Die Krönung

Menschen sind schon eine ziemlich merkwürdige Erfindung. Alle glauben, nur weil wir auf zwei Beinen durchs Leben stöckeln und einem Hund beibringen können, wie man „Sitz“ und „Platz“ macht, seien wir nun die Krone der Schöpfung. Pah! Vor allem „Die Krone“ – ist euch aufgefallen, dass die Krone eigentlich gar kein Teil der Schöpfung ist, sondern ein Accessoire? Hat schon mal irgendjemand zu euch gesagt: „Ich bin so froh, dass ich dich getroffen habe. Du bist so ein toller Mensch. Was ich an dir am meisten liebe ist, dass du witzig und intelligent bist oder, warte nein, eigentlich ist es dein Hut.“ Nie, oder? Aber gut. Wir sind die Krone der Schöpfung. Juchhe… Wer ein einziges Mal in seinem Leben mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren musste, der kann den Menschen nicht mal mehr für den Fußnagel der Schöpfung halten. Was im Kopf eines Menschen passiert, sobald sich die Türen einer überfüllten S-Bahn öffnen, das hat bisher keine Studie belegt. Vielleicht sollte ich das mal anregen. Aber wer sollte so eine Studie finanzieren? Die Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik, wenn ihnen die Patienten ausgehen? Es muss nicht mal voll sein. Es reicht, wenn ein Mensch ein- und ein anderer aussteigen will. Das muss nämlich grundsätzlich unbedingt gleichzeitig passieren. Kinder und Hunde sind die einzigen Ausnahmen: „Meine Mutti hat jesacht, ick muss erst alle aussteigen lassen. “ „Wuff!“ (Genau!) Aber alle anderen Frauen, deren Körper nicht größer ist als der eines Rehpinschers, werden zu gefährlichen Kampfmaschinen, Männer, deren einzige sportliche Betätigung normalerweise aus dem Zum-Mund-Führen einer oder mehrerer Bierflaschen besteht, werden zu wahren Hochgeschwindigkeitszügen. Das Einsteigen in eine S-Bahn wird zum Ganzkörper-Workout! „Schatz, gehst du heute noch zum Sport?“ „Ne, ick fahr noch ne Runde mit der Ringbahn!“ „Jut, aber übertreib’s nich. Sonst hast du den Rest der Woche wieder Muskelkater!“ Ich bin eigentlich ein friedlicher, halbwegs entspannter Mensch. Falls ich doch eines Tages mal Amok laufen sollte, dann in der Berliner S-Bahn. Ich kenne die Hausordnung der BVG jetzt leider nicht komplett auswendig, aber ich könnte schwören, dass es einen Paragraphen gibt, der das Wort „Entschuldigung“ sowie den Satz „Dürfte ich hier vielleicht kurz vorbei?“ verbieten. „Liebling, wir müssen aussteigen! Bitte doch mal die Dame, uns durchzulassen.“ „Bist du des Wahnsinns? Das ist verboten und außerdem total unhöflich!“ „Was willst du denn sonst machen?“ „O Mann, du hast ja echt gar keine Ahnung. Ellbogen raus, einmal kurz aber präzise vors Schienbein jetreten, danach bloß nich entschuldjen, und schon weiß die Alte, dass wir raus wollen.“ „Ach so geht das. Du bist ja soooo intelligent, mein Schatz. “ Und das eigentlich Schlimme in diesen Momenten ist, dass ich mich anstecken lasse. Ick mache mit. Ja, ich bin ein Mitläufer. Selbst, wenn mir das „Entschuldigung“ schon fast von der Zungenspitze springt – ich lasse es nicht raus. Nein, denn ich bin die Krone der Schöpfung.

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