Dein Name ist zu schön, um wahr zu sein. Was bedeutet er?
Das ist ein spanischer Name, bedeutet Morgenröte und kommt in Spanien relativ oft vor, so oft wie z. B. in Deutschland der Name Monika. Lacasa („das Haus“) ist ein Name aus der Heimatregion meines Vaters, Aragon. Hier in Deutschland klingt es für viele exotisch und auch sehr schön.
Du hast spanische Eltern, bist in Paris geboren. Welche Rolle spielten und spielen deine kulturellen und familiären Wurzeln in deiner künstlerischen Arbeit?
Als ich anfing, auf einer Bühne zu stehen, war das im Oktoberklub mit Liedern des spanischen Bürgerkrieges, französischen Chansons und vertonten Gedichte von Federico Garcia Lorca. Dieser künstlerische Anfang hatte eine Menge mit der Biografie meiner Eltern zu tun, die ich nicht nur spannend fand, sondern vor der ich auch einen großen Respekt hatte.
Zur gleichen Zeit wurde das Zentralstudio für Unterhaltungskunst neu gegründet. Meine damalige und heutige enge Freundin Barbara Thalheim und ich haben uns dort beworben und dann eine Ausbildung als Sängerin mit Diplom absolviert. Inzwischen ist viel Zeit vergangen und ich bin mit meinen heutigen Liedern zu meinen Wurzeln zurück gekehrt. Die Liebe und der Respekt, die ich immer für meine Eltern empfinde, sind der Motor meiner künstlerischen Arbeit.
Waren die Mitglieder des Oktoberklub eher politischer oder aus künstlerischer Motivation in diesem Ensemble?
Der Oktoberklub war eine Gruppe von jungen Leuten, die zwar in erster Linie für politische Lieder standen. Sie standen aber auch für Lieder anderer Völker sowie Volkslieder aus aller Welt, was mich sehr gereizt hat. Beim Festival des politischen Liedes zum Beispiel habe ich meine Liebe für die lateinamerikanische Musik entdeckt.
Ich sah und hörte dort viele Gruppen aus aller Welt und fühlte mich in der Atmosphäre sehr wohl. Ich erlebte so zum Beispiel die Musik der chilenischen Gruppen und das hat mich erfüllt und in gewisser Weise auch geprägt. Heute sind es junge chilenische Musiker, die mich bei meinen Konzerten begleiten.
Du hattest die Chancen, deine musikalischen Vorlieben auszuleben. Gab es auch Grenzen, an die du als „Exotin“ gestoßen bist?
Nein, nicht wirklich, ich habe einfach erlebt, wie das so ist, wenn man jung ist und zwischendurch seinen eigentlichen musikalischen Weg verlässt. Ich wollte nach meinen ersten Erfahrungen auf einer Bühne das Singen zum Beruf machen, obwohl ich gerade eine Ausbildung für Studiotechnik beim Fernsehen beendet hatte.
Ich muss sagen, wenn man Talent hatte in der DDR wurde man wirklich gefördert und im Übrigen spielte das Geld im Gegensatz zu heute nicht die Rolle, um sich verwirklichen zu können.
Du hast in der DDR gelebt, aber durch deine Familie auch Internationalität erfahren. Was ist Deine Heimat?
Ich habe dieses Wort Heimat immer ein bisschen weggeschoben. Bin ich in Spanien – bin ich zu Hause, bin ich in Frankreich – bin ich zu Hause, war ich in der DDR – war ich zu Hause. Ich konnte das Thema Heimat für mich nie richtig beantworten.
Vor kurzem habe ich eine Lesung mit Schorlemmer erlebt dessen aktuelles Buch sich mit dem Thema Heimat beschäftigt, und er sagt: Heimat ist dort, wo du dich verwirklichen kannst und wo du Wurzeln geschlagen hast. Das hat mir geholfen, es für mich herauszufinden. Ich habe meine Kinder, meine Familie, meine Freunde hier und der größte Teil meiner Geschichte hat sich hier ereignet; ich denke, Deutschland ist meine Heimat.
Dein Programm heißt „Lebenslinien“. Welche Themen spielen in deinen Liedern eine Rolle?
Mit diesem Programm bin ich 2009 zu meinen Wurzeln zurückgekehrt. Es ist ein Programm mit Liedern von Mozart bis V. Jara, aus nah und fern und von gestern und heute, die ich in meinen drei Muttersprachen singe. Unter anderem von Gerhard Gundermann, Gerhard Schöne, Vertonungen von Lorca, N.Guillén und Inti Ilimani, aber auch meine neuen und auch altbekannte Lieder finden ihren Platz im Programm.
Begleitet werde ich von drei jungen chilenischen Musikern, die ausnahmslos Multi-Instrumentalisten sind und auf Naturinstrumenten spielen und die mit ihrer ansteckenden Spielfreude das Publikum begeistern werden. „Lebenslinien“ ist ein Programm, das zeigt, wie ich denke und fühle.
Im Programm soll es viel Raum für Poesie, Nachdenklichkeit und Lebensfreude geben. Welchen Gedankenanstoß gibst du uns in dem Programm?
Ich möchte meine Sichtweise auf menschliche Werte wie Respekt, Toleranz, Gewaltlosigkeit und Glück durch meine Lieder vermitteln. Die Dinge des Lebens sowohl mit dem Kopf als auch mit dem Herzen zu betrachten. Es sind aber auch Lieder voller Kraft und Lebensfreude.
