Am Rande des Spielfeldes erblickt unsere künftige Bürgermeisterin ihre politischen Mitbewerber. Breit grinsen sie herab von den Laternenpfählen, und dort drüben, dem alten Fritz zu Füßen, stehen sie leibhaftig beisammen, der Olli, der Maik, der Svend. Die klugen Brillen poliert, das korrekt frisierte Haupthaar zu kecken Zipfeln in die Höhe gegeelt, präsentieren sich die Herren wie siamesische Drillinge – die Dagegen-Vertreter ihrer etablierten Dafür-Parteien. Dieser Mangel an Alternativen ist es, der einen als Wähler so ratlos macht.
Gemeinsam haben sämtliche Parteien den falschen Standort Schönefeld erzwungen, da darf es niemanden wundern, dass sie heute ebenso geschlossen dagegen sind.
Auf dem Marktplatz in Friedrichshagen machen sich die Leute gegenseitig Mut. Feurige Reden werden geschwungen, trotzige Lieder werden gesungen – Eigentümer, Mieter, Spekulant protestieren gemeinsam, Hand in Hand. Friederike weiß, dass dies der Augenblick wäre, die Initiative zu ergreifen. Was für eine Chance, sich dem wütenden Wahlvolk als Retter in der Not zu präsentieren! „Meine lieben Köpenicker! BBI – mit mir nie!“ könnte sie der Menge zurufen. „Frieden für den Müggelberg – Flugplatz ab nach Sperenberg! Als ihre neue Bürgermeisterin werde ich diesem Spuk umgehend ein Ende bereiten!“ Jawoll! Irgendetwas in der Art würde Friederike Hagen ihren aufgebrachten Mitbürgern gerne versprechen.
Doch sie bleibt stumm und schaut sich um. Sie blickt in die vielen besorgten Gesichter, sieht Männer und Frauen, Kinder und Großeltern. Und so hört sie lieber zu, was die anderen zu sagen haben – die engagierten Streiter von der Bürgerinitiative Friedrichshagen, die Betroffenen aus den umliegenden Gemeinden, die schon seit Jahren auf verlorenem Posten kämpfen. Es sprechen empörte Bürger, der Arzt, der Fischer vom Müggelsee, die gefasste Rentnerin und der fassungslose Regisseur.
Auch manch ein Politiker kann dem zwanghaften Griff zum Mikrophon nicht widerstehen. Soll er doch! Hier unten, an der Seite ihrer besorgten Mitmenschen, fühlt sich Friederike sehr gut aufgehoben. Und nun klatscht auch sie in die Hände und ruft ihren Unmut frei heraus. Und plötzlich staunen Mann und Kinder, dass diese Mutter, Frau und Ehefrau sogar lautstark auf zwei Fingern pfeifen kann. Worauf wartest Du, haben wir gefragt. Das ist Deine große Stunde, haben wir gesagt! Da hat uns Friederike angeschaut und gelacht: „Wenn, dann anders!“