Bruno Lüdke war im April 1908 in Köpenick geboren worden. Seine Eltern betrieben einen kleinen Wäschereibetrieb in der Grünen Trift. Es war wohl ein Unfall, in seiner Kindheit, ein Sturz auf den Kopf, der ihn sein weiteres Leben lang geistig behinderte. Er galt als gutmütig und harmlos und wurde von Kindern als der „doofe Bruno“ gehänselt. Bruno wurde Kutscher und nun mochten ihn die Kinder, weil er sie auf dem Kutschbock mitfahren ließ.
Aber Bruno hatte auch andere Seiten: Gerne zog es den Sonderling in die Wälder und an die Seen rund um Köpenick. Aus dem Unterholz beobachtete er Liebespaare. So erzählten die Leute. Wegen kleinerer Diebstähle war er vorbestraft. Harmlose Gaunereien.
„Er besuchte mit seinem verstorbenen Vater Vereinsvergnügungen. Dabei kam es vor, dass er das Bierglas des neben ihm sitzenden Vereinskameraden ergriff und es austrank. Zur Rede gestellt hatte er für seine Handlung keinerlei Entschuldigung. Es gibt offenbar Zeiten, in denen er sich der Strafbarkeit seiner Handlungsweise nicht bewusst ist.“
Das Erbgesundheitsgericht in Berlin erklärte Bruno auf Grundlage des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“Â 1939 für unzurechnungsfähig und verurteilte ihn zur Unfruchtbarmachung. So geschah es.
Falsche Geständnisse
Den Mord an Frieda Rösner aufzuklären, arbeiteten im Frühjahr 1943 die Ermittler mit Hochdruck. Heinrich Franz, ein junger, ehrgeiziger Kommissar, der im Polizeidienst und bei der SS Karriere machen wollte, verhaftete am 18. März 1943 den „doofen Bruno“ und verhörte den Verdächtigen. Ungeklärte Mordfälle aus dem gesamten Reichsgebiet, die bis in die 1920er Jahre zurückgingen, wurden Lüdke vorhalten. Der hatte zu SS-Obersturmführer Franz wohl Vertrauen gewonnen, kumpelhaft und redselig erzählte Lüdke von Ausflügen über Land und in andere Städte, nach Hamburg oder nach Thüringen.Bitte unterstütze unsere redaktionelle Arbeit!
Und nun gestand dieser „doofe Bruno“ bereits in den ersten Stunden der Vernehmung. Und zwar einen Mord um den anderen. Den Mord an Frieda Rösner gab er zu. Und den Mord an der Möbelhändlerin Ida Curth gestand er dem Kommissar. Und die Reinemachfrau Bertha Holdschuh ermordet zu haben, gab er zu. Innerhalb kurzer Zeit wurden es 84 Frauenmorde, die das „Monster in Menschengestalt“ dem Polizisten verriet. Von 1924 bis 1943 soll Bruno Lüdke an mindestens 40 verschiedenen Tatorten gemordet haben. Lustmordend soll der Mann, der weder lesen noch schreiben konnte, durch Deutschland gezogen sein. Ende Mai 1944 schrieb der Kriminalkommissar Heinrich Franz, Lüdke sei für 53 Fälle als Mörder eindeutig überführt.Menschenversuche mit vergifteter Munition
Das brachte selbst den Propagandaminister Joseph Goebbels auf den Plan. Und der hegte den Gedanken, Lüdke in einem großangelegten Schauprozess der Öffentlichkeit vorzuführen, wollte ihn nicht nur erhängen oder erschießen lassen: verbrennen, befindet Goebbels, könnte es sein,„ … dass der bestialische Massenmörder und Frauenschlächter Bruno Lüdke … seine scheußlichen Verbrechen wenigstens mit einem martervollen Tode sühnen … “sollte. Doch der Chef der deutschen Polizei und Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, machte den Vorgang zur Geheimsache und ließ Lüdke ohne Gerichtsverfahren in das Kriminalmedizinische Zentralinstitut der Sicherheitspolizei nach Wien überstellen. Lüdke sollte als Exempel fungieren für ein in Arbeit befindliches „Gesetz über die Behandlung Gemeinschaftsfremder“. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden am Institut in Wien Menschenversuche an Gefangenen durchgeführt. Mit vergifteter Pistolenmunition wurde auf Häftlinge geschossen, um die Wirkung der Geschosse zu testen. Am 8. April 1944 starb Bruno Lüdke in Wien.