Fotografien von Reiner Slotta
10. März um 13:00
In den letzten vier Jahren hat Reiner Slotta ein bemerkenswertes Bildarchiv geschaffen, das das alltägliche Leben auf den Booten der Spree dokumentiert.
Auf den ersten Blick scheinen seine Aufnahmen reine Dokumentarfotografie zu sein; bei genauerer Betrachtung offenbaren sie jedoch eine subtile Verschränkung von Raum, Zeit und Identität, die zentrale Fragen der Fototheorie berührt.
Slotta nutzt das Medium Fotografie, um das „Dasein auf dem Fluss“ zu inszenieren – ein Motiv, das seit den Anfängen der Moderne (man denke an die Flaneure von Baudelaire) das Spannungsfeld zwischen Bewegung und Stillstand symbolisiert.
Die Boote werden zu schwimmenden Wohnräumen, die zugleich Grenze und Brücke zwischen Stadt und Wasser markieren.
Durch die wiederholte Bildkomposition – Menschen inmitten von Kisten, Seilen und dem leichten Spiel des Lichtes auf dem Wasser – erzeugt Slotta eine fast rituelle Ästhetik, die Walter Benjamins Begriff des „Aura“ neu belebt:
Das Alltägliche wird zum auratischen Moment, weil es im flüchtigen Licht der Spree gefangen ist. Technisch arbeitet Slotta mit einer Mischung aus natürlichem Tageslicht und gezielter Fokussierung, wodurch die Bewegungen des Wassers als sanfte Unschärfe erscheinen, während die Objekte scharf und präsent bleiben.
Diese Dialektik von Klarheit und Unschärfe spiegelt die ambivalente Erfahrung der Bootsbewohner wider: Sie sind fest verankert in ihrer mobilen Heimat, doch gleichzeitig ständig im Fluss der Stadt verankert.
Abschließend lässt sich sagen, dass Slottas Werk nicht nur ein Dokument des gegenwärtigen urbanen Lebens auf dem Wasser ist, sondern auch eine meditative Reflexion über die Vergänglichkeit und das Verweilen. Seine Bilder fordern uns auf, das scheinbar gewöhnliche Leben als poetisches Kunstwerk zu sehen – ein schwimmendes Tableau, das die Grenzen zwischen Dokumentation und Kunst neu definiert.
