Berlinasse

Tag 3 der 73. Berlinale 2023
Im Haus der Berliner Festspiele ist es ohnehin eng. Nun stapeln sich auf und unter mir zudem meine nasse Jacke, Rucksack und Regenschirm. Nach einer Stunde beginnt es zu müffeln.

73. Berlinale 2023
KI-Illu by Björn Hofmann

Eigentlich ist das Wetter während eines Filmfestivals egal. Im Kino gibt es keine Fenster. Doch bei der Berlinale dauert es oft 20 Minuten, bis man ins Kino kommt. Da ist so ein fieses Regenwetter wie am Samstag dann doch nicht so egal.

Leider habe ich mir für diesen Tag Filme in den falschen Kinos ausgesucht. Vor dem Delphi Filmpalast am Zoo zieht sich die Schlange die gepflasterte Einfahrt entlang. Der Regen peitscht fies von der Seite auf die Cineasten, doch man lässt uns draußen warten.

Nicht anders anschließend am Haus der Festspiele. In den Sälen ist Platz für Hunderte Leute, doch die Wartebereiche vorher geben so viel nicht her. Weil bei der Berlinale Film auf Film folgt, muss erst der ganze Spielort geräumt werden, bevor die nächste Meute hinein darf. Wer auf gute Plätze hofft, muss früh da sein, steht dann im Zweifel aber besonders lange im Regen.

Die Lösung wäre, an der Garderobe seine durchnässten Sachen abzugeben. Nur ist es so, dass kein Mensch bei der Berlinale seine Sachen an der Garderobe abgibt. Es wäre überaus praktisch, das schon. Aber eben uncool. Man macht es nicht. So ist das halt mit dem Coolsein. Es ist überaus anstrengend und im Nachhinein meist dämlich.

Wenigstens heizen mir dann die Filme ein. „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ basiert auf einem Wende-Roman, es geht um Liebe und Aufbruch und das alles in warmen Sommerbildern und schönstem Thüringisch. Emily Atefs Film kommt im April in die Kinos.

Oder „Or de vie“, ein Goldenes Leben, gedreht in einer Goldmine in Burkina Faso. Die Doku folgt dem jugendlichen Arbeiter Rasmané, der unter schwierigsten Bedingungen ein würdevolles Leben führt. Anders als in Berlin regnet es nie. Stattdessen steht der mit einer einfachen Hacke gegrabene Schacht voller Grundwasser und durchnässt die hart arbeitenden Jungs.

Der Regisseur lebte als Junge selbst in einem Goldgräberdorf. Daher die besondere Nähe zu den Protagonisten, die trotz Armut und Perspektivlosigkeit so würdevoll dargestellt werden. Rasmané steigt nass aus dem Schacht, ich trete aus dem Kino zurück in den peitschenden Regen. Der eine erträgt es mit Würde. Der andere zückt seinen Regenschirm und hastet eilig fort.


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