Grüner als grün

Das Karlshorst des Westens: Berlin Dahlem Warum in die Ferne schweifen, liegt das Gute doch so nahe... Hu?bsch haben wir es hier, so das Fazit und ergo verweilt die Schönheit fremder Orte oft im Verborgenen, denn unsereins frönt im Allgemeinen der Gewohnheit, vor der eigenen Haustu?r zu spazieren und tendiert recht einheitlich zu der Aussage, Köpenick wäre der schönste, gru?nste Bezirk Berlins. Weltoffen breche ich mit diesen Allu?ren und begebe mich auf die lange Reise nach Dahlem. Nach einer verwirrenden Fahrt mit dem PNV trete ich durch das Tor der gru?nen Oase im Berliner Su?dwesten am U- Bahnhof Dahlem Dorf. Ich lasse die Blicke schweifen und bin aufs Neue verwirrt. Eben noch in einem mit schlechtem Graffiti beschmierten U-Bahnwagen den Schlagzeilen der Zeitung meines gesichtslosen Gegenu?bers verhaftet und von gescratchten Fensterscheiben und Tunnelfahrt der freien Sicht beraubt, befinde ich mich wie ein Zeitreisender in Reisen der Zeit plötzlich und unverhofft an einem nicht erwarteten Ort. Mein Blick erfasst einen in grauer Vorzeit der Erde entwachsenen fu?nfarmigen Laternenleuchter späten Baujahrs. Das Dach der Eingangshalle ist mit Reet gedeckt wie eine Ru?gener Fischerkate, ein gusseiserner Stolperzaun befriedet Pflanzen und gebietet dieser Art dem potenziellen Rasenlatscher verhalten Einhalt. Der U-Bahnhof Dahlem legt in seiner Erscheinung Zeugnis ab u?ber 5000 Jahre deutscher Handwerks- und Industriekunst. Malerisch die Gleisanlagen, oft wiegten mich derartige Bilder des ARD Nachtprogramms in den Wohlverdienten. Auf den zweiten Blick bricht eine die Gleisanlagen u?berspannende Bru?cke aus Spannbeton den zu?nftigen Stil, mit den beton-gespritzten Stuckaturen gelte sie als Zeugnis des mechanisierten Handwerks und Sinnbild fu?r stempelnde Stein-auf-Steinhelden. Protzig besetzte ich eine schattige Parkbank, fördere aus den Tiefen der mitgereisten, orangenen Ku?hltasche mit dem blauen Patentverschluss eine leckere Flasche schäumenden Sternies und aus meinem Rucksack Marx Kapital zu Tage und gebe dem erstaunten Dahlemer berdurchschnittsbu?rger einen kleinen Einblick in das aufregende Leben eines postsozialistischen Mu?ßiggängers. Ja, natu?rlich fu?hrt die Größe des mitgefu?hrten orangenen Flaschenbehältnisses zu ebenso großem Durst und lässt dem beiläufig passierenden, gebildeten Dahlemer Bankier den Schluss zu, das ich gewillt bin, die zarte Schwarte von 900 Seiten an Ort und Stelle auszulesen. Unser Blickwechsel belegt, Verständnis gering – Unverständnis reichlich. Diesen den Berliner Reichtum verkörpernden zahlengebildeten Schnösel seinen Schluß ad absurdum fu?hrend, verlasse ich meine okkupierte Immobilie, um das im Umkehrschluss als Karlshorst des Westens zu betitelnde Archipel im Meer der Berliner Großstadt weiter zu betrachten. Es gibt hier so viel zu sehen... Eine Vielzahl von Museen, der angrenzende Botanische Garten, das Museumsdorf Domäne Dahlem und jede Menge Gru?n bieten allemal einen Grund, Dahlem einen sonnigen Fru?hlingsnachmittag zu schenken. Fu?r schlappe 2,30 ist man in einer Stunde mit Berlins größtem Abenteuer- und Reiseveranstalter BVG an Ort und Stelle, wenns schlecht läuft, dann bleibt einem noch das entspannte Verharren auf einem der vielen Berliner S- Bahnhöfe. Und: Nachlösen nicht vergessen.

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