Als Ende letzten Jahres die Greifswalderin Susanne Wiest eine Online-Petition zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens an den Deutschen Bundestag stellte, rollte eine Lawine von Mitzeichnern durch das World Wide Web. Die Zeichnungsfrist musste verlängert werden, da der große Run auf die Internetseite den Server lahm legte.
Nahezu 53.000 Bürger aus ganz Deutschland gaben Ihre Stimme ab, ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl. Das gab es in diesem Forum niemals zuvor. Im April 2009 erhielt Susanne Wiest eine Mitteilung vom Petitionsausschuss, dass eine Anhörung und Diskussion ihrer Petition ungewiss sei und frühestens in der nächsten Wahlperiode möglich ist.
Alles hatte damit begonnen, dass von Dezember 2008 auf Januar 2009 eine Veränderung in der Besteuerung von Tagesmüttern vorgenommen wurde. Susanne Wiest ist Tagesmutter und für sie bedeutet dies zu dem eh schon knappen Einkommen ein Verlust von 200 € monatlich. Der Ministerpräsident von Mecklenburg- Vorpommern Herr Sellering gab sich optimistisch und empfahl ihr, sich zu freuen, da das alles eine Maßnahme zur Aufwertung ihres Berufsstandes sei. Eine Aufwertung durch Lohnkürzung?
In einer Zeit in der die Merkler sich fortwährend Modelle überlegen, wie man von denen, die nichts mehr haben, noch mehr bekommen kann, fängt es unter der Oberfläche der Bevölkerung an zu brodeln. Nicht kurz und heftig, dafür aber stetig und kraftvoll.
Susanne Wiest brachte das bedingungslose Grundeinkommen, das längst schon mit namenhaften Vorreitern wie Milton Friedmann, Ralf Dahrendorf und Martin Luther King unterwegs war, mit ihrer Petition erst so richtig ins Rollen. Auch Götz Werner, Gründer der dm- Drogeriemarktkette ist seit Jahren unermüdlich mit Vorträgen und Publikationen wie „Einkommen für alle“ unterwegs um eine breite Öffentlichkeit zu diesem Thema zu erreichen. Und für Leute mit Visionen haben die Medienkünstler Enno Schmidt und Daniel Häni das Grundeinkommen in einen 100-minütigen Film verpackt.
Anfang September tourte ein Krönungsmobil zur Woche des Grundeinkommens unter dem Motto „Wer sich bewegt, kann was bewegen“ und „wenn jeder sein eigener König ist, braucht keiner der König des anderen zu sein“ durch das Land und setzte allen eine Krone auf. Mit dabei war auch Susanne Wiest. Sie ist eine, die weiter geht. Schritt für Schritt.
Mit ihrer Vision für ein bedingungsloses Grundeinkommen ließ sie sich in ihrem Wahlkreis als Direktkandidatin aufstellen. Insgesamt waren bundesweit 142 Kandidaten in Sachen Grundeinkommen zur Wahl angetreten. Darunter zahlreiche parteilose Bürger, die ihre demokratischen Möglichkeiten nutzten. Susanne Wiest erreichte 1478 Stimmen in ihrem Wahlkreis. Das reichte zwar noch nicht für den Einzug in den Deutschen Bundestag, sorgte aber für ausreichenden Gesprächsstoff in der Bevölkerung. Und darum geht es eben auch beim Grundeinkommen. Jeder ist angesprochen mitzudenken und mitzutun.
Nun, die Wahlen sind vorerst gelaufen und auf den ersten Blick mögen die Aussichten auf ein bedingungsloses Grundeinkommen in weite Ferne gerückt sein. Doch stellte Goethe seinerzeit schon fest „Welche Regierung die Beste sei? Diejenige, die uns lehrt, uns selbst zu regieren“. Mit der Koalition Schwarz-Gelb dürften wir auf dem besten Weg dahin sein.
DAS BEDINGUNGSLOSE GRUNDEINKOMMEN
Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Betrag, der an jeden Bürger vom Staat ausbezahlt wird, ohne von ihm eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Das bedingungslose Grundeinkommen ist somit die Grundsicherung, die dem Menschen seine Würde lässt.
DIE AUSGANGSLAGE
Mit dem auf innovativem Geist beruhendentechnischen Fortschritt haben wir im wirtschaftlichen Leben einen enormen Zuwachs an Produktivität erzielt. Die Folgen des technischen Fortschritts scheinen jedoch paradox: trotz gestiegener Produktions- und Versorgungsfähigkeit nehmen Armut und soziale Ungleichheit zu. Erwerbsarbeit wird zunehmend einkommenslos - die ökonomische Entwertung der Arbeit - gleichzeitig werden Einkommen in Form steigender Kapitalerträge zunehmend ohne Arbeit erzielt.
GRUNDEINKOMMEN. DER NEUE WEG?
Die Politik reagiert auf diese paradoxe Faktenlage und Entwicklung, indem sie gebetsmühlenartig neue "Jobs" fordert. Die Lösung der Probleme wird jedoch immer teurer. Die Kosten der sozialen Ungleichheit wie ihrer Verwaltung und die Zerstörung von Leistungsbereitschaft nehmen weiter zu. Bekommen wir den Blick auf im Grunde nahe liegende Lösungen frei?
Weiterführende Links:
www.unternimm-die-zukunft.de
www.freiheitstattvollbeschaeftigung.de
www.grundeinkommen.de
www.buergerinitiative-grundeinkommen.de
www.kultkino.ch/kultkino/besonderes/grundeinkommen
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