war die Aktion "Berlin in Arbeit" , was wir im Jahr vor der Wahl auf dem CDU Parteitag beschlossen haben. Das Programm beinhaltete eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik. Zu unserer Überraschung gelang es sogar mit unserem Koalitionspartner der SPD dieses Programm zu verwirklichen. Es hieß dann zwar auf SPD-Wunsch "Berlin Arbeit", das Opfer haben wir jedoch gern gebracht. Das Programm führte zu einem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit allgemein, aber vor allem zu einem Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit. Entgegen dem Bundestrend!
Da weiß man dann, dass sich politisches Engagement lohnen kann. Mir ist es zu Zeiten der schwarz-roten Koalition z.B. auch gelungen die letzten 5000 Bürgerarbeits-Stellen nach Berlin zu holen. Ein Programm mit dem besonders Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte wieder in die Arbeitswelt integriert werden können.

Wie sieht Ihre ideale Gesellschaft aus und wie weit sind wir davon entfernt?
(Lacht.) Wird das ein philosophisches Seminar? Ich denke eine ideale Gesellschaft muss eine sein, in der sich Sicherheit und Freiheit die Waage halten. Eine Gesellschaft die nur nach Sicherheit strebt, geht zu Lasten der Freiheit des Einzelnen. Und da ist die Geschichte ja reich an Beispielen. Freiheit ohne Verantwortung des Individuums ist nihilistisch und führt beispw. zu schrankenloser Ausbeutung. Deshalb muss unser Ziel sein, Freiheit und Sicherheit zu vereinen. Da haben die Väter des deutschen Grundgesetztes einen guten Job gemacht. Wir leben in einer sehr glücklichen Situation, sowohl aus wirtschaftlicher als auch sozialer Sicht.
Natürlich stehen wir vor neuen Herausforderungen aber wir müssen daran arbeiten das Erreichte nicht, kaputt machen zu lassen. Ich wünsche mir deshalb keine revolutionäre Veränderung sondern ein evolutionäres Fortschreiten.

Morgen gehts weiter …

Foto: Matthias Vorbau

 

 

 

 

 

 

 

 


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