Ick bün all hier

Christian Haase - ein engagierter Rockbarde unterwegs
Ähnlich wie einst Johnny Cash trat Christian Haase vor einigen Jahren samt Band in einem Gefängnis auf. Ein exklusives Konzert für schwere Jungs, als Teil ihrer Resozialisierung. Kultur im Knast. Seine verdiente Gage spendete er danach an Projekte der Opferhilfe. Ein Engagierter, jemand der sich einmischt und bei dem es durch seine Bodenständigkeit trotzdem nicht wirkt wie ein aufgesetztes Klischee. Ein Kumpeltyp.

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Während der Wendezeit schnappte er sich im zarten Alter von 9 Jahren die Gitarre und ist ihr bis heute treu geblieben. „Es war der Wunsch meiner Mutter, dass ich ihr Sag mir wo die Blumen sind irgendwann mal zum Geburtstag vorsinge. Und auch heute steht auf manchen meiner Solo-Konzerte dieser Song auf der Setlist.“

Er wuchs damals in einer der eher tristen Plattenbau- und Betonwüsten in Leipzig-Grünau auf. Mit 14 Jahren schlugen ihn rechte Spinner am helllichten Tag krankenhausreif. Um seiner Wut Luft zu machen ging er in die Offensive und organisierte im benachbarten Jugendclub ein Konzert gegen Rechts mit befreundeten Musikern und spielt dort auch selbst mit seiner ersten eigenen Band. Wenige Jahre später, erste Ausflüge ins Studio, 1998 dann als „haase&band“ erste Songs auf einer CD. Die Texte seiner Lieder - manchmal schwermütig, meist tiefsinnig, leichtfüßig - stammen immer aus der eigenen Feder.

Starke Unterstützung fand er unter anderem in René Schostak, seinem Gitarristen, welcher gleichzeitig seine Alben mitproduziert und bereits Silbermond und Jeanette Biedermann zur güldenen Schallplatte verhalf. Aufgestiegen vom Gitarrenbarden zum Rockpoeten, bewegt er sich auf seinen aktuellen Scheiben zwischen Indie und Softrock. Mittlerweile ist Christian Haase sein eigener Labelchef, organisiert eine gut besuchte Tour nach der anderen und sein neues und damit sechstes Album steht in den Startlöchern.

In der Ära von iTunes und illegalen Downloads eine Herausforderung für Künstler. „Die Zeit in der ein Jugendlicher einen Ferienjob macht, um sich eine Platte kaufen zu können, ist definitiv vorbei. Ich wünsche mir, dass Alben gekauft und nicht einfach so verbreitet werden, als wären es Werbekulis. Oder wenigstens zu streamen: Für 9.99 € im Monat kann man fast alle Musik der Welt hören. Das ist beängstigend, aber auch irgendwie geil.“

Nebenbei singt er in Gerhard Gundermanns alter Band „Die Seilschaft“, spielt zusammen mit Barbara Thalheim das Programm „Krampf der Generationen“ und engagiert sich auch weiterhin sozial und politisch, wie etwa als Pate beim DRK-Kinderhilfsfond. Ein Tausendsassa der Christian. Er schafft es mit seinen Texten und seiner Musik nicht nur nahe an den Bedürfnissen und Sehnsüchten seiner Hörer zu sein, sondern widmet sich auch aktuellen Themen wie Ausgrenzung und Herkunft.

uf seinem neuen Album greift er in einem Song genau diese Thematik auf, verrät er. „Flüchtlinge werden als Problem angesehen, dass es zu diskutieren gilt. Zunächst aber ist ein Flüchtling kein Problem, sondern ein Mensch in Not. Not lindert man nicht mit Diskussionen, sondern mit Hilfe, also durch schnelles Handeln. Und Hilfe muss aus ganz Europa kommen und vorallem selbstverständlich sein. Schon allein, weil sich unser Reichtum auf deren Armut aufbaut.“

Und, im noch frischen Jahr? Vorsätze? „Ich will nichts anders machen. Ich freue mich auf die Tour mit meiner Band, spiele weiter Solo-Konzerte und bin im Herbst mit Die Seilschaft unterwegs. Und im Winter mache ich einfach wieder eine neue Platte.“ In diesem Monat ist Christian Haase wieder in greifbarer Nähe auf Tour. Solo am 21.02. im Seebad Friedrichshagen und am 25.04. in der Kulturgießerei in Schöneiche in Begleitung mit Band. Seine neue Platte erscheint am 10. April.

 


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