Wurst! Würde ich mein Kind fragen, was es sich zu Weihnachten wünscht, wäre das die Antwort. Bratwurst, Leberwurst, Wiener Wurst. Geschnitten oder am Stück. Ganz egal, Hauptsache Wurst. Jonathan Safran Foer und Karen Duve sind sowieso raus aus den Bestsellerlisten. Also kann man auch zugeben, worum es im Leben wirklich geht. Da nützt alles vorweihnachtliche Moralisieren nichts. Und wenn der Bundespräsident dreimal die Weihnachtsgans Auguste vor dem Schlachter rettet. Die Wahrheit ist, wer „Gänsebraten“ will, muss auch „Tiere essen“. Fertig aus.
Abgesehen davon ist „Wurst“ ein überaus bescheidener Wunsch für ein Kind. Man könnte fast schon ein bisschen stolz darauf sein. Mein Kind verschmäht die große bunte Warenwelt und bleibt beim Existenziellen. Das wird sich vermutlich schon bald ändern. Im Alter von anderthalb Jahren scheitern die meisten Wünsche ja vor allem am Artikulationsvermögen. Ein paar Monate lang können wir uns als Eltern noch dumm oder taub stellen. Danach werden wir mit Verweis auf die Geschenke von Sarah, Marla, Levi, Antonia, Jonas und Jule in die Wunscherfüllungspflicht genommen. Wenn man da nicht kooperativ ist, lädt das Kindergartenkind eben über KitaVZ ganz Berlin zum Sackhüpfen und Eierkuchenwettessen ein. Soll alles schon vorgekommen sein...
Nun ähnelt das Leben mit Kindern in manchen Facetten dem in der Politik. Zum einen mangelt es nie an Überraschungen. Und zum anderen zweifelt man gelegentlich am Verstand der Beteiligten. Einige der politischen Überraschungen des Jahres im Schnelldurchlauf: Das Elterngeld wird gekürzt und für Arbeitslose gleich ganz gestrichen. Statt in Kita-Plätze wird jetzt in eine Herdprämie investiert. Die ist angeblich nötig, um die daheimgebliebenen Mütter nicht gegenüber ihren arbeitenden Geschlechtsgenossinnen zu diskriminieren. Wundersamerweise scheint es schwieriger zu sein, ein paar zusätzliche ErzieherInnen einzustellen als AKWs abzuschalten, afrikanische Tyrannen zu stürzen oder Griechenland vor dem Ruin zu bewahren. Selbst etwas für die Koalition so Utopisches wie ein Mindestlohn, oh pardon eine Lohnuntergrenze, scheint plötzlich machbar. Das klingt zunächst vernünftig, ist es aber nicht. Jedenfalls nicht, wenn diese Grenze bei drei Euro pro Stunde liegt. Dann reicht‘s nämlich nicht mal für `ne Wurst.