Das ist Wahnsinn!

Peter Groos zur Lage von Kultur- und Weiterbildungseinrichtungen
Peter Groos ist Vorsteher der BVV von Treptow-Köpenick und hat die hitzige Haushaltsdebatte im Bezirksparlament geleitet. Als kulturpolitischer Sprecher der Fraktion B90/Die Grünen beschäftigt er sich seit Jahren gemeinsam mit Kollegen der anderen Parteien intensiv mit der schwierigen Lage von Kultur- und Weiterbildungseinrichtungen im Bezirk.

Bezirksvorsteher Peter Groos
Foto: Matthias Vorbau

Die Einrichtungen für Kultur und Weiterbildung sind seit Jahren die Sorgenkinder im Bezirk. Warum?
Dafür gibt es eine Vielzahl an Gründen. Die Bezirke sind unterfinanziert, ihre Kulturförderung steht seit Jahren unter starkem Einspardruck, viele bezirkliche Weiterbildungseinrichtungen pfeifen aus dem letzten Loch. Bei uns in Treptow-Köpenick ist in der Vergangenheit viel zu lange die dramatische finanzielle Situation in den Bereichen Weiterbildung und Kultur durch das Bezirksamt verdeckt worden, ohne dass dies mit Reformauflagen verbunden gewesen wäre.

Dazu tritt die zunehmend schwierige Personalsituation im Amt, Mitarbeiter gehen in den Ruhestand, Stellen können nicht besetzt werden. Wir Fachpolitiker ringen seit Beginn dieser Wahlperiode mit größter Intensität um Problemlösungen, haben es dabei aber leider mit einer Intransparenz in der Verwaltung zu tun, die uns schwer zu schaffen macht. Wir erhalten nicht zuverlässig und systematisch die Informationen, die wir haben müssen, um unsere Aufgaben zu erfüllen, von nicht wenigen Projekten und Problemen erfuhren wir bislang nur zufällig, zu spät oder unvollständig. Die Verwaltung hat den Wissensvorsprung gegenüber uns ehrenamtlichen Bezirksverordneten jahrelang auch genutzt, um Probleme zu vertuschen. Das muss aufhören. Sonst fahren hier Dinge gegen die Wand.

Fehlen den zuständigen Fachbereichen die Ideen?
Da die Einrichtungen vor großen Probleme stehen, ist es um so notwendiger, Konzepte zu entwickeln, wie es im Kultur- und Weiterbildungsbereich weitergehen soll. Es gibt solche Konzepte aber nur ungenügend oder gar nicht. Wir mahnen das seit Jahren an. Kooperationen mit Dritten sind für mich ein Weg für neue Ideen und Nutzungen, um zum Beispiel mit Veranstaltungen die Bibliotheken attraktiver zu machen, sie so im Ortsteil zu verankern, dass sie von der Bevölkerung als Orte der Kultur akzeptiert werden. Aber hier geht es nur sehr mühsam voran, das Beharrungsvermögen in der Verwaltung ist sehr groß. Das ist angesichts des Problemdrucks und der begrenzten Handlungsmöglichkeiten der Verwaltung Wahnsinn!

Ihre Fraktion (B90/Grüne) macht falsche politische Schwerpunktsetzung für den Finanznotstand im Bereich Kultur und Weiterbildung verantwortlich. Können Sie genauer werden?
Die politische Schwerpunktsetzung erfolgt im Bezirksamt insgesamt. Kultur gilt als freiwillige Aufgabe der Bezirke und ist daher immer finanziellen Begehrlichkeiten ausgesetzt. Eine hohe Qualität von Kulturangeboten zu gewährleisten, muss also politisch gewollt sein. Bei knappen Mitteln muss man sich politisch positionieren, wofür Mittel bereitgestellt werden sollen. Und man muss, wie gesagt, die Rolle der Verwaltung neu denken, Kooperationsangebote prüfen und selbst entwickeln.

Hat der zuständige Stadtrat Michael Vogel diese politischen Schwerpunkte gesetzt?
Ich würde sagen, nein, für die Kultur hat er sie nicht gesetzt. In seinem Haushaltsentwurf standen in Weiterbildung und Kultur bei vielen Titeln nur Merkposten von 1.000 Euro, also reine Fantasiezahlen. Die ließen erkennen, dass es keinen Plan gibt. Er hat darauf vertraut, dass die Bezirksverordneten die Kulturförderung schon irgendwie retten würden.

Und das hat die BVV dann ja auch getan. Das 150.000 Euro-Rettungspaket ist mit Auflagen an den Kulturstadtrat verbunden. Mit welchen?
Wir wollen einen mittelfristigen Maßnahmenplan sehen. Da soll ganz konkret drinstehen, wie es etwa für die Musikschule, die Volkshochschule, für das Museum mit der so wichtigen Gedenkstätte Köpenicker Blutwoche weitergeht. Einzelne Andeutungen hat der Stadtrat bereits gemacht: Das Museum Treptow, das kaum jemand besucht, könnte beispielsweise in das Gebäude der Volkshochschule nach Baumschulenweg verlegt werden, da sind viel mehr Besucher zu erwarten. Es muss zudem eine ständige Kontrolle und Steuerung der Produktkostenentwicklung her.

Und wenn das alles wieder nicht passiert?
Es muss passieren! Wenn nicht, ist das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit dieses Amtes und des Stadtrats dahin und 2016 wird in Treptow-Köpenick auch ein Wahlkampf um die Zukunft der Kulturpolitik. Das wird dann ganz toll, darauf freue ich mich jetzt schon. Aber im Sinne unserer Kultur- und Weiterbildungsangebote wäre es selbstverständlich besser, wenn die Dinge gut vorangingen. Wir haben in Treptow-Köpenick eine ungeheuer breite Kulturszene, die im Bezirk eine große Aufmerksamkeit genießt und eine wichtige Rolle spielt. Diese Akteure achten sehr wohl darauf, was hier passiert. Und wenn in der Musikschule und der Volkshochschule die Angebote schlechter werden, dann trifft das außerdem richtig viele Leute.

Wir bedanken uns für das Gespräch!


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