Wieviel Tesla steckt im Grundwasser?

Steffen Schorcht über Störfälle, Wasserrationierungen und warum er den Bürgermeister von Grünheide einen Lügner nennt.
