Liebesverbot für Masken?

Masken sind vermutlich so alt wie die Kultur des Menschen selbst. Der Schamane trug sie bei der Beschwörung guter oder feindlicher Geister und im alten Ägypten zierten feingebildete Masken die toten Pharaonen.
Masken verbergen das (wahre) Gesicht, schaffen Illusionen, lassen uns für einen Moment die Gestalt des anderen annehmen.
So entstehen Mischwesen aus Mensch und Tier, die Gebilde traumschwerer Phantasie oder die fröhlichen Gesichte unserer Wünsche. Das Theater der griechischen Antike benutzte Masken zur Darstellung allgemeiner Charaktertypen. Die trichterförmigen Gesichtsaufsätze verstärkten den Schall der menschlichen Stimme bei den Aufführungen unter freiem Himmel, und wer heute von Personen spricht sollte wissen: Man nannte diese Masken persona. Auch das neuzeitliche Theater, entstanden aus der Commedia dell’arte zur Zeit der italienischen Renaissance kannte die Typisierung. Am geläufigsten ist uns davon heute noch der Harlekin. Das moderne Theater und auch der Film bevorzugen das Make-Up, wie es bereits vor Tausenden von Jahren im fernöstlichen Bühnenspiel der Japaner und Chinesen Anwendung fand. Der Ursprung unserer Karnevalsfeste ist in grauer Vorzeit zu suchen. Der Wechsel der kalten, unwirtlichen Winterszeit zum fruchtbaren, warmen Teil des Jahres war ein herausragender Bestandteil im Leben der Menschen, weshalb man ihn festlich und rituell beging. Bereits im alten Babylon feierte man ein solches Fest des Übergangs der Natur. Die Ägypter huldigten aus diesem Anlass der Iris und die Griechen dem Dionysos. Aus heidnischer Vorzeit erwachsen, kannte auch das mittelalterlich-christliche Europa die Feste am Übergang der Jahreszeiten. Der Kirchenvater Augustinus hatte gelehrt, um das Heil der Welt stritten die civitas diaboli – der Staat des Teufels – mit der civitas Dei, der Macht Gottes. Mit der Fastnacht endete die wilde Zeit der Ausschweifung und des Lasters und mit dem Aschermittwoch begann die Umkehr zu Gott. Bis in unsere Tage sind die Bräuche unzählig und regional mehr oder minder stark verbreitet, wenn die Menschen den Karneval, das Faschingsfest oder die Fassenach feiern. Nun ist Köpenick mit Sicherheit nicht der Mittelpunkt der Welt des Karnevals und der festlichen Maskierung – und man mag sich fragen: Was hat das alles mit uns hier zu tun? Etwas genauer betrachtet eine ganze Menge: Denn es ist ein Unternehmen aus Köpenick, dass seit über zehn Jahren Kunden in aller Herren Länder mit lustigem und skurrilem Verhüllungsmaterial bedient und damit das größte und wohl originellste seiner Art in Deutschland ist. 1996 entdeckten die Brüder Roman und Victor Matthesius auf einem Markt am Prager Wenzelsplatz die handgefertigten Latexgebilde eines dortigen Künstlers – und die Geschäftsidee war geboren. Zuerst als Zubrot zum Studium und Liebhaberei gedacht, tingelten die beiden mit 80 kommissionierten Masken über Berliner Wochenmärkte. Als das Geschäft so richtig anlief, kam ein kleiner Laden in der damals aufstrebend-szenigen Oranienburger Straße hinzu. Der Rest ist die Geschichte eines Erfolgs: Roman Matthesius betreibt seit dem Ausstieg seines Bruders aus der Firma 1999 mit Georg Dittrich, seinem ehemaligen Schulfreund, das Geschäft. Rund 20 festangestellte und knapp ebenso viel freie Mitarbeiter bilden den Stamm des Unternehmens. Vor den Auslagen des Geschäftes in Mitte stehen heute oft Trauben von Menschen und beobachten die sekundenschnelle Verwandlung ihrer Artgenossen in Gorilla, Comicschwein oder in einen Orkhäuptling. Wer sich vor Ort noch nicht entscheiden kann, welche Metamorphose ihm bevorstehen soll im kommenden Karneval, schaut sich auf der bunten Homepage des Unternehmens um. Bei maskworld.com ist wohl letztendlich für jeden Geschmack etwas zu finden. Und es sind längst nicht mehr nur die Masken fürs Gesicht, die hier feilgeboten werden. Was mittlerweile in einer Halle auf dem ehemaligen AEG-Gelände in Oberschöneweide entsteht, sind gesamte Kostümkollektionen und Massen an Zubehör. Dabei reicht das riesige Repertoire an Requisiten vom antiken Legionär bis zum schneidigen Kostüm einer New Yorker Politesse. Ist Ihnen ein falscher Bart oder das olle Segelohr zu langweilig? Bitte: Hier erwerben sie sich gerne auch eine (künstliche) Narbe oder das kleine Geschwür am Bauch für zwischendurch. Wobei man sich in guter Gesellschaft befindet – oder doch zumindest in prominenter, denn schließlich schauen Udo Lindenberg, Die Ärzte, Rosenstolz, Die Fantastischen Vier oder Ben Becker hin und wieder in der Maskenwelt zum Einkauf vorbei. Wer wie sie durch dieses Sammelsurium der Phantasie schreitet, weiß: maskworld.com ist vorbereitet auf den nächsten Karneval. Und der wird heute gar nicht mehr so sehr am 11.11. um 11:11 Uhr eingeleitet. Ein anderer Brauch überzieht in den letzten Jahren das Land. Sie kennen das bestimmt mittlerweile auch: Da klingelt es eines Abends Anfang November an Ihrer Türe. Nichts Böses ahnend öffnen Sie, um in selbigem Augenblick mit wüstem Geschrei überfallen zu werden. Nur unter Herausgabe der Süßigkeitenbüchse können Sie sich von diesen Schreihälsen loskaufen. Und so marodieren jene kleinen Monster gehüllt in ihre absonderlichen Masken und Fratzen in Batallionsstärke durch die Straßen Berlins. Es ist Halloween. Und mit wahrhaft infernalischer Geschwindigkeit hat sich in den letzten Jahren dieses Brauchtum in unserer Gegend etabliert. So fand aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten eine Tradition die alte Welt wieder, die irische Einwanderer einst nach Nordamerika gebracht hatten. In den USA wurde Halloween zu einem der wichtigsten Volksfeste der Gegenwart und kehrt nun in kommerzialisierter Form nach Europa zurück. Als zusätzlicher Anlass für Verkleidungen – nicht als Ersatz für den Karneval, denn ihre „wilden Wochen“ lassen sich Mitteleuropas Gecken nicht nehmen. Spielverderber mag es immer geben und gegeben haben. In Wagners Oper, verdirbt beispielsweise ein Friedrich, gestrenger deutscher Statthalter, den Italienern im Palermo des 16. Jahrhunderts den Karneval, hat er doch befohlen, Trinken und außereheliche Liebe mit dem Tod zu bestrafen. Ränke und Kämpfe entfalten sich – und am Ende obsiegt: die Lust am Karneval. Ob es bei hiesigen Halloween-Feiern in diesem Jahr vergleichbar hoch her geht wie im Zweiakter des sächselnden Altmeisters der deutschen Oper, wird sich zeigen. Wir wollen auf alle Fälle sagen: Herbei, herbei, ihr Masken all …
Fotos:  Fotografieguth
 

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