Was habe ich getan?

Eine Igelauslese
Es begann im vorletzten Spätherbst. Ich fand einen ausgemergelten Igel ziellos umherirrend auf dem Hinterhof. Mit seinen schwarzen Knopfäuglein schaute er mich fragend an und machte mit der kleinen Igelschnauze eine Schippe, dass es mir das Herz brach. Vorsichtig hob ich ihn hoch und spürte sein Zittern, als er sich wärmesuchend in meine Arme schmiegte. Da war es um mich geschehen.
alf Ich nahm ihn mit in meine Wohnung und gab ihm Futter und Wasser. Seine gesamten verbliebenen Kräfte brachte er auf, um alles in wilder Hast hinunter zu schlingen. Dann rülpste er und schlief friedlich lächelnd ein. Doch es war nicht der erhoffte Winterschlaf, denn am nächsten Tag wachte er auf und wollte mehr. Das bekam er natürlich, und ich war auch ein wenig froh, denn so konnte ich mich weiterhin an seiner putzigen, tapsigen Art erfreuen. So lief es den ganzen Winter. Anstatt zu schlafen, fraß er mir die Haare vom Kopf und steckte selbstbewusst seine Reviere ab. Bald schon gab er sich nicht mehr mit Igelnahrung zufrieden, sondern verlangte Wiener Schnitzel, Eisbein und Chefsalat. Am Ende des Winters war er zu einem feisten, undankbaren, frechen Arschloch geworden. Und das Schärfste: Als ich ihn im März aussetzen wollte, weigerte er sich. Erst im Mai, als sein Geschlechtstrieb über die Faulheit siegte, verließ er das Hotel. Heimlich schlich ich ihm hinterher, denn ich hatte Sorge, ob er sich jetzt auch wieder in der freien Natur zurechtfinden würde. Doch was ich dann sah, verschlug mir die Sprache: Was habe ich getan? Kaum hatte er den Park betreten, kam ein Igelweibchen auf ihn zu, sie hielten etwas Smalltalk kamen dann sofort zur Sache. Und es kommt noch besser: Nach einem kurzen Erholungsschlaf stand schon die nächste Braut bereit. Ja, ich beobachtete, wie die Damen scharenweise von ihren Partnern wegliefen, um sich von diesem überheblichen Schnösel begatten zu lassen. Sicher, er sah gesund und gepflegt aus, hatte sich die Stacheln zu einem verwegenen Seitenscheitel gekämmt, roch nach MEINEM Shampoo und platzte fast vor Selbstbewusstsein. Da hatten die ganzen verlausten Dorftrottel natürlich schlechte Karten. Einige Weibchen brachten ihm sogar Essen mit, um die Konkurrentinnen auszustechen. Und ich dachte mir: „Na toll, die Party geht weiter. Hoffentlich gewöhnt er sich nicht zu sehr daran, denn der nächste Winter kommt.“ Ja, ich ahnte schon, dass er im Herbst wieder vor meiner Tür stehen würde. Doch auch hier wurden meine Erwartungen von der Realität weit übertroffen. Er hatte nämlich ALLE Nachkommen im Schlepptau. Und da erst begriff ich, was geschehen war: Ich hatte einem verzogenen Taugenichts, der zu blöd ist, sich rechtzeitig um die Wintervorsorge zu kümmern, einen evolutionären Vorteil verschafft. Und nun hatte er diese katastrophalen Eigenschaften an hunderte Nachkommen weitergegeben. Und all die guten, rechtschaffenden, verantwortungsbewussten Männchen waren an den Rand gedrängt worden. Mein Mitgefühl hatte ein perfektes Prinzip zur Erhaltung unserer schönen Welt – ausgehebelt! Unterwandert! Pervertiert! Und nun? Da standen sie vor meiner Tür und schauten mich mit ihren kleinen schwarzen Knopfaugen an. Was sollte ich tun? Unzählige hilflose Kinder in den sicheren Tod schicken? Nein! Obwohl ich wusste, dass es ein Fehler war, beging ich ihn ein zweites Mal. Nun ist der Winter vorbei, und ein Heer großmäuliger Weicheier, die alleine nicht überlebensfähig sind, werden von mir auf die Welt losgelassen, auf dass sie sich vermehren und uns auf der Tasche liegen. Die Igel, wie wir sie kennen, wird es bald schon nicht mehr geben. Und ich bin schuld.

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