50.000 Jahre Maulbeerblatt

Oder: Die Kunst des nüchternen und unbefangen Rückblicks
Ja, vermutlich muss man gratulieren: Das kleine behinderte Affenkind mit Hasenscharte ist stubenrein geworden, hat laufen gelernt und entlaust sich mittlerweile ohne fremde Hilfe. Hurra. Geboren aus dem Nichts, hauste es einst in den schmutzig-grauen Grafik-Katakomben einer hirn- und contentfreien Redaktionshölle und wurde am schlaffen Busen von sozial divergenten sogenannten Zeitungsmachern mit Sinnfreiheit und Perspektivlosigkeit genährt.
Heute platzen seine Silberrücken-Follikel auf Medizinball-Level in einem selbstbewusst strammen Hodensack beinahe vor Print-Potenz und sein Ruf hallt überregional vom Berg der Erleuchtung: Kauf mich – ich bin kostenlos und jeden nicht ausgegebenen Euro wert! Kauf mich – ich bin fremdfinanziert und wurde auf Basis schamloser Praktikanten-Ausbeutung zu dem, was ich heute bin. Kauf mich – du Konsumenten-Kakerlake, los, KAUF MICH, sonst wirst du zertrrreten! Und die User kaufen, zumindest ab. Sie glauben, was ihnen geschrieben und gezeigt wird. Sie lassen sich blenden vom Schein des Hochglanz-Covers, den bunt-banalen Bildchen diverser Illustratoren-Zombies auf Selbstfindungs-Urlaub und dem glatt gebügelten Schreib-Abfall nicht bezahlter Möchtegern-Autoren.

Illustrierte für Erlesenes?

Pah! Desillusionierte für Verwesendes trifft es deutlich besser. 50 000 Jahre Maulbeerblatt – vielleicht ist es an der Zeit, mit dem wissend-mahnenden Finger des einstigen Wegbereiters gegen eben jene vor Saft strotzenden Königs-Klöten dieses Magazin-Monsters zu schnipsen, um die Lügen-Luft endlich entweichen zu lassen. Den Strippenzieher entlarven und demaskieren, das ist die Mission. Ein Rückblick mit Einblick durch Draufblick. Dankt mir nicht, lest: Sein Name ist unwichtig, nennen wir ihn VISDP. Skrupellosigkeit ist sein Stil, Zensur sein Schwert, Kontrolle sein Ziel. Geistige Mutter unseres hasenschartigen Affenkindes. Kryptischer Herrscher eines lokalen Informations-Imperiums, ein Design- Despot, über Karteileichen gehend, mit dem Rotz der Nichtigkeit Lokalgeschichte schreiben wollend. Der Fädenspinner hinter den auf Szene getünchten Kommerz-Kulissen. Persona non grata der Köpenicker Verlegerszene. Ein frisch gebügeltes Pfui!

Maul! Beer! Platt!

Dereinst ein Häuflein halbverhungerter Schreibtischkreativitäter mit Sinn für die Nische und einem kiezigen (Selbst)Bewusstsein. Ein ambitionsloser Macher-Mob ohne Halt und Gehalt, lediglich bewaffnet mit einer Idee vom Medium im Nachrichten-Neandertal. Dann kam die Zivilisation auf dem Rücken der wachsenden Bedürfnisse des sich schleichend, mehr und mehr profilierenden und an die Spitze der Kommune setzenden VISDP. Noch namenlos, aber mit einem Plan. Der wandelnde Kapitalismus in Birkenstocksandalen und Humana-Sakko. Debil grinsend, aber wissend, planend, kalkulierend. Schultern klopfend, bis die über Bord gingen, die nicht genügend buckelten und ihr Maul aufmachten, alte Werte mahnend – wie ich, ja, wie ich! Gewesener, nur einer von vielen… Mittlerweile muss man sich einkaufen, um publizieren zu dürfen. Der Herr Chefredakteur, pardon VISDP (keine Namen!), lässt sich die Satzzeichen in Gold aufwiegen. Pro Fotopixel ein Präsentkörbchen, jeder veröffentlichte Strich ein Gefallen, der eingelöst werden darf. 24/7 versteht sich. Alles natürlich nur für den Bezirk und seine Bürger. Für die Sache!
Mittlerweile muss man sich einkaufen, um publizieren zu dürfen.
Das glaubt ihr? Das glaubt ihr nicht? Ihr wisst nicht, was ihr glauben sollt? Die vom VISDP demonstrativ zur Schau gestellte Armut wird nicht als die Farce entpuppt, die sie ist? Die Klapperkiste, mit der er vor die Redaktionsräume fährt, ist die Wahrheit? Kein weiteres Instrument im Orchester seiner Seifenoper vom ambitionierten Lokalredakteur? Ja, so ist das? Wirklich? Ihr tut mir leid. Das Gift seiner Macht hat offenbar längst die Bölsche überschwemmt – vom Bahnhof bis zum Spreetunnel und die Wahrnehmung dem angepasst, dem sie passt. IHM! Niemand wagt es, aufzubegehren und die Ideale einzufordern, die einst auf der Fahne prangten, die man in den Gegenwind hielt – heute nur noch ein vergilbter und nichtssagender Fetzen Stoff, um die Leiche der Idee von damals darin einzuwickeln und im Müggelsee zu versenken. Merkt denn keiner mehr, was wirklich passiert, wie sich alles gewandelt hat? Ziert nicht mittlerweile jedes Cover eine Zeichnung des großen Messias? Ist nicht jedes Vorwort, jeder Leitartikel (darunter geht es natürlich nicht), jedes Facebook-Posting eine subtile Drohung? Die Prachtpromenade des stolzen Friedrichshageners ist längst als Huldigungs-Meile für den grinsenden VISDP, seine Entourage und ihr mutiertes Affenbaby gedacht – ein Maulbeer-Monopol auf den Ruinen des einstigen Intellektuellen- und Künstlerkiezes. Na dann Prost! Und in diesem Sinne: Auf die nächsten 50.000 Jahre, Ihr Konsumenten-Kakerlaken!

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