Wir gestatten uns einen Rückblick: Der Mellowpark, einst im Berliner Senatswettbewerb „Jugend entwickelt das Neue Berlin“ preisgekrönt, war zum Problemfall geworden. Knapp 60 Millionen Euro lauern bereits auf ihre Abnehmer: so viel will die Berner Group, ein privater Investor in den Bau von Lofts und Eigentumswohnungen an der Friedrichshagener Straße stecken. Bedingung für den Vertragsabschluß ist eine Änderung des Bebauungsplans durch den Bezirk und die Schließung des Mellowparks an seinem jetzigen Standort.
War die Stimmung der Betreiber des Parks, des gemeinnützigen all eins e.V. über das bevorstehende Aus am vertrauten Ort auch auf dem Tiefpunkt, setzte man dort doch vom ersten Tage an auf eine einvernehmliche Lösung zwischen allen Parteien. Man arbeitete Diskussionsgrundlagen für einen Umzug sowie Konzepte für andere Grundstücke aus.
Doch das Vertrauen in den gesellschaftspolitischen Weitblick und das kulturelle Verständnis von Gabriele Schöttler (SPD) Bezirksbürgermeisterin Köpenicks, zugleich Leiterin der Abteilung Personal, Finanzen, Wirtschaft, Kultur und Ordnungsangelegenheiten wurde enttäuscht. Ebensowenig wie Frau Schöttler auch nur einziges mal den Mellowpark an seiner derzeitigen Adresse besuchte, ging der Bezirk mit seinen Angeboten auf die Konzepte des Mellowparks ein. Doch durch den BVV Beschluss zur Erhaltung des Mellowparks angehalten, präsentierte der Bezirk nun ein paar Ausweichgrundstücke, eines jedoch unakzeptabler als das nächste.
Dabei lagen die Probleme bei allen seitens des Bezirkes vorgeschlagenen Arealen auf der Hand. Im Gegensatz jedoch zu seinen etwaigen zukünftigen Nutzern machte keiner der zuständigen Stadträte (Schneider, Retzlaff und Hölmer) sich die Arbeit, die Grundstücke einmal persönlich hinsichtlich einer Nutzung durch die vielen verschiedenen bestehenden Projekte des alleins e. V. in Augenschein zu nehmen.
Sieht man sich die Objekte und deren Ausschlussfaktoren an, so scheint es als wurden eben jene Objekte nur vorgeschlagen, um die Vertreter des alleins e. V. als ewige Neinsager diffamieren zu können – selbst auf das Risiko hin sich später den Vorwurf der Inkompetenz gefallen lassen zu müssen.
Das Areal an der Wilhelminhofstraße besitzt keine Gebäude. Da es sich beim Mellowpark aber um etwas mehr handelt als ein paar Rampen und Halfpipes, nämlich um ein Ensemble aus Camp, Hostel, Workshops, Trainingsangebot, Material- und Werkzeuglager, Gastronomie mit Duschen und Klos, kann dieser Vorschlag nicht als ernstgemeint eingestuft werden. (Nicht die Rede sei an dieser Stelle von dem Brückenkopf, der bis spätestens 2018 auf dieses Areal gesetzt wird und damit den Vorschlag für dieses Gelände völlig absurd erscheinen lässt.)
Die Insel der Jugend in Treptow, ebenfalls ein Vorschlag des Amtes, schied nach kurzer Recherche seitens der Unterstützer des Mellowparkprojektes aus, da ein Zehn-Jahres-Vertrag mit dem aktuellen Nutzer existiert, was den Verantwortlichen im Amt offenbar verborgen geblieben war. Oder sollte dort ein weiteres Projekt der Kulturarbeit ohne Rücksicht auf Verluste aus seinem lokalen Kontext gerissen werden?
Der Eurotower, der sich laut Stadtrat Schneider, schon in der Hand des Liegenschaftsfonds befände, also nicht mehr für den Bezirk verfügbar wäre, war mit dieser Meldung aus dem Rennen.
