Einer muss es ja machen

Was man auf der Baustelle an der Alten Försterei zuallerletzt vermutet, ist Milchkaffee. Es gibt ihn aber. In dem Container, in dem das Planungsbüro von Dirk Thieme derzeit arbeitet, steht zwischen Rechnern, Druckern, Materialproben, Papierbergen und Männern in karierten Flanellhemden eine Kaffeemaschine, die so etwas kann. Kein Bier, kein Gebrüll. Schon am Eingang wird darauf geachtet, dass alle ihre Bauhelme tragen. Dirk Thieme ist federführend verantwortlich für den Bau der neuen Haupttribüne, man kann ihn getrost den Vater der Baustelle nennen. „Weißt Du, wo hier die Gasleitung lang geht?“, wird er gefragt. „Na klar!“, sagt er und zeichnet eine Linie in die Luft. Solche Fragen sind vernünftig, vernünftige Fragen werden sofort beantwortet. Soll er über sich sprechen, über seine Arbeit, wird er erst einmal still, überlegt. Er biegt eine Büroklammer auf und zu. Wieder auf. Zu. Hinter ihm ragt der imposante Rohbau der neuen Tribüne empor. Er zeigt aus dem Fenster. „Die Leute nehmen das doch wahr! Es ist doch nicht so, dass ich den Finger heben muss: ‚Habt ihr eigentlich schon mal gesehen, dass wir drei Stadionseiten gemacht haben, und ein Dach drüber haben?‘ Das sehen die doch alle! Insofern kann ich mich zurückhalten. Wozu sollte ich mich in den Vordergrund spielen?“ Die Büroklammer ist inzwischen nur mehr ein Stück Draht. „Ich habe auch nicht vor, nochmal irgendwann ein neues Stadion zu bauen. Ich brauch‘ diese Werbung nicht.“ Ausschreibungen, Vergabe der Bauleistungen, Bauüberwachung sind seine Aufgaben als Vertragspartner der Stadion AG. Dirk Thieme ist sowohl Vorstandsvorsitzender der Stadion AG als auch Präsidiumsmitglied des 1. FC Union Berlin. „Ich setze nicht nur um, was der Bauherr möchte, ich definiere auf der anderen Seite gegenüber den Planern, was der Bauherr möchte.“ Ihm ist bewusst, dass diese Doppelfunktion mit Skepsis betrachtet wird. Er weiß auch, dass er den Zweiflern nur mit unbedingter Transparenz entgegentreten kann. Transparenz heißt: Reden. Erklären. Kommunizieren. Er trägt das mit Fassung. „Wenn man das mit Aktien macht, muss man bestimmte Spielregeln einhalten. Die sind nicht grundlos da.“ In den Stadionbau ist er so reingerutscht. „Ich habe eine sehr gute Erziehung genossen. Meine Mutter hat mir aber offenbar nicht beigebracht, nein zu sagen. Und deswegen habe ich mir jede Menge aufhalsen lassen.“ Vom Fan zum Fanvertreter. Vom Fanvertreter in den Aufsichtsrat. Von dort ins Präsidium. Es ist die Geschichte von einem, der Schritt für Schritt Verantwortung übernimmt für das, was ihm wichtig ist. Der Dinge erledigt, die eben erledigt werden müssen. Der mit seinem Fußballverein erwachsen geworden ist. Erwachsensein bringt vor allem Fragen mit sich. „Was passiert denn, wenn der Elfmeter jetzt an den Pfosten fliegt? Das Spiel verloren geht, oder nicht gewonnen wird? Was hat das für Konsequenzen? Da rattern im Kopf immer Zahlen ab, und Szenarien.“ Erwachsensein heißt Selbstdisziplin. „Ich bin der Typ, der nach dem Spiel in den Keller geht und dann da jubelt und auf Knien grätscht.“ Wer im Präsidium sitzt, repräsentiert. Ob er will oder nicht. „Als Fan konnte ich jubeln und rumpöbeln. Das geht heute nicht mehr.“ Erwachsensein heißt schließlich, „dass die Freude, die man empfindet, noch viel größer ist, als es sonst der Fall gewesen wäre, weil man so unter Druck steht“. Dirk Thieme ist ein pragmatischer Mensch. Er setzt seinen Helm auf und ist froh, wieder auf seine Baustelle zu kommen. Zu tun hat er genug. „Da gibt‘s schon noch das eine oder andere. Das Fanhaus ist ein Thema, das Nachwuchsleistungszentrum ist ein zweites Thema. Wir müssen uns im Bereich unserer Büroräume irgendwie erweitern. Wir denken aktuell darüber nach, wie wir das bewerkstelligen. Da gibt es schon noch Handlungsbedarf.“ Und einer muss es ja machen.

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