Dschungelkämpfer in Berlin

Robby MariaRobby Maria hat in der ganzen Welt gesucht. Schließlich hat er sich gefunden. Was soll ein Junge aus der süddeutschen Provinz machen, wenn seine Träume größer sind als ein eigenes Haus mit Tiefgarage? Richtig, er startet hoch hinaus, pfeift schweren Herzens auf seinen Fußballverein und entschließt sich, mit 16 Jahren Rockstar zu werden. Er macht den Sänger in verschiedenen Bands, doch schnell wird klar: echte Rockstars kommen nicht aus dem Schwabenländle. So findet sich Robby Maria alsbald in Los Angeles wieder, in einer fidelen Musiker-WG, in der alle ihrer große Chance entgegenfiebern und bis dahin dankbar sind für jedes kleine Engagement. Hoffnungsvolle Tellerwäscher, keine Millionäre. Robby ist mittendrin, schreibt Songs für ein Dutzend Alben, rennt wie ein Hamster im Rad und kommt nicht von der Stelle. Los Angeles erweist sich als Sackgasse. Rockstars aus L.A. sind Schnee von gestern. In diesen Tagen spielt die Musik in Seattle. Folgerichtig ist ein Umzug fällig, doch Robby Maria biegt nach Süden ab und folgt nun seinem eigenen Weg. In New Orleans versucht er Fuß zu fassen. Ein wohlmeinender Manager empfiehlt dem Sohn einer argentinischen Mutter einen öligen Latino-Stil à la Enrique Iglesias. Das ließe sich verkaufen. Big Business wäre auf diese Weise kein Problem. Robby lehnt dankend ab und hat dennoch bald alle Hände voll zu tun. Allerdings steht er nicht auf der Bühne, sondern in Gummihosen in einem brodelnden Säurebad. Mit dem Abbeizen von alten Türen verdient er immerhin das nötige Geld, um abzuhauen. In Südamerika taucht er wieder auf. Der Traum vom Rockstar ist ausgeträumt. Im selbst gebauten Kanu steuert er allein in den Dschungel. Fortan will er nicht mehr vor anderen auf der Bühne bestehen, sondern in der endlosen Wildnis nur noch vor sich selbst. Die Sehnsucht nach einem einfachen Leben bringt ihn zu einem Stamm naturbelassener Regenwaldbewohner. Nachdem er ihren Fernseher wieder in Gang gebracht hat, darf er bleiben. Ein alter Schamane unterweist ihn in seiner geheimen Kunst. Erst eineinhalb Jahre später zieht er weiter. Nächster Stop: Das Dach der Welt. In Nepal lebt Robby bei buddhistischen Mönchen. Sie musizieren gemeinsam. Als er schließlich wieder aufbricht, wissen sie nicht, was ihm eigentlich fehlt. In Berlin findet diese Odyssee ihr vorläufiges Ende. In einer Neuköllner WG lernt der Weltenwanderer Anni Müller kennen. Sie spielt Schlagzeug und brennt für Musik. Das passt. Gemeinsam gründen sie im Jahr 2008 Robby Maria & The Silent Revolution. Unter gleichem Namen erschien nun beim Label Timezone das frisch gepresste Debüt-Album. Gedichte und Songs verbinden sich darauf zu einem harmonischen Ganzen. Wenn der Weg das Ziel war, dann hat er sich gelohnt. Robby Maria ist kraftvoll bei Stimme, egal, ob er singt oder seine Texte rezitiert. Man hört die Gelassenheit des alten Schamanen und man fühlt sich an die Avantgarde aus Los Angeles erinnert, an Jim Morrison und The Doors, an Love und Arthur Lee, aber auch an den ambitionierten David Bowie der ersten Stunde, der mit Ziggy Stardust nach den Sternen griff. Robby und seine stillen Revolutionäre verharren jedoch nicht in der Vergangenheit – sie sind keine 60er-Jahre-Cover- Band –, sondern sie bekennen sich offen zu einer musikalischen Heimat, die in der Vergangenheit ihren Ursprung hat und verorten diese selbstbewusst in ihrer eigenen Gegenwart. Robby Maria ist endlich angekommen und dennoch lange nicht am Ziel – ein junger Mann, der die Welt gesehen hat und der heute darüber lachen kann – gern auch über sich selber. Mehr von Robby Maria: www.robbymaria.com 

Kais kleine Köpenick-Kolumne

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