Rein geschäftlich

Warum ich erstens kein Rassist bin, zweitens Rassismus trotzdem gut finde, und drittens aber auch Leute im Kampf gegen Rassismus unterstütze
Alf Ator liebt kulturelle Aneignung
Illustration: Alf Ator
Wenn ich mich kurz vorstellen darf: Ich bin der Kopf eines der größten Handelsunternehmen der Welt. Wir besitzen die Schürfrechte der größten Abbaugebiete für Gold, Uran, Kupfer, Nickel und Diamanten in Afrika. Dieses Unternehmen ist seit über dreihundert Jahren im Besitz meiner Familie.

Damals war es einfach: Afrika gehörte quasi uns, wir konnten uns einfach nehmen, was wir wollten. Heute sieht das anders aus. Inzwischen sind das alles souveräne Staaten, die uns die Schürfrechte gewähren müssen. Aber was soll ich sagen - wir bekommen immer noch alles nahezu umsonst. Jetzt aber durch wasserdichte Verträge untermauert. Ja, die Staatsmänner stehen entweder auf unserer Gehaltsliste, oder sie haben gar keinen Handlungsspielraum, weil ihre Vorgänger auf unserer Gehaltsliste standen. Verträge sind bindend, und wer dagegen vorgeht, hat mit Sanktionen zu rechnen. Und wenn doch mal einer querschlägt, haben wir genug Kohle, um all seine politischen Gegner im eigenen Land zu mobilisieren. Bis hin zu bewaffneten Milizen. Aus unserem Würgegriff kommt da keiner raus.

Um eines klarzustellen: Ich bin kein Rassist. Wären die Menschen in Afrika weiß, würde ich sie genauso schlecht behandeln. Es geht hier einfach ums Geschäft.

Aber ich muss zugeben, dass wir immer vom Rassismus in der Welt profitiert haben. Damals herrschten geradezu paradiesische Zustände (für uns). Fast jeder in Europa war davon überzeugt, die Afrikaner seien gar keine richtigen Menschen. Heute sieht das anders aus. Rassismus ist nicht mehr gesellschaftsfähig. Es gibt ihn noch, aber kein Mensch in einem öffentlichen Amt kann sich noch einen rassistischen Spruch leisten, ohne seinen Job zu gefährden.

Der Rassismus, der uns heute den Arsch rettet, ist eher ein grandioses Desinteresse. Die meisten wollen gar nicht wissen, was wir so treiben. Wer ehrlich ist, weiß nur zu gut, dass er den Gürtel deutlich enger schnallen müsste, wenn wir die Afrikaner gerecht bezahlen würden. Trotzdem ist es doch verwunderlich, dass wir nicht längst mit einem nie da gewesenen Shitstorm aus dem Geschäft gefegt wurden, oder?

Ihr wollt wissen, warum? Ich verrate es euch: Die Achillesferse der Humanisten ist, dass sie nicht nur gegen das Böse kämpfen müssen, sondern auch gegen die Ignoranz der Massen. Nun, das Böse ist oft schlecht erreichbar, versteckt sich hinter Briefkastenfirmen, oder in Afrika. Oder es ist einfach so mächtig, dass es überhaupt keinen Spaß macht, dagegen zu kämpfen.

Und wirkliche Rassisten vermeiden es heute eher, sich öffentlich als solche zu erkennen zu geben. Die Ignoranz der Massen ist da ein viel befriedigender Gegner. Da kämpft man auf Augenhöhe, hat es mit weniger eloquenten Proleten zu tun. Und: Ignoranz findet man überall, man hat also immer die Gelegenheit, aktiv zu werden.

 

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Doch allzu schnell kann man dabei das eigentliche Ziel aus den Augen verlieren. Aus einem beherzten Wachrütteln, dem Versuch, den Leuten die Augen zu öffnen, um sie auf seine Seite zu ziehen, wird schnell eine aggressive Beschimpfungstirade. Das lassen die sich natürlich nicht gefallen und pöbeln zurück. Es sind ja keine schlechten Menschen, also wollen sie auch nicht so genannt werden. Und schon kämpfen lauter einfache Leute gegen andere einfache Leute. Und niemand kämpft mehr gegen mich. Toll oder?

Am besten gefällt mir der Begriff der „kulturellen Aneignung“. Da geraten Menschen ins Visier, die überhaupt nicht ignorant sind, die eigentlich an vorderster Front gegen mich antreten würden, weil sie die Kulturen der Dritten Welt lieben und es auch zeigen. Man könnte sie sofort rekrutieren, stattdessen werden sie verprellt. Anstand und Empathie werden nicht mehr als wertvolle Schätze gesehen, deren kleinste Ableger geachtet und gepflegt werden müssen. Nein, es sind jetzt Parameter im Wettkampf um die Krone der Korrektheit. Wisst ihr was? Ihr habt meine volle Unterstützung!


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