Mir ist keine Berlinale-Datenbank bekannt, also behaupte ich einfach mal, dass wir dieses Jahr das Festival mit den längsten Filmen der Berlinale-Geschichte erleben. Das allerlängste Stück ist ein Dokumentarfilm, der Vorbereitungen zur Documenta 14 zeigt ("exergue - on documenta 14"), mit genau 848 Minuten. Das sind über 14 Stunden.
Der Film ist so lang, dass man ihn auf der Berlinale nicht an einem Stück sehen kann, sondern nur geteilt an zwei aufeinander folgenden Tagen. Und dann noch mit jeweils 60 Minuten Pause. Heutzutage nennt man so etwas übrigens Serie, aber ich vermute, dass für eine serielle Erzählung die Plot-Twists fehlen.
Wissen tue ich es nicht, ich boykottiere den Film. Solch lange Werke finde ich gegenüber dem Publikum etwas anmaßend. Ich schreibe hier schließlich auch keinen Text, der auf 47 A4-Seiten passt.
Stattdessen habe ich den meines Wissens nach zweitlängsten Film des Festivals geschaut. „Direct Action“, immerhin noch 216 Minuten, mehr als dreieinhalb Stunden.
Die Doku zeigt ein ländliches Kollektiv von Öko-Aktivist/innen, die 2018 in Frankreich ein Großflughafenprojekt verhindert haben und nun unter anderem gegen Wasserprivatisierung kämpfen. Zu sehen ist der am Ende gewalttätige Konflikt mit der Polizei, aber überwiegend geht es um die bodenständige und naturnahe Lebensweise der Gruppe. Und die wird Einstellung um Einstellung, Stunde um Stunde ausgekostet.
Dokumentarfilmer haben halt den Längsten und zeigen es auch gerne.
Vor dem Screening der Hinweis: Nach etwa anderthalb Stunden würde es im Film regnen, das Bild sei fünf Minuten lang, ein guter Moment zum Pinkeln. Wobei man sagen muss, dass es eigentlich sehr viele Stellen gibt, an denen man nicht viel verpasst. Zum Beispiel wird endlos ein Teig geknetet. Oder zwei Männer liegen minutenlang auf dem Boden und zupfen Unkraut. Oder eine Drohne fliegt ein wenig durch die Gegend.
Wenn man sich wie ich für Dokumentarfilme interessiert und zum Beispiel dem Fakt etwas abgewinnen kann, dass dieser Film analog gedreht wurde, dann ist das doch echt ein toller Film. In allen anderen Filmen sicherlich weniger.
Der Film „Direction Action“ ist nur unwesentlich länger als eine weitere Doku, „Der unsichtbare Zoo“, über die Tiere im Züricher Zoo. Ein Kollege berichtet, dass man dabei hauptsächlich Tieren beim Chillen zuschaut und in derselben Zeit auch einfach selbst in den Tierpark hätte gehen können. Der Eintritt ist dort vielleicht sogar billiger und man bewegt sich, statt nach drei Stunden Film Rückenschmerzen zu bekommen.
Ist Ihnen aufgefallen, dass alle drei langen Dinger Dokus waren? Die Regisseure sind jeweils Männer. Dokumentarfilmer haben halt den Längsten und zeigen es auch gerne.