Die will was

Die Trainerin der U13-Mädchen, Julia Wigger
Julia Wigger leitet seit gut einem Jahr die Frauen- und Mädchenabteilung des Vereins. Die Trainerin glaubt man ihr sofort. Mit Zopf und in Sportsachen sitzt sie mir gegenüber. Sie hört aufmerksam zu, macht sich Notizen, ordnet meine Fragen und schlägt eine Reihenfolge vor. Julia hat gelernt, Dinge in die Hand zu nehmen. Und Gespräche. Sie bestimmt mit einer so großen Freundlichkeit, dass es ganz leicht ist, ihr zu folgen.
Julia Wigger
Foto: Matthias Vorbau
Mit acht Jahren hat Julia angefangen, Fußball zu spielen. In Waldesruh, zusammen mit ihrem Bruder. Dass es Mädchenfußball gibt, wusste sie nicht. „Ganze Mannschaften! Man hat öfter mal gegen ein Mädchen gespielt, klar, aber eben einzeln, in einer Jungsmannschaft.“ Bis zwölf durften Mädchen damals in gemischten Teams mitspielen. Um weitermachen zu können, ist Julia zu Union gewechselt. „Das war ein Kulturschock. Ich war immer so'n kleiner Rowdy. Und dann kommste da zu Mädchen.“ Sie hat sich dennoch schnell zurecht gefunden. „Wir haben die ganzen Meisterschaften gewonnen. Weil wir eine tolle Truppe waren, mit richtig guten Fußballerinnen, die einfach so ihr Ding gemacht haben." Der Fußball für Frauen und Mädchen war zu der Zeit allerdings nicht auf eine professionelle Laufbahn ausgerichtet. Erst später wurden die Strukturen geschaffen, die Leistungssport braucht.
„Das Ausbildungssystem fruchtet inzwischen. In der ersten Frauenmannschaft sind 14 Spielerinnen aus der eigenen Jugend.“
Für Julia selbst kam dieser Strukturwandel zu spät. Mit 15 hat sie sich das erste Mal das Kreuzband gerissen. „Die Wunderheilungen, die man heute aus der Bundesliga kennt, gab es noch nicht.“ Eine lange Pause folgte. „Wir wissen nicht, ob du überhaupt noch mal richtig laufen können wirst“, hieß es. Sie hat aufgehört zu spielen und ist zu ihrem alten Verein zurück gegangen. Aber nicht als Spielerin. „Ich habe angefangen, eine kleine Jungsmannschaft zu trainieren, zusammen mit einem Co-Trainer.“ Irgendwann ging das wieder, das Laufen und Rennen. Da hat sie dann in Waldesruh eine Frau- en- und Mädchenmannschaft aufgebaut, in der sie mitgespielt hat. Und einen Beruf gelernt. „Sport- und Fitnesskauffrau. Mit sehr gut abgeschlossen.“ Sie hat lange im Fitnessstudio gearbeitet und sich nebenbei bei Fußballvereinen beworben. Das war, wo sie hin wollte. „Wenn ich eine Chance bekomme, kann ich alles.“ Sie erinnert sich an ihren Jugendtraum. „Managerin bei Werder Bremen. Im Cabrio mit Headset am Ohr.“ Darüber lacht sie heute noch. 2006 hat Julia das Angebot bekommen, die U13-Mädchen bei Union zu trainieren. Ehrenamtlich. Das wollte sie unbedingt, „weil man denen noch soviel mitgeben kann“. Julia bezieht das nicht nur auf den Sport. „Wenn jetzt eine Spielerin von mir hereinkäme, würde sie Hallo sagen – und nicht nur zu mir.“ Fair Play lernen. Jubeln, aber ohne Häme. Sich nach einem Foul entschuldigen. „Nur damit kommt man in der Welt weiter.“ Trainer, findet sie, müssen Vorbilder sein. Wenn Julia heute rüber in die Alte Försterei geht, um der ersten Männermannschaft zuzusehen, nimmt sie sich sehr zurück.
„Ich wusste immer, wo meine Kinder stehen. Da hab ich mich nicht hingestellt. Ich bin da ja auch etwas lauter.“
Im letzten Sommer wurde die Stelle der Abteilungsleitung bei den Frauen und Mädchen frei. Julia musste nicht lange nachdenken, um im Fitnessstudio zu kündigen. Sie sagt es gerne: „Ich bin jetzt bei Union. Ich arbeite da. Und soviel Arbeit es manchmal ist - es ist genau das, was ich will.“ Nach wie vor ist der gesamte Bereich vom Ehrenamt getragen. Fast alle Trainerinnen haben hier gespielt und machen das aus Begeisterung. Mittel für Honorare stehen nicht zur Verfügung. „Es gibt andere Formen, Anerkennung zu zeigen. Und sei es eine Ehrenurkunde. Habe ich auch bekommen. Ich muss jetzt für solche Momente bei den anderen sorgen.“ Vielleicht, weil sie gesehen hat, wie sich ihr Fußball in wenigen Jahren gewandelt hat, blickt sie halbwegs entspannt rüber zu den Männern ins modernisierte Stadion, wo sich die Welt gerade etwas schneller dreht. „Ich verstehe auch nicht alles. Ich glaube schon, dass wir anders sind. Wir sind kein Konzern mit Millionen. Aber auch wir müssen uns bewegen, um zu überleben.“ Es ist nur wichtig, sich darüber klar zu werden, wo man hin will. „Ein Verein steht und fällt mit den Fans.“  

Aktuell, Turnbeutel

Von Nummern und Runden

Es ist Sonntag Morgen um halb zehn. Die Sonne spendet etwas Licht, die kalte Herbstluft zieht mir in die Knochen....

Benno Radtke mit Vintage-Bike Portrait

2015 – Ganz ohne Strom

Bennos Schellackplattensammlung umfasst ca. 4000 Exemplare – die älteste stammt aus dem Jahre 1900! Von Klassik-Aufnahmen z.B. dem „Bolero“ von...

Turnbeutel

K.o.b. is comin`Home

Gerne nörgele ich nach dem Spiel über den einen oder anderen Spielzug, über Spieler und Trainer. Den Schal trag ich...