Die Forderung beläuft sich für etwa 5.000 Künstler auf 17,65 Millionen Euro pro Jahr. Aber die Lage ist verfahren: Seit ihrer Gründung im Februar 2012 kämpft die Koalition der freien Szene gegen die Verdrängung aus der Stadt. Ihr Sprecher Christoph Knoch beklagt das Missverhältnis in der Förderpolitik und fordert einen neuen Ansatz. Die Einnahmen dafür sollten ursprünglich aus der Übernachtungssteuer kommen, der so genannten City Tax. Finanzsenator Ulrich Nußbaum hat sie vor Jahresfrist angekündigt.
Geplant ist eine Steuer in Höhe von fünf Prozent, die ein Tourist für eine Übernachtung in Berlin zahlen muss. Die City Tax soll jährlich 25 Millionen Euro in die Senatskassen spülen, Vorbild sind Städte wie Paris und Rom. Zugleich beabsichtigt der Senat die Hälfte der City Tax, wie Nußbaum sagt, „unmittelbar kulturellen, touristischen und tourismusnahen Zwecken zur Verfügung zu stellen“. Sie sollte zum 1. Juli 2013 eingeführt werden, aber wie alles in Berlin verzögerte sich auch dieses Vorhaben, jetzt ist von Anfang 2014 die Rede.
Immerhin: Die Idee ist in der Welt, und das nicht zu Unrecht. Denn in einem Punkt sind sich alle einig, Knoch, Schmitz und Burkhard Kieker, Geschäftsführer der Tourismusagentur Visitberlin: Kunst und Kultur ist der Motor der Tourismusbranche, sie boomt seit exakt zehn Jahren. In der ersten Hälfte 2013 verzeichnete das Statistikamt Berlin-Brandenburg für die Metropole 5,3 Millionen Besucher. Insgesamt werden 11,5 Millionen Besucher und 26 Millionen Übernachtungen erwartet. Erneut ein Rekordjahr! Von „chinesischen Verhältnissen“ schwärmte Burkhard Kieker angesichts von Steigerungsraten, die bei fast zehn Prozent liegen und nannte einen Jahresumsatz von zwölf Milliarden Euro. Damit ist der Tourismus der Wirtschaftsfaktor schlechthin in Berlin. Aber die freie Szene kämpft laut Christoph Knoch ums Überleben. Noch stelle sie 95 Prozent der Kulturschaffenden. Aber aus dem Kulturetat erhält sie nur fünf Prozent .
„Wegen der freien Künstler ist Berlin so angesagt, bietet immer wieder etwas Unerwartetes.“ Aber Knoch prognostiziert, dass es die freie Szene in fünf Jahren nicht mehr gibt. Die Lage der Künstler sei prekär. „Sie verdienen oft nicht mehr als drei Euro die Stunde oder noch weniger. Mit der Selbstausbeutung muss endlich Schluss sein“, sagt er und fordert Mindesthonorare.
„Die Verdrängung durch teure Mieten ist enorm. Wohn- und Arbeitsraum wird immer weniger bezahlbar. Mit seiner Politik schafft der Senat uns ab.“ Schmitz hat im Frühjahr noch das Wort von der „Sicherung der Räume“ benutzt. Aber davon ist zu Beginn der Haushaltsberatungen nicht mehr die Rede. Er wurde auch nicht müde zu behaupten, die Schere bei den Ausgaben für große Kulturhäuser und der freien Szene verringern wollen. Aber jetzt belässt er alles beim Alten und meint, die Künstler der freien Szene bekämen genug: „Seit dem letzten Haushaltsjahr erhält die freie Szene dauerhaft zehn Millionen Euro. Durch weitere versteckte Förderungen ist die Summe sogar doppelt so hoch. Welche Stadt gibt schon so viel für freie Künstler aus?“
Knoch verzweifelt bei solchen Sätzen. „Im Frühjahr waren wir bei Gesprächen mit Mitarbeitern der Senatskulturverwaltung inhaltlich noch einer Meinung.“ Nun ist die Kluft unüberbrückbar. „Was die Politik nicht sieht, ist, dass Berlin als echten Wirtschaftsfaktor nur den Tourismus hat. Und ohne uns geht er kaputt.“
Mehr Infos zur Initiative: www.berlinvisit.org