Ich drehe mich nochmal um und versuche, diese Gedanken ungedacht zu machen, klappt aber nicht. Also kann ich auch aufstehen und mir Kaffee machen. Auf dem Küchensofa analysiere ich morgenroutiniert die zwei Träume, die mir noch einfallen. Auch nichts Gutes dabei. Ein klappriges Holzflugzeug, das mir sagen will, dass ich die Kontrolle über den von mir eingeschlagenen Weg verlieren könnte und ein Haus voller Geschenke, die keiner aufmacht. Schade eigentlich.
Ich erspare Euch die komplette Analyse. Fakt ist, sogar die zwanzig Minuten Yoga, die mir sonst immer einen energiegeladenen Tag verheißen, bringen heute irgendwie so gar nichts. Ich mache mir noch einen Kaffee. Jetzt wäre eigentlich der Moment, an dem ich die Steuererklärung anfangen könnte oder als Ersatzhandlung wenigstens Staubsaugen oder die Wäsche. Noch nicht mal das kriege ich heute hin. Ist aber auch nicht schwer, denn ich kriege es schon mehrere Tage lang nicht hin. Aufschieberitits wird ja bekanntlich von Tag zu Tag schlimmer statt besser.
Ich weiß tatsächlich heute Abend nicht mehr, was ich zwischen 12 und 2 Uhr gemacht habe. Erschreckt mich gerade ein bisschen. Um 2 Uhr habe ich mich dann wieder hingelegt. Stelle auf meinem neuen Fitnesstracker „Nickerchen“ ein. Will nur wissen, wie lange der meint, dass ich nickern möchte. Mache nach zehn Minuten das Bssstbssstbssst an meinem Arm aus und dreh mich wieder um. War ja klar, dass der keine richtige Mittagsruhe kennt!
Das Schöne ist, wenn man zweimal am Tag schläft, kann man den Tag auch zweimal anfangen und sich dann gleich zweimal schlimme Gedanken machen. Ich mache mir noch einen Kaffee. Diesmal Espresso, vielleicht hilft's ja. Ist inzwischen auch schon 17 Uhr. Teatime. Ich trinke keinen Tee, aber die Zeit ist gut. Die zweite Runde des Tages mache ich dann nun doch die Wäsche und sauge das gesamte Erdgeschoss. Auf der Treppe denke ich, nanana, immer langsam, nicht überanstrengen! Sogar das Fitnessarmband sagt, fangen Sie in kleinen Schritten an! Sehr gut, kann ich mich erst mal wieder ausruhen.
Ich lasse mir das Staubsaugen als zwanzig Minuten mittelschwere Trainingseinheit abspeichern und esse einen Apfel. Das soll mein Abendbrot sein, wenn ich in drei Monaten wieder an der Obergrenze des Normalgewichts einer Frau meines Alters und meiner Größe ankommen will. Weiß aber noch nicht, ob ich das wirklich will. Ich schreibe auf, dass ich mich nicht mehr erinnere, was ich heute Sinnvolles getan habe und warte darauf, dass der Rest des Tages auch noch vergeht.
Die Schwester kommt zu Besuch, von der Arbeit. Es ist Samstag. Die Arme. Und weil sie mich so beneidet um diesen schönen, erholsamen Schlumpfietag, spendiert sie mir ein Stück von ihrer Thunfischpizza. Zweihundertfünfzig Kalorien zuviel, sagt das Armband. Super! Hab' ich das heute auch nicht geschafft.