Du bist eine Künstlerin ohne Skandale, orientiert auf Harmonie und Verständigung. Hast Du auch Ecken und Kanten?
Hab ich ohne Ende. (lacht) Ja, ich bin z. B. sehr ungeduldig, ich bin, was mir sehr oft im Wege steht, ein Perfektionist, ich genüge mir nie wirklich!
Du hast ein sehr eigenes Verhältnis dazu, eine öffentliche Person zu sein, ja du scheust in gewisser Weise öffentliche Auftritte. Rote Teppiche sind ein rotes Tuch für dich?
Weil ich diesen Zirkus nicht mag. Ich glaube, dass jeder von uns mit Recht seinen Platz im Leben hat und dass die Menschen, die nicht im Rampenlicht stehen, nicht unwichtiger sind als wir. Wenn eine Krankenschwester oder eine Verkäuferin abends nach ihrer Arbeit in mein Konzert kommt, dann mache ich nichts anderes als sie, ich versuche ihnen mit meinem Konzert die Früchte meiner Arbeit, also ein musikalisches Erlebnis zu schaffen. Deshalb finde ich, entweder sind wir alle Stars oder gar keiner.
Es gab eine Zeit, da hast du dich lange Zeit auch aus deiner Arbeit zurückgezogen. Warum?
Mir ist einfach das passiert, was jedem passieren kann, dass man in ein Loch fällt. Es gab einen Einschnitt in meinem Leben, eine Trennung, die hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen, da hatte ich das Gefühl, dass ich meine künstlerische Arbeit auch verliere. In dieser Zeit gab es Menschen und vor allem Freunde, die für mich da waren und mir geholfen haben, diese Situation durchzustehen.
Dazu gehört auch ab 2004 mein musikalischer Leiter, der vieles von dem, was ich künstlerisch schon immer wollte, umgesetzt hat. So kam eins zum anderen. Damals wusste ich nicht, was ich heute weiß. Dass, obwohl ich seit 1970 Sängerin bin, der Beruf mich und ich den Beruf erst 2004 so richtig gefunden habe. Ich war immer sehr beladen mit Ängsten, ich war nie wirklich glücklich, Schlagersängerin zu sein, das hat mich nicht wirklich künstlerisch erfüllt. Trotzdem war es eine schöne Zeit, die auch zu meinen Lebenslinien gehören.
Woraus schöpfst du Kraft für deine Arbeit, was beflügelt deine Kreativität?
Die ziehe ich aus meinem sehr harmonischen Privatleben, was ich jetzt habe – ich bin sehr glücklich und ich werde auf Händen getragen. Das genieße ich sehr, ich habe zwei wunderbare Töchter und wunderbare Freunde.
Meine Jungs (die Band) sind für mich die totale Inspiration. Viel Energie für meine Arbeit ziehe ich auch von meinem Publikum. Nach dem Konzert bleibe ich bei meinem Publikum und wir reden einfach - Das gibt mir Kraft.
Bleibt am Ende eines Konzertes eine Botschaft?
Meine Absicht ist schon, mein Publikum mit anderen musikalischen Kulturen bekannt zu machen. Wenn ich z. B. Lieder von quetchuanischen Indianern singe, dann weiß ich, dass die meisten genau wie ich nie etwas über Quetchua-Indianer gehört haben. Dann erzähle ich ihnen, was ich weiß und auch woher ich das weiß, nämlich von meinen Jungs. Dann spielen wir diese Lieder auch auf den typischen Naturinstrumenten.
Ich habe keine Message, ich möchte aber, dass die Menschen aus meinem Konzert etwas mitnehmen, was sie vorher nicht kannten und was ihnen hoffentlich gefallen hat. Allerding setze ich mich in meinen Liedern auch mit der heutigen Gesellschaft auseinander, mit der ich nicht immer konform gehe. Spreche viele Themen an, die mich berühren und beschäftigen, wie z.B. Kinderarmut in Deutschland. Ich fühle sehr oft gleiches Denken und Fühlen beim Publikum und das verbindet uns in einer besonderen Weise.
Welche Erwartungen hast du an dein Publikum?
Neugierde und Bereitschaft, von mir etwas ganz Neues zu empfangen. Ich passe eigentlich in gar keine Schublade, mit dem was ich mache. Wenn das Publikum mir mit Kopf und Herz folgt, dann ist das für mich ein großer Erfolg, der mich glücklich macht.
Was assoziierst du mit Köpenick?
Ich war so lange und gerne Köpenickerin, bis auf die ewigen Baustellen. Die Bölsche war schon immer eine Straße, die sehr individuell war. Ich freue mich auf das Union, das komplett neu für mich ist. Habe keine Vorstellung, weil ich noch nie dort war, aber ich habe mir sagen lassen, dass es sehr schön und intim sein kann mit seinen ca. 200 Plätzen. Ich habe es gern, wenn ich in die Gesichter der Menschen schauen kann und auf ihre Reaktionen reagieren kann.
Das heißt, die O2-World wäre nichts für dich?
Davon hängt die Kunst nicht ab, ob der Saal groß oder klein ist, schick oder alt. Ich habe auch schon in Fabrikhallen aber auch im ausverkauften Konzerthaus Berlin gesungen - ist für mich nicht so wichtig. Ich brauche meine Jungs, mein Publikum und dann kann‘s losgehen.