Die Hoffnung stirbt zuletzt

Friedrichsfelde Breit schneidet sich die Treskowallee ihren Weg durch das auslaufende Karlshorst, weichen die Villen und Prachtbauten gründerzeitlichen Mietshäusern. Als der letzte Zipfel zivilisatorischer Wohnbebauung dem Sichtfeld entschwindet, erheben sich die ersten Anzeichen der Berliner Steinwüste wie Phoenix aus der Asche. Es zeigt sich in F., dass nicht zum großen Architekten geboren, wer als Kind mit Bauklötzchen spielt. Vorzeichen setzend für das bauliche Grauen der ehemaligen, so genannten DDR entsteht hier schon in den 1920er Jahren Deutschlands erste Plattenbausiedlung im Auftrag Martin Wagners, Freund der Sowjetunion. Noch besser als Big Brother Iwan konnten Zonen-Pragmatiker mit dem Menschen verachtenden Werkstoff Beton umgehen, dies zu beweisen reicht Friedrichsfelde vollkommen aus, zu allem Überfluss pferchte man, an des Herren Schöpfung ein Exempel statuierend, Mensch und Tier gemeinsam in praktischen Wohnraum mit Vollkomfort und geregelten Fütterungszeiten und anderem Luxus, von einander getrennt nur durch stachelbewehrte Mauern, vergitterte Volieren und den uniformierten Kartenabreißer von Prof. Dr. Dr. Prof. Dr. Dathe-Dathes „Tierpark“. Animalfarm läßt grüßen. Dabei fing alles so gut an. Malerisch erhob sich ein Sakralbau gen Himmel, siedelten um ihn herum fleißige Handwerker und erschufen anscheinend planlos mit den bloßen Händen Brauchbares, Bewohnbares, eine Umwelt. Im 13. Jhd. nach ihm wird erstmals eine Idylle namens Rosenfelde erwähnt und für Preußens Urvater Friedrich I als König (III als Kurfürst) in den heute geläufigen Namen umbenannt. Es folgt der Bau des Schlosses Friedrichsfelde, das immerhin dem kleinen Brüderchen vom alten Fritzen als Wohnstatt diente. Nach der Rekonstruktion durch die DDR wollten selbst Schlangen, Echsen und Reptilien dort nicht mehr hausen und erhielten nach Androhung kollektiven Suizids eine eigene Wohnstatt, was von den DDR Medien zwar dokumentiert, aber natürlich nicht publiziert wurde. Beeindruckend ist der Verkehr. Alles fährt durch Friedrichsfelde, S- Bahn, U- Bahn, Bus und Straßenbahn, nirgendwo in der Stadt hat man so viel Verkehr wie in Friedrichsfelde, alles kreuz und quer, vier Spuren raus und vier Spuren rein und noch die Rhinstraße, fällt ja keinem auf, ein ´h´ zuviel oder ein ´e´ zu wenig? Dennoch oder gerade weil schafft es F. immer wieder ins subventionierte Fernsehen. Mit Tiger, Panda und Co, Handlungsort kein geringeres Areal als der Tierpark Friedrichsfelde, schuf die Radio- und Fernsehanstalt für Ewiggestrige und andere Opfer der Freiheit ein Sendeformat, das mir bestätigt, wie dolle richtig es ist, sich der pervertierten Mediengesellschaft und ihrer Handlager, der GEZ, zu verweigern. Einmal im Jahr, im bitterkalten Januar versammeln sich die alten Kämpfer in Friedhofsfelde, um Hand in Hand mit der „Freien Deutschen Jugend“ Helden zu ehren, deren Sache nur Wenige von ihnen richtig verstanden haben, Helden, die nun Seite an Seite mit Menschen liegen müssen, die die Freiheit der Andersdenkenden mit Füßen traten. Wer Friedrichsfelde mag, so wage ich zu unterstellen, der mochte auch die DDR, denn F. ist DDR und die schöne, rote Frau W. wohnt bestimmt auch irgendwie zwischen Hans-Loch-Fraß-Viertel und Franz Mett-Straße. Die Hoffnung stirbt zuletzt, so sagt man. Wer Friedrichsfelde besucht hat, der weiß, daß Zuletzt schon lang, lang her ist und die Hoffnung hier tot über´n Zaun hängt.

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