300 Jahre Baumschulen Späth

Jubiläumsmarkt am 19. und 20.09. auf dem historischen Gelände in Baumschulenweg
Die Späth’schen Baumschulen werden 300 Jahre alt! Wer über das historische Gelände in Treptow, Ortsteil Baumschulenweg, spaziert, ahnt die jahrhundertelange große Geschichte und sieht die Spuren der jüngeren Vergangenheit. Denn die historischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts trafen die Baumschulen Späth in voller Härte.
Bismark pflanzt einen Gedenkbaum im Späth-Arboretum, 1884
Reichskanzler Otto Fürst von Bismark pflanzt einen Gedenkbaum im Späth-Arboretum, 1884. Im Vordergrund rechts: Firmeninhaber Franz Späth
Dr. Hellmut Späth, Firmeninhaber in sechster Generation, wurde in den letzten Wochen des zweiten Weltkriegs, am 15. Februar 1945, im KZ Sachsenhausen auf persönlichen Befehl Ernst Kaltenbrunners, Leiter des Reichssicherheitshauptamtes, erschossen. Das Unrecht setzte sich nach dem zweiten Weltkrieg fort, als seine beiden Kinder, die erwachsene Tochter Dagmar aus erster Ehe und sein vierjähriger Sohn Manfred, von den kommunistischen Machthabern enteignet wurden. Die Späth’schen Baumschulen wurden volkseigener Betrieb und ab 1964 als Betriebsteil dem VEG Saatzucht-Baumschulen Dresden unterstellt. Das im Jahr 1879 als Schau- und Sichtungsgarten der Baumschule angelegte Späth-Arboretum wurde zusammen mit dem ehemaligen Herrenhaus 1961 an die Humboldt-Universität übergeben. Die Späth’schen Baumschulen blieben dennoch das Zentrum des Baumschulenwesens in der DDR.

Fatale Jahre der Treuhand-Verwaltung

Nach der Wende war es die Treuhand, die den Betrieb zerschlagen wollte. In dieser Zeit motivierte der Gartenbauingenieur Holger Zahn die noch verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und kämpfte für den Weiterbetrieb als Baumschule. Als Zeichen des „Wir sind immer noch da“ stellte die Belegschaft im September 1995 die erste Jubiläumsveranstaltung auf die Beine, als Traditionsfest mit grünem Markt zum 275. Geburtstag der Baumschulen Späth. 1997 war nach jahrelangem und auszehrendem Rechtsstreit die Rückübertragung erreicht. Der heutige Firmeninhaber und Geschäftsführer des Baumschulenbetriebs, Holger Zahn, erinnert sich:
„In der Zeit der Treuhand-Verwaltung durften wir keine müde Mark investieren, nichts neu anschaffen. Im Gegenteil: Die Treuhand verkaufte sogar viele Maschinen, Werkzeuge und Bewässerungsanlagen, die wir für den Weiterbetrieb dringend benötigten.“
Holger Zahn erzählt anschaulich, wie er eines Nachts mit Kolleginnen und Kollegen aus einem ehemaligen Betriebsteil in der Nähe von Bad Saarow eine nicht genutzte Bewässerungsanlage aus den eigenen Baumschulenbeständen auflud, um sie heimlich zurück nach Baumschulenweg zu bringen, damit die dortigen Gehölze nicht vertrocknen. „Die fatalen Fehler der Treuhand belasten das Unternehmen bis heute“, sagt Holger Zahn: „Als die Rückübertragung erreicht war, mussten die Erben sogar noch mehrere Millionen D-Mark an die Treuhand überweisen, wegen der Schulden, die das Unternehmen durch die schlechte Treuhand-Bewirtschaftung gemacht hatte.“ Binnen kürzester Zeit mussten deshalb mehrere Hektar Land verkauft werden. Die Siedlung „Späth’sches Viertel“ am Königsheideweg entstand. Der Betrieb ist heute Pächter auf dem historischen Gelände – auch das eine Folge der deutsch-deutschen Geschichte.
Apfelverkostung, Beratung und Verkauf in der Späth'schen Baumschulen
Apfelverkostung, Beratung und Verkauf /// Foto: Daniela Incoronato

