„Ich bin aus dem Aktivismus zur Kunst gekommen. Ich habe mich viel mit Themen rund um das Recht auf Stadt und Verdrängung beschäftigt: Wem gehört die Stadt? Wie können wir als Zivilgesellschaft oder als einzelne Individuen teilhaben und auch Stadtgestaltung mitbestimmen? Ich habe mich irgendwann entschieden, mehr in eine Bildsprache zu gehen, anstatt ganz konkrete Forderungen zu haben, die oft als Krawall deklariert werden und dann auf Ablehnung stoßen.
Ich habe damals noch aus jugendlichem Interesse heraus Soziologie, Politik und Wirtschaft studiert. Dann habe ich in Weimar am Bauhaus Kunst im Öffentlichen Raum studiert, hier in Berlin auch noch mal einen Master zum Thema Raumstrategien gemacht. Dann war ich auch eine Zeit lang in Chicago und habe Performancekunst zum Thema Raum gemacht. Diese ganzen interventionistischen Fragen haben mich interessiert.
Die Themen werden von der Kulturpolitik durch die Art und Weise, wie die Ausschreibungen formuliert sind, vorherbestimmt.
Künstlerinnen bearbeiten Themen, die sie beschäftigen. Themen, die auch viele andere Menschen betreffen. Trotz der Prekarität des Künstlerberufes sehe ich ihn als ein Privileg. Ich greife Themen auf, die mir begegnen. Angefangen von der Straße hier nebenan, wo ich sehe, wie Jugendliche aufwachsen, mit ganz bestimmten Gendervorbildern. Wie die mit 12, 13 noch einfach Kinder sind und sich dann plötzlich einer Norm unterwerfen müssen. Was ich erlebe, ist natürlich ein gesellschaftliches Thema. Es ist selbstverständlich, dass Künstler Themen der Gesellschaft mitverarbeiten.
Für mich ist wichtig, mich einzumischen, zu irritieren, Imaginationen zu erzeugen, Performances zu kreieren, die den Alltag durchbrechen und Fragen aufwerfen. Für mich ist also wichtig, aus meinem eigenen weltpolitischen Verständnis zu handeln, dabei aber offen zu bleiben. Kunst öffnet Horizonte und erschließt neue Räume. Auch wenn meine Aktionen eine klare Position beziehen, geht es mir um den Diskurs, der entsteht. Das muss auch nicht von allen gemocht werden. Es ist immer schwierig, für alle Künstler zu sprechen. Jeder hat einen eigenen Ansatz. Für mich ist es wichtig, dass ich keinen Chef habe, der mir sagt, was ich wie zu arbeiten habe.
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Es war für mich ein super, super dichtes, volles Jahr. Fast ein bisschen zu voll. Ich muss noch eine Balance finden. Wie verdiene ich meine Kohle? Wie kann ich Arbeit und Lohn zu entkoppeln, um nicht am Ende versehentlich meine Arbeit dahin zu verschieben, wo es mehr Lohn gibt, es aber weniger mit meinem künstlerischen Anliegen zu tun hat?
Für Künstler, die sich in den öffentlichen Raum einbringen, sehe ich gerade im letzten Jahr zunehmend Schwierigkeiten mit der ganzen Förderlogik. Die Themen werden von der Kulturpolitik durch die Art und Weise, wie die Ausschreibungen formuliert sind, vorherbestimmt. Künstler werden dadurch gezwungen, in eine vorgegebene Richtung zu denken. Auch wenn sie sich dann im Projekt wieder davon entfernen, ist es aber dennoch eine Vorgabe.
Für mich ist es wichtig, meine eigene Haltung vertreten und leben zu können, ohne zur Anpassung gezwungen zu werden. Künstlerkollektive bieten Schutzraum und einen Mikrokosmos, der es ermöglicht, eine andere Position als die Allgemeinheit zu haben. Ganz allein ist es immer schwerer. Kritik an meiner Arbeit gehört natürlich zu meinem Schaffen. Sie ist sogar ein Teil davon. Aber es ist natürlich etwas anderes, wenn man weiß, dass man Teil einer Gemeinschaft oder Bewegung ist.“