Musical ist nicht automatisch kommerzielle Scheiße

Ein Leserbrief

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Sehr geehrte Damen und Herren,

das Zitat "Musical ist nicht automatisch kommerzielle Scheiße" hat was. Impliziert es doch das unausgesprochene, indes nicht überhörbare ABER.

Denn in diesem Falle ist es wohl doch so gewesen. Und wenn der Veranstalter diese defizitäre "kommerzielle Scheiße" nur mit entsprechender Förderung hätte weiterführen können, sollten wir doch froh sein, dass er die nicht bekommen hat.

Die Frage bleibt nur, wie hat er denn überhaupt den Zuschlag für dieses uninspirierte Ding bekommen? Wen musste er dafür und wie überzeugen?

Und wenn sich Frau Fiebrig leicht enttäuscht über den kulturellen Verlust (also des Musicals) zeigt, wobei man sicher trefflich streiten kann, ob der Wegfall nicht sogar ein kultureller Gewinn ist, sollte sie sich doch mal detailliert darüber informieren, was dort vorher gelaufen ist.

Sie wissen sicher, dass davor ein äußerst erfolgreiches Jazz- Festival über viel Jahre, 13 waren es wohl, gelaufen ist. Es gab stets internationale Künstler, die man getrost zu den top acts, um es mal neudeutsch zu sagen, zählen kann. Das Jazz-Festival war nicht nur über die Grenzen Köpenicks hinaus bekannt, sondern bundesweit! Es kamen sogar aus Baden-Württemberg (sic!) Stammgäste! Das war wirklich eine Veranstaltung, die Köpenick und Berlin zur Ehre gereichte! Und Werbung für die Musik, die Kunst und letztlich auch das Land machte.

Mit dem Wegfall dieser Reihe wurde ein wahrlich hochkarätige Stück Kultur zugunsten eines namen- und gestaltlosen sehr bemühten Musicals geopfert. Vermutlich auf dem Altar eines versprochenen Geldsegens. Dass der ausblieb, mag einen freuen, ist doch schließlich mindere Qualität nicht immer vermarktbar. Und außerdem bleibt auch noch die Frage, wie respektive an wen dieser Geldsegen verteilt worden wäre.

Es soll mir übrigens keiner damit kommen, dass der Vertrag wegen der Hofsanierung gekündigt wurde. Die war nur der Anlass dafür. Man hätte ohne Probleme ein Jahr pausieren können, wenn das überhaupt nötig gewesen wäre.
Sicher wäre es sehr interessant, die Hintergründe für den Deal zu erfahren, aber ich fürchte, da werden Sie auch kein Licht hineinbringen können... Dürfen...

Dass natürlich hochwertige und hochangesehene Kunst dafür einfach sang- und klanglos begraben wurde, ist nicht nur traurig und beschämend, sondern leider symptomatisch für eine insgesamt zweifelhafte Kulturpolitik.
Übrigens: wenn Frau Fiebrig über Parkplätze und gastronomische Versorgung während solcher Veranstaltungen räsoniert, die fehlende Infrastruktur und darüber, dass die Leute essen gehen wollen, was im Rathausinnenhof nicht ginge....

Was soll das? Das hat in all den Jahren immer und bestens geklappt! Alle Besucher sind immer gut hin- und wieder weggekommen, niemand hat sich je darüber beschwert.
Und die gastronomische Versorgung mit Speis und Trank war perfekt organisiert!

Also bitte: man sollte dem zusammengestümperten Musical, ach ja: der "kommerziellen Scheiße", keine Träne hinterherweinen. Lieber einem musikalischen und künstlerischem Kleinod. Aber dann müsste  man ja auch eine politische Entscheidung infrage stellen...

Das ist natürlich immer schwer, da ja heutzutage nie jemand Schuld hat, wenn etwas nicht klappt. Die Fähigkeit, Kritik zu vertragen, ist leider nicht mehr (so gut wie) vorhanden.Und das betrifft ja nicht nur die Kultur in Berlin, Beispiele gibt es in letzter Zeit zu Hauf, sondern auch genug andere Dinge.
Tjaja, wie heißt es so schön seit alters her? Der Erfolg hat viele Väter...

In diesem Sinne
Harry Haller


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