Die Auskunft Schneiders erwies sich jedoch als Falschmeldung! Wie aber war es möglich, dass der zuständige Stadtrat über die Besitzverhältnisse eines der letzten Sahnehäubchen des Bezirkes falsch informiert war? War er es tatsächlich? Oder sollte das Objekt aus der Angebotsliste verschwinden, weil auf eine lukurativere Nutzung gehofft wurde als eine durch Bürgerschaftsengagement geschaffene und betreute Sport- und Freizeitanlage?
Am deutlichsten wurde das Verhältnis der Bezirksregierung insbesondere aber Gabriele Schöttlers zum Mellowpark anhand einer Schlüsselszene anlässlich des Umzuges zum Köpenicker Sommer. Die Betreiber des Mellowparks planten mit einem Wagen am traditionellen Umzug teilzunehmen, um auf ihre ungeklärte Situation aufmerksam zu machen. Dies jedoch wurde vom Eventbüro (Peter Pabst) des Bezirks trotz vorheriger mündlicher Absprachen abschlägig beschieden, da das formelle Anmeldefax zu spät angekommen sei.
Freundlicherweise überließ jedoch der 1. FC Union den Mellowparkaktivisten den Teil eines seiner 2 Gefährte und so kam es, das der Mellowpark, trotz offensichtlichen Boykotts durch das Bezirksamt am Umzug des Köpenicker Sommers teilnahm. Als jener Wagen (mit der Leberschadencrew an Bord) das Rathaus passierte, auf dessen Stufen Schöttler und die Hauptmannsgarde eben noch zur Hymne des 1. FC Union mitschunkelten, schien der Bürgermeisterin die ganze gute Laune verdorben.
Auf die mehrfache Frage der Wagenbesatzung nach der Bürgermeisterin folgte peinliche Stille. Schließlich erbarmte sich Herr Hilbrecht, seines Zeichens Darsteller der Hauptmannfigur, der unwürdigen Situation und versuchte zu retten, was zu retten war. Er rief: „Ich bin die Bürgermeisterin.“
Durch die Initative der drei Ausschüsse Stadtentwicklung, Jugend und Bauen, und ihren gemeinsamen Antrag das Eurotowergelände hinsichtlich einer Nutzung durch den alleins e. V. zu prüfen sowie durch die Vorbereitung einer fraktionsübergreifenden Großen Anfrage in der Bezirksverordnetenversammlung geriet Gabriele Schöttler immer mehr unter Druck, so dass sie sich entschied, die Flucht nach vorn anzutreten und das Areal Eurotower offensiv anzubieten. Dabei versagte sie sich nicht die Dreistigkeit, ihr Angebot als Reaktion auf ein verändertes und nun akzeptables Auftreten der Mellowparkbetreiber darzustellen.
Eine unrühmliche Episode der Köpenicker Lokalpolitik findet so sein vorläufiges Ende. Keiner, weder Schöttler noch ihre Stadträte haben dabei dem Anspruch an ihre Ämter genügt. Nichtsdestotrotz nehmen sie nun natürlich den Erfolg für sich in Anspruch. Ein Erfolg der jedoch in erster Linie dem öffentlichen Agieren von Bürger/innen, Initiativen, Trägern aus den Bereichen Jugend, Kultur und Sport gutgeschrieben werden muss, ihrem kreativen Widerstand und ihrem Anspruch auf Mitentscheidung und Mitgestaltung im Bezirk Treptow-Köpenick.
Soweit so gut. Doch warum ist eigentlich der mündige Bürger überhaupt gezwungen seine Belange und Ansprüche immer wieder gegen ein Amt oder eine Verwaltung durchzusetzen? Sollte es nicht so sein, dass sich Amt und Verwaltung für seine Bürger verwenden? Ein neuer Politikstil ist dringend erforderlich. Wer sich für eine Laufbahn in der Politik entscheidet, sollte sich des gewachsenen Anspruchs der Bürger an seine Volksvertreter bewusst sein. „Mehr Demokratie wagen“ muss mehr sein, als ein visionäres Zitat eines SPD Bundeskanzlers, sondern und gerade auch Handlungsmaxime für Lokalpolitiker aller Parteien – auch in Treptow-Köpenick.