Die Müggel ist bös

Jahr für Jahr fordern die Gewässer im Südosten Berlins ihre Opfer. Manche werden legendär, andere bleiben gänzlich unerwähnt. Selten findet man jedoch Fälle, auf die beides zutrifft. Von genau so einem soll nun hier die Rede sein, denn das Maulbeerblatt wäre nicht das Maulbeerblatt, wenn es nicht olle Kamellen ausgraben, aufwärmen und Euch auftischen würde. Worum es hier geht, ist einer der verheerendsten Unfälle im Rudersport der 70er. 1976, um genau zu sein, war ein goldenes Jahr für das Olympiateam der DDR – neun von 14 Goldmedaillen, alle Teilnehmer des Reisekaders standen auf dem Treppchen in Montreal. Um was die wenigsten Sportbegeisterten und Freizeitruderer wissen, ist die Tragödie, die sich im späten März des Jahres ereignete. In der Morgendämmerung macht sich ein Achter aus Leipzig von der Anlegestelle in Berlin – Grünau auf den Weg, die alltägliche Trainingsfahrt zu absolvieren. Vier Grad Wassertemperatur werden an einer Kreidetafel verzeichnet. Der kalte Morgenwind und die sechs Grad Lufttemperatur stellen sich den Olympioniken aus Sachsen in den Weg. Doch ihr Ehrgeiz kennt keine Grenzen. Knapp die Hälfte der „Umfahrt“ – einer vollständigen Runde über die Seen und Wasserstraßen im Süd – Osten Berlins – ist bereits absolviert, als dem Trainer in seinem Motorboot der Sprit ausgeht und er die jungen Ruderer in der Mitte des Müggelsees zurücklassen muss. Anscheinend kein Grund zur Sorge. Doch plötzlich frischt der Wind auf, heftige Böen wühlen das Wasser auf. Schnell entwickeln sich im kanalartigen Flusslauf der Spree Windstärken von 20 Meter pro Sekunde. Eisiger Sturm und Staccatowellen setzen den Ruderern schwer zu und der aufgepeitschte See lässt binnen Minuten das Boot bis zum Rand volllaufen. Als es schließlich zu sinken droht, fehlen immer noch rund 500 Meter zum rettenden Ufer. Obwohl alle Athleten durchtrainiert sind, versagen langsam die Kräfte. Der Steuermann, mit knapp 1,60 m um einiges kleiner als seine Kameraden, rutscht immer wieder vom inzwischen kieloben schwimmenden Boot, bevor er vor den Augen der anderen untergeht. Das kalte Wasser und der ablandige Wind machen die Lage hoffnungslos. Stark unterkühlt versuchen die anderen sieben Ruderer, das Ufer schwimmend zu erreichen. Und tatsächlich gelingt es sechs von ihnen, sich mit letzter Kraft zu retten. Zwei der Sportler aber gibt die Müggel nicht mehr lebendig frei. Obwohl der erste Nassanzug bereits in den 30ern entwickelt wurde und vor allem im Westen der USA Gebrauch fand, gehörte er nicht zum Standard – Equipment des DDR – Ruderkaders. Auch auf Schwimmwesten oder lebensrettende Kommunikationsmittel konnte man seinerzeit nicht zurückgreifen. Heute ist das zum Glück anders – und so können die Olympioniken von morgen begleitet von megafonschwingenden Antreibern weiter durch den Süden Berlins rudern und nach Großem streben. Alex Timm

Jahr für Jahr fordern die Gewässer im Südosten Berlins ihre Opfer. Manche werden legendär, andere bleiben gänzlich unerwähnt. Selten findet man jedoch Fälle, auf die beides zutrifft. Von genau so einem soll nun hier die Rede sein, denn das Maulbeerblatt wäre nicht das Maulbeerblatt, wenn es nicht olle Kamellen ausgraben, aufwärmen und Euch auftischen würde. Worum es hier geht, ist einer der verheerendsten Unfälle im Rudersport der 70er. 1976, um genau zu sein, war ein goldenes Jahr für das Olympiateam der DDR – neun von 14 Goldmedaillen, alle Teilnehmer des Reisekaders standen auf dem Treppchen in Montreal. Um was die wenigsten Sportbegeisterten und Freizeitruderer wissen, ist die Tragödie, die sich im späten März des Jahres ereignete. In der Morgendämmerung macht sich ein Achter aus Leipzig von der Anlegestelle in Berlin – Grünau auf den Weg, die alltägliche Trainingsfahrt zu absolvieren. Vier Grad Wassertemperatur werden an einer Kreidetafel verzeichnet. Der kalte Morgenwind und die sechs Grad Lufttemperatur stellen sich den Olympioniken aus Sachsen in den Weg. Doch ihr Ehrgeiz kennt keine Grenzen. Knapp die Hälfte der „Umfahrt“ – einer vollständigen Runde über die Seen und Wasserstraßen im Süd – Osten Berlins – ist bereits absolviert, als dem Trainer in seinem Motorboot der Sprit ausgeht und er die jungen Ruderer in der Mitte des Müggelsees zurücklassen muss. Anscheinend kein Grund zur Sorge. Doch plötzlich frischt der Wind auf, heftige Böen wühlen das Wasser auf. Schnell entwickeln sich im kanalartigen Flusslauf der Spree Windstärken von 20 Meter pro Sekunde. Eisiger Sturm und Staccatowellen setzen den Ruderern schwer zu und der aufgepeitschte See lässt binnen Minuten das Boot bis zum Rand volllaufen. Als es schließlich zu sinken droht, fehlen immer noch rund 500 Meter zum rettenden Ufer. Obwohl alle Athleten durchtrainiert sind, versagen langsam die Kräfte. Der Steuermann, mit knapp 1,60 m um einiges kleiner als seine Kameraden, rutscht immer wieder vom inzwischen kieloben schwimmenden Boot, bevor er vor den Augen der anderen untergeht. Das kalte Wasser und der ablandige Wind machen die Lage hoffnungslos. Stark unterkühlt versuchen die anderen sieben Ruderer, das Ufer schwimmend zu erreichen. Und tatsächlich gelingt es sechs von ihnen, sich mit letzter Kraft zu retten. Zwei der Sportler aber gibt die Müggel nicht mehr lebendig frei. Obwohl der erste Nassanzug bereits in den 30ern entwickelt wurde und vor allem im Westen der USA Gebrauch fand, gehörte er nicht zum Standard – Equipment des DDR – Ruderkaders. Auch auf Schwimmwesten oder lebensrettende Kommunikationsmittel konnte man seinerzeit nicht zurückgreifen. Heute ist das zum Glück anders – und so können die Olympioniken von morgen begleitet von megafonschwingenden Antreibern weiter durch den Süden Berlins rudern und nach Großem streben. Alex Timm

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