Misstrauen durch Intransparenz

Anhörung zur Tesla-Baustelle in Grünheide verärgert Anwohner und Nabu
Eine neue Großindustrie ohne nennenswerte Naturschutzmaßnahmen? Im Jahr 2020 eigentlich unmöglich, jedoch scheinbar Realität beim Tesla-Bauvorhaben in Grünheide bei Berlin. Ab dem 23. September fand die Anhörung von über 400 Einwänden zum Genehmigungsverfahren statt - und das, obwohl ein Teil des Werks bereits gebaut wurde. In der Stadthalle Erkner sollten Tesla und die zuständigen Behörden den Kritikern eigentlich Rede und Antwort stehen.

Tesla Baustelle in Grünheide
Foto: Matti Fischer

Einwände werden nicht ernst genommen

Der Vorstand des Nabu Kreisverbandes Fürstenwalde hatte bei der Anhörung vor allem ein Ziel: offene Fragen klären. Es gebe zu wenig transparente Umsetzungspläne in Sachen Naturschutz, es fehle Einsicht in wichtige Bauunterlagen und in den meisten Fällen handele es sich dabei nur um Grobentwürfe, die wichtige Fragen außer Acht lassen.

Der Nabu zeigte sich zunächst verwundert über die Vorgehensweise der Anhörung:

„Hier schien es, dass sich die Vertreter überhaupt nicht auf den Anhörungstermin vorbereitet hätten. Die Darstellung glich eher einer Werbeveranstaltung.“

„Ein Lageplan der Fabrik konnte erst nach mehrfachen Nachfragen der Einwender und nach längerem Hin und Her des Antragstellers per Beamer an die Wand geworfen werden“.

Einfache Fragen sollen während der Anhörung nicht beantwortet worden sein, wann beispielsweise die Firma in Brandenburg überhaupt registriert wurde. Auch zu einem Ausblick für die kompletten Planungen, zum tatsächlichen Verkehrsaufkommen oder der in den Medien angekündigten Batteriezellenfertigung wurde sich nicht geäußert, obwohl diese laut Nabu entscheidend für die Höhe des Wasserverbrauchs ist.


Misstrauen wächst durch Intransparenz

Nach einer Änderung der Tagesordnung durch den bisherigen Verhandlungsleiter Ulrich Stock vom Landesumweltamt, wurden die zuvor von der Bürgerinitiative Umweltschutz e.V. gestellten und genehmigten Fragen einfach für beantwortet erklärt, ohne Stellungnahme. Auch beim Thema Boden-und Gewässerschutz stellte der Nabu fest, dass seitens Tesla und Umweltamt keine Auskunft zu auftretenden Problemen gegeben werden konnte.

Das Landesamt für Geologie, Bergbau, Rohstoffe (LBGR) empfiehlt beispielsweise ein Monitoring, welches eine Versalzung des Grundwassers zwar dokumentiert, aber nicht verhindert. Weitere Anträge zur Untersuchung wurden abgelehnt.

Auch mit der allgemeinen Vorbereitung auf die Anhörung zeigt sich der Nabu unzufrieden, die Stadthalle in Erkner (Oder Spree) wurde am dritten Verhandlungstag nur bis 16.00 Uhr gebucht und musste entsprechend pünktlich geräumt werden, inmitten des so wichtigen Themas der Wasserversorgung.

Inhaltlich wurde nicht erklärt, wie die zukünftige Grundwasserneubildung im Einzugsgebiet erfolgen soll. Es sei ein Skandal, dass die wasserrechtlichen Verfahren, um den Erschließungsvertrag zu ermöglichen, ohne Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgten und die Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt werden, so der Nabu. Dies sei ein Verstoß gegen das Umweltinformationsgesetz (UIG) und soll rechtlich verfolgt werden.


Keine Lösungen für akute Probleme

Zwar wurde während der Verhandlung auf die neu gebildete Arbeitsgruppe des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) verwiesen, da sich die aktuelle Baustelle jedoch zu 100% im Trinkwasserschutzgebiet Erkner-Neu Zittau befinde, sei diese Arbeitsgruppe eine unzureichende Maßnahme gegen die akuten Bedrohungen.

Für Verunsicherung sorgen auch die Veränderungen im Umgang mit rechtlichen Anträgen. Diese werden nicht mehr vom Rechtsbeistand des Landesamtes für Umwelt, sondern fast ausschließlich von Clifford & Chance beantwortet werden, dem Rechtsbeistand von der Firma Tesla Manufacturing Brandenburg SE. Es scheint, als hätte sich hier die Politik gänzlich aus dem Verantwortungsbereich zurückgezogen.

Wie schon in den vergangenen drei Anhörungstagen wurden diese Woche weitere Befangenheitsanträge von Kritikern gegen Versammlungsleiter Ulrich Stock abgelehnt. Dieser gab nun seine Position an seinen Kollegen André Zschiegner ab. Es sei ein Wechsel nötig, da die Aufgabe doch sehr umfassend sei, hießt es vom Landesumweltamt.


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