Blühende Entwicklung trotz immer neuer Auflagen

Heute lädt eine blühende Späth’sche Pflanzenwelt Besucherinnen und Besucher das ganze Jahr hindurch auf das Gelände zwischen Königsheideweg, Späthstraße und Ligusterweg zum Spaziergang ein. Ein Kräutergarten ist neben dem Baumschulen-Pflanzenverkauf entstanden, dazu ein Skulpturengarten, ein Fertigheckengarten und Schaugärten mit Gräsern, Rhododendron, Hortensien und Natursteinen. Ganzjährig finden Veranstaltungen und Pflanzenschauen statt und mitten auf dem Hof locken der Hofladen mit regionalen Spezialitäten, die blaue Märchenhütte und das Hofcafé mit Weingarten zum Besuch. Dabei musste das Unternehmen auch in den letzten Jahren Rückschläge einstecken. Wie aus dem Nichts flatterte 2016 ein Bescheid der Berliner Stadtreinigungsbetriebe über Straßenreinigungsgebühren ins Haus, der zudem rückwirkende Gebühren für die vergangenen Jahre geltend machte. Erhoben wurden die für ein 300 Meter langes Verbindungsstück zur Autobahn, die neue Späthstraße, für das die Späth’schen Baumschulen beim Bau in den 2000er Jahren sogar Land abgeben mussten. Nach zweijährigem Streit und vielen Appellen an den Berliner Senat sah sich Geschäftsführer Zahn gezwungen, die Reißleine zu ziehen und die 12 ha Ackerflächen entlang der neuen Späthstraße zu räumen, die bislang für die Pflanzenproduktion in Berlin dienten. Die Aktion, bei der Werte in enormer Größenordnung eingebüßt wurden, belastet das Unternehmen weiterhin. Hinzugekommen sind neue Gebührenbescheide für das Wasser zur Bewässerung der Pflanzen, welche dem Unternehmen zu schaffen machen.

Forderungen an die Berliner Politik in Bezirk und Senat

Den 300. Geburtstag, zu dem das Unternehmen einen Jubiläumsmarkt veranstaltet und das neue Späth-Buch mit der Geschichte von 1720 bis 2020 herausgibt, will Holger Zahn für eindringliche Appelle an die Berliner Politik auf Ebene von Bezirk und Senat nutzen. Denn für die Zukunft dieses einzigartigen Berliner Traditionsbetriebs ist die Sicherung der Gewerbeflächen am historischen Standort von entscheidender Bedeutung. „Ich kämpfe seit 30 Jahren für Planungssicherheit in Berlin“, so der Geschäftsführer:
„Wir fordern die Berliner Politik und Verwaltung auf, sich des Themas Planungssicherheit mit hoher Dringlichkeit anzunehmen.“
Den Wert dieser einzigartigen Tradition erkannt hat auch Katrin Gömann. Die Studienrätin für Politik und Medien hat einen Verein gegründet: „300 Jahre Baumschulen Späth – Erhalt einer einmaligen Tradition in Europa“. Der Verein will seinerseits an politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger herantreten, um aktiv mitzuhelfen, den Standort langfristig zu sichern. Erstmalig öffentlich wird der Verein beim Jubiläumsmarkt in Erscheinung treten. An verschiedenen Stellen auf dem Gelände sollen dann Unterschriften gesammelt werden. Unterstützerinnen und Unterstützer sind im Verein herzlich willkommen!
Späth’sche Baumschulen: Historisches Herrenhaus von 1874
Späth’sche Baumschulen: Historisches Herrenhaus von 1874 /// Foto: Daniela Incoronato

19. und 20.09. Jubiläumsmarkt „300 Jahre Baumschulen Späth“ Späth’sche Baumschulen, Späthstraße 80/81, 12437 Berlin-Baumschulenweg www.spaethsche-baumschulen.de, Direktlink zum Jubiläumsmarkt

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