Wie lautete gleich noch mal mein Vorsatz für das neue Jahr?

Vorsätze? Hat er sich aber geschnitten, der feine Herr Chefredakteur. Themenvorgabe – nicht mit mir. Mach ich eben mal eine Schreibediät. Soll er mal sehen, was er davon hat, der Chefredakteur. Nur noch schlanke Texte mit sportlichem und gesundem Inhalt. Diät-Prosa, so mal sagen. Denn Hand aufs Herz: Vorsätze einhalten, klappt eh nur von zwölf bis Mittag. Lasse ich mal jemand anderes zu Wort kommen, der es mit Vorsätzen mindestens genau so hält wie ich – meine Lebensgefährtin. Die erzählt euch jetzt, wie die Maus der Katze den Krug zerbricht.

Ein Beitrag von Manuela Radtke mit einer Einleitung von Holger Claaßen

Die Feiertage sind vorbei. Habe gegessen und genascht, als würde es kein Morgen geben. Essen bis der Arzt kommt. Alles nur mit dem Gedanken daran, im neuen Jahr wird alles anders. Neues Jahr, neue Vorsätze. Die kann man einhalten oder auch brechen. Für mich stand fest: 2016 wird das Jahr, wird mein gesundes Jahr. Der Weg zur Traumfigur muss gegangen werden. Auch wenn er hart und steinig wird. Ärmel hoch und losgelaufen. Ich habe noch das Knallen und Pfeifen der Feuerwerkskörper im Ohr. Und dann das Zählen des Countdowns. 10, 9 … 3,2,1. Das Diäten-Jahr beginnt. Nun nicht gleich nach Mitternacht. War noch Sekt im Glas und der bunte Teller üppig belegt. Auch der Kühlschrank war reichlich gefüllt. Angstkäufe hatten ihn so voll werden lassen. Schließlich war uns tagelang der Zugang zu den Waren des täglichen Bedarfs verwehrt. Fing das Jahr gleich mit einer Einschränkung des guten Vorsatzes an. Aber was gut werden soll, braucht auch einen guten Plan und der will gut überlegt sein. Wie starten? Als erstes muss das häusliche Umfeld auf mein Vorhaben eingestellt werden. Der Kühlschrank muss geleert werden, um Platz für die gesunden Dinge zu schaffen. Wegwerfen ist nicht. Das kann dauern. Den Naschkram dürfen die Kumpels meines Sohnes verzehren. Bedeutet aber, dass ich pubertierende Jungs in meinen vier Wänden zu ertragen habe. Wir alle müssen Opfer bringen. Auf in den Keller. Vor vielen Jahren gab es mal einen Stepper als Geschenk. Irgendwo muss das Ding doch sein und richtig, in den Tiefen des in dem Mietzins enthaltenen Stauraumes, finde ich ihn. „Hallo, altes Haus.“ Weitgehend originalverpackt. „So siehst du also aus.“ Ein vertrautes Gefühl stellt sich nicht ein. Kurz danach weiß ich auch warum. Eine dicke Staubschicht verlieh dem Stepper ein neues Farbkleid. Mit meiner Hilfe findet das Sportgerät seinen Weg wieder nach oben. Ich fühle mich gleich besser. Haken hinter. Der nächste Schritt liegt vor mir. Was empfehlen die Fachleute? Nicht die Götter in Weiß oder die Autoren der beliebten Apotheker-Fachzeitschrift. Nein! Es gibt doch so viele Prominente, an denen man sich orientieren und die man sogar konserviert nach Hause einladen kann. Silberne Scheibe in den Player, Iso-Matte ausrollen und los. Die vielen gut gemeinten Ratschläge aus Werbung, Presse und Internet. Los geht die Recherche. Sollte ich mir eine Bewegungs-DVD für persönliches Training zu Hause zulegen oder eher einen Mitgliedsvertrag in einer der vielen Fitness-Buden unterschreiben? Eine Entscheidung, die nicht so schnell getroffen werden darf. Man kann einiges falsch machen und Fehler sind in meinem Vorhaben nicht einkalkuliert. In Kalenderwoche 1 + 2 gibt's bei Aldi & Co Sportbekleidung für den kleinen Geldbeutel. Farblich aktuell, extrem trendy und qualitativ hochwertig. Das ließe sich umsetzen. Sollte mein Plan scheitern, hätte ich mich wenigstens finanziell nicht ruiniert. Bei Recherchen im Netz treffe ich auf allerlei Schlagzeilen: Dünn und happy im neuen Jahr. So geht abnehmen. Schnelle Diäten. Die Auswahl ist gigantisch. Da gibt es die Kohlenhydrate-Diät, die Apfel-Essig-Diät, die Eiweiß-Diät, Kohlsuppendiät, Trennkostvariante, die Bauch-Weg-Diät und und und. Besonders empfehlenswert scheint mir auch die vorgeschlagene Kiwi-Diät meines Freundes: alles außer Kiwi. In diesem Diätendschungel sollte doch auch etwas für mich zu finden sein. Zehn Kilo in zehn Wochen kann ich beruhigt hinten anstellen. Als rettender Strohhalm, sollte alles andere nicht funktionieren. Die Bikini-Figur brauche ich erst zum Jahresurlaub im Sommer, also absehbar in ca. 24–28 Wochen. Plan B ist geboren, aber zurück zu Plan A. Die Überlegungen machen mich hungrig. Was ist eigentlich noch im Tiefkühlfach? Eis. Ich glaub es ja nicht. Das muss doch weg. Und keiner in der Nähe, der mir dabei helfen könnte. Schnell verschließe ich die Tür zur guten Stube. Rauf auf die Couch und den Fernseher angestellt. Wer hat nur die Fernbedienung versteckt? Soll ich mich etwa zum Zappen in Bewegung setzen? Ach hier liegt sie ja. Die Katze lag darauf. Glück gehabt. Im Werbespot zwischen „The Big Bang Theorie“ und „How I met your Mother“ verspricht mir Detlef D. Sost, er würde mich sexy machen. Der Typ entspricht zwar nicht meinem Geschmack, aber wenn er hält was er verspricht ... Seit dem Eis und dem Versprechen von Detlef, auch liebevoll Detta von mir genannt, vergehen dann doch noch ein paar Tage. Mein Vorsatz ist plötzlich nicht mehr so präsent. Es gibt wichtigere Dinge zu erledigen, die meine ungeteilte Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Erst kürzlich habe ich irgendwo gelesen, der BMI müsse nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ganz neu berechnet werden. Das gibt Anlass zur Hoffnung. Bislang nicht berücksichtigte Werte werden in die Formel mit aufgenommen. Ich spreche längst nicht mehr vom BMI, sondern vom RBMI, dem Rubens'schen Body-Maß-Index. Danach neige ich gar nicht mehr zu Adipositas, sondern liege doch tatsächlich weit unter dem gesunden Mittelwert. Und nun? Vielleicht sollte ich erst einmal mit dem Rauchen aufhören. Hatte ich schon lange vor. Welches Silvester war das noch mal? Aber Vorsicht, da droht Gewichtszunahme! Wie lautete gleich nochmal mein Vorsatz für das neue Jahr?

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