Der erste Stand „alles für’n Euro“ macht wenig Hoffnung auf Besserung. Die ewigen Socken und unvermeidlichen Taschen kann man am nächsten Stand günstig erwerben. Verschreckt schauen wir uns um – die Hoffnung im Blick auf etwas, das schön ist und gut. Eine Gruppe Gelangweilter, mit wenig Haar und etlichen Rasierklingen unter den Achseln schlendert vorüber, dabei immer scharf den indischen Sockenverkäufer im dummen Blick.
DAS ist nicht gut! Beschließe, friedlich zu bleiben und Spaß zu haben. Heute nur nicht vorverurteilen. Die Sparkasse. Die Freunde. Aufatmen. Auch wenn ihr Anblick mich etwas peinlich berührt. Flott zurecht gemacht mit blinkenden Ohren und Tirolerhütchen gehen wir nun gemeinsam Richtung Lieblingssee- die Haarlosen immer noch vor uns. Am Stand des panflötenbewaffneten Peruaners fühlen sie sich nun doch provoziert und rempeln drauflos.
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Wir – im Abstand von 50 Metern – bleiben bestürzt stehen – der Moderator bimmelt ,begleitet von wummernden Bässen die erste Lottorunde ein, o`zapft is! Vorbei geht es an einem vollen Kinderwagen mit seinen alkoholisierten Eltern, dutzenden seltsam duftenden Ständen scheinbar leicht entflammbarer Blusen und sich aufdringlich drehenden Glücksrädern. Davor eine Traube enttäuscht dreinblickender 10-jähriger, denen vom Onkelverkäufer mit buntem Schlips und strengem Blick einzig ihre Namen und Hausnummern entrissen werden.
Bratwurstsperre und Schnitzelboykott
Wir wechseln vorsichtshalber die Straßenseite ( mit den lustigen Hütchen sind wir sonst auch gleich dran ) und beschließen ein Päuschen in gemütlichen Liegestühlen vor herrlicher Kaufi. Auf den Schienen hat sich indes eine Horde Halbwüchsiger mit Mützen in Höhe bischöflicher Mitras zusammen gefunden , um sich gegenseitig ins Gesicht zu blöken und dabei riesige Colaflaschen zu lehren.
Wir nehmen auch erstmal ein kleines Schnäpperken – so ganz ohne Pegel ist die Flaniermeile nun doch zu frustrierend. Der Magen spricht. Habe Hunger und will Gegrilltes! Letztes Jahr konnte man doch hier noch an meterlangen Tischen alles Erdenkliche erstehen. Und nun? Bratwurstsperre? Schnitzelboykott?
Die Stände vor der Halle haben scheinbar ihr Geschäft vor 19 Uhr gemacht – alles ist mit roten Fähnlein abgesperrt und ratzekahl. Aber drinnen bis 0 Uhr geöffnet! Bevor ich mich richtig in Fahrt ärgere, rennt eine Gruppe Ordnungshüter vorbei – hat wohl wer vor mir seinen Unmut kund getan. Egal, wir müssen auf und den hinteren Teil der Sause sehen. Hier nun, endlich, viele kleine Stände mit verrückten Dingen, die bei einigen tatsächlich noch gefehlt zu haben scheinen.
Ich sehe in beglückte Gesichter. Leute, denen man mit hölzernen Hockern und schrulligen Vasen eine so schöne Freude machen kann. Da ich nun selbst Opfer der ebay – Sucht bin, nicke ich ihnen wissend zu. Ach was ist das fein, es gibt wieder Punkte im plus und – meinen Lieblingssatz aus Fluttagen – „die Hoffnung stirbt zuletzt“.
Unerwartetes Nicht-Remmidemmi
Halbwegs versöhnt erreichen wir den Supertunnel, um dem traditionell abgeschossenen Feuerwerk zu trampeln, da erklingt liebliche Musik. Eine unglaubliche Szenerie tut sich auf, und das im heimischen Biergarten! Eine Band mit riesigen Afroperrücken spielt coolsten Funk vor der Kulisse der einst herrschaftlichen Villa. Und alle, alle freuen sich mit mir. Ein unerwartetes Nicht-Remmidemmi, jung und alt vereint beim Gegen-Rumtata. Wer hat schon sowas auf`m Volksfest! Is dit schön.
Wir schauen beseelt auf unseren Haussee und machen Ah und Oh, der Müll ist sicher im Morgengrauen verschwunden und die Kinder sind dann auch alle wieder nüchtern und lieb. Nur der eine, sagt man – der ins Regal der Kaufhalle gepullert hat, der ist garnicht lieb! Hab ich doch wegen dem meine Bratwurst nicht gekriegt!