Wie gestaltet sich Deine Arbeit vor Ort?
(7.5.2013 in einer Trans All nach Mazar-e-Sharif)
Ich habe vor unserem Hotel in Kabul eine Verbotstafel fotografiert. Darauf sind durchgestrichen: eine Kalaschnikow, eine Pistole, ein Fotoapparat und eine Videokamera – mehr nicht, nur diese vier Gegenstände. Das sind also die wirklich gefährlichen Dinge: Schusswaffen und Kameras.
Drehen heißt in Kabul, sich durch den Stau quälen, zig Checkpoints passieren, manchmal aufkommende Panik unterdrücken, wenn man zwischen zwei Tanklastwagen gerät. Die plötzliche Erkenntnis, das, wenn hier ein Sprengsatz gezündet werden würde, im Umkreis von einem halben Kilometer alles weg wäre. Es ist ein ständiges Abwägen zwischen aufkommender Hysterie und realer Gefahreneinschätzung.
Jede zweite Straße ist blockiert, Checkpoints, Mauern, Wachtürme - und alles darf selbstverständlich nicht gefilmt werden. Vieles drehen wir heimlich. Wir haben eine Taschentuchbox so zerschnitten, dass die Linse einer kleinen HD-Kamera herausschaute. Damit sind wir durch eine Sicherheitszone gefahren, um zu dokumentieren, wie festungsartig die Stadt inzwischen aussieht. Diese Einstellungen waren die ersten Bilder des Tagesschaubeitrages, den wir aus Anlass des Todes eines Bundeswehr-Elitesoldaten zum Thema Sicherheit in Afghanistan gemacht hatten.
Schnitt und Überspieltechnik sind im Hotel aufgebaut. Tagsüber drehen wir, später übersetze ich die O-Töne, kopiere das Material und benenne die Takes, nebenbei werden nächste Termine vereinbart, Reiserouten organisiert etc. Zur Vertonung, also der Aufnahme des Kommentartextes, mussten wir im Nachbarzimmer kurz um Ruhe bitten. Der Nachbar, ein Afghane, war gerade dabei lauthals mit einer russischen Prostituierten über Skype zu verhandeln. Das sind nicht gerade Studiobedingungen, unter denen wir produzieren. Solch ein Arbeitstag dauert locker 12 - 14 Stunden.