Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, heißt es in der Literatur des Köpenicker Astrologen und Nobelpreisträgers Karl-Klaus von Unweitheraus. Der im Rahmen seiner Aktivitäten der Beinahe-800-Jahre-Köpenick-Feier im letzten Jahr gefangene Bezirk vergab seine Chance, einen weiteren von der Welt beachteten Erfolg regionaler Akteure für sich zu verbuchen: Das Märchenviertel brachte es 2009 auf beachtliche 7000 Jahre.
Dieses von Fernsehhistorikern nicht unumstrittene Jubiläum, das auf Funden einer Grundbucheintragung aus dem Jahre 4991 vor Chr. hervorgeht, veranlasste Grimm-Fans aus der ganzen Welt, das Viertel um die Schlagader Mittelheide mit einem Besuch zu ehren. Allein in der fünften Jahreszeit kamen bis zu sechs Millionen Besucher täglich, darunter auch die vier Bremer Stadtmusikanten, wohl unwissend, dass sie im Viertel unerwähnt blieben. Die ob des Erfolges ein wenig überrannt wirkenden Anwohner ließen sich jedoch nicht lange bitten und putzen die Straßen und Wege festlich. Dem namensgebenden Märchen als Motto dienend, errichteten sie an der eigens für diesen Zweck kurzfristig umbenannten Kreuzung Hän- selweg und Gretelpromenade über Nacht einen gigantischen Lebkuchenpalast nach Originalrezepten der Helene Grimm, dessen Schatten jedoch aufgrund des Zuzugs Hamelner Ratten nur kurze Zeit das Grimm’sche Quartier vor der brennenden Sonne schützte. So kamen die possierlichen Nager jedoch dem kulturellen Ausverkauf durch den Bezirk zuvor. Unter Anleitung des in Köpenick geborenen Regisseurs James Robert Zimmerman inszenierte ein schauspielerisch ambitionierter Trupp passionierter Kolonisten das Horrormusical „Snow white on the E-Chair“.
Regelmäßige Aufführungen finden auf der eigens für dieses Spektakel angelegten Naturbühne in der Janitzky-Straße statt, Veranstaltungen der Reihe sind für ca. sechs Monate ausverkauft, Karten für weitere Aufführungen sind unter der Hotline 0190 98 98 98 vorbestellbar, Soundtrack von Ashes to breadel und Rapid Funzel jetzt im Handel. Am Stellingdamm finden wir eine Arena, in der ein alter Bekannter – von Fans Großer, Böser genannt – zum Amüsement Schaulustiger täglich ein Blutbad unter jungfräulichen Geißlein anrichtet; eine Sondergenehmigung des Bundesamtes für Tierschutz liegt vor, Gruppen ab drei Personen zahlen einen ermäßigten Tarif, der Eintritt für Ziegen und Bürgermeisterinnen ist frei.
Außerdem im Programm: Michael Hirte liest in seiner Straße aus dem Roman „Der Erbsenzähler“. Finanziert wird die Festivität ausschließlich aus dem Erlös von Internet-Auktionen. Für die trennten sich die Einwohner von einigen lange sorgfältig behüteten Reliquien, es kamen unter anderem Rapunzels Zopf, des Däumlings Popelsammlung und die böse Stiefmutter unter den buchstäblichen Hammer. Sterntaler verteilt täglich Bares an Bedürftige, und wer will, der kann sich mit Dornröschen im Wettschlafen messen. Das Tor zum Schlaraffenland am Ende der Mittelheide steht nun jedem Köpenicker Bürger offen.
Zur Abschlussparade am 31. Juni diesen Jahres werden prominente Gäste erwartet, die Bezirksbürgermeisterin von Treptow Köpenick legte sich terminlich noch nicht fest, schließt ihr Kommen aber aus Kostengründen aus und sicherte die Veranstaltung mit moralischem Beistand ab.
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