Was macht die Kunst, Kathrin Bauer?

Das Türchen Nummer 9 des Maulbeerblatt-Künstler-Adventskalenders
Erstveröffentlichung am 09.12.2023
Was können wir von Künstlern über uns und die Zeit erfahren, in der wir leben? Und: Was kommt 2024 wohl auf uns zu? Das wollten wir von ihnen selbst wissen und haben deshalb über die vergangenen Monate hinweg 24 bildende Künstler befragt, denen wir im Berliner Südosten begegnet sind. Hinter dem Türchen Nummer 9 wohnt die Künstlerin Kathrin Bauer, die wir für diesen Beitrag besuchen durften.
Die Küntlerin Kathrin Bauer vor einem ihrer filigranen Werke
Foto: Matthias Vorbau

„Die Kunst bringt kollektive, unbewusste Sachen nach außen. Kunst ist für mich heilig. Aber die Frage ist, wo gibt es wirklich echte Kunst? Das, was im Kunstmarkt unter dem Begriff verstanden wird, ist meistens keine Kunst. Kunst kann sich in so vielen Dingen zeigen, dort, wo man es nicht erwartet. Für mich ist der Übergang zwischen Kunst und spirituellen Erfahrungen fließend.

Wenn echte Kunst geschieht, passiert es. Dann gibt sie der Gesellschaft etwas Wertvolles. Aber ich würde nicht sagen, dass der Künstler mit irgendeiner Aufgabe antritt, sondern er macht es zunächst einmal für sich aus einem inneren Antrieb heraus. Das ist dann das Heilige, wenn man eine Verbindung dazu hat. Aber nicht im Sinne eines gesellschaftlichen Auftrages oder als Berufsbild. Ich glaube, dann ginge die heilige Verbindung kaputt.

 

 

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Es gibt knapp 8000 Ateliersuchende, und ich selbst habe ja auch mein Atelier in Schöneweide und dann noch ein weiteres verloren. Es ist auf jeden Fall ein Problem, dass es dafür zu wenig Rahmenbedingungen gibt. Man muss natürlich auch die ökonomischen Verhältnisse ganz genau betrachten. Oftmals sind Künstler dazu da, um Machtverhältnisse zu verzieren und zu zementieren. Wenn der Herrschende den Künstler bezahlt, dann ist ja schon irgendwas faul. So gefährlich kann es dann auch nicht sein, was von dem Künstler kommt.

Es gibt knapp 8000 Ateliersuchende, und ich selbst habe ja auch mein Atelier in Schöneweide und dann noch ein weiteres verloren.

Ich würde so weit gehen, zu sagen, dass das gesamte System falsch und krank ist. Und so auch das System, in dem wir Künstler uns bewegen sollen: das Kunstbetrieb-System. Vollkommen auf Konkurrenz basierend und eigentlich nur auf Konsum, denn wir sollen etwas produzieren, was dann konsumiert werden kann. Und das hat alles nichts mit Kunst zu tun. Überhaupt nicht.

Und das ist mir im letzten Jahr alles so extrem klar geworden, wie das alles gestrickt ist und seitdem befinde ich mich eher in einer Frageposition, wie ich mich da jetzt überhaupt verhalten möchte. Weil da mitmachen will ich so nicht mehr, weil das für mich gar keinen Sinn mehr ergibt. Aber wo kann dann die echte Kunst also sein? Und in welchem Raum kann die sich überhaupt irgendwie ereignen?

Das ganze System ist falsch und krank. Und so auch das System, in dem wir Künstler uns bewegen sollen: das Kunstbetrieb-System. Das hat alles nichts mit Kunst zu tun. Überhaupt nicht.

Ich befürchte, dass sich die gesellschaftlichen Spannungen in der Coronazeit negativ potenziert haben. Parallel hat sich aber auch neues Bewusstsein entwickelt. Dabei hat sicher auch Kunst eine Rolle gespielt und das ist eigentlich meine Hoffnung. Ich vertraue darauf, dass alles seine Ordnung hat – auch in meiner Beziehung zur Kunst. Es gibt eben unterschiedlichste Phasen. Die Kunst wird sich immer wieder ihren Weg durch mich bahnen, wenn es sein soll und wie es eben sein soll. Diesbezüglich ruhe ich ganz in mir.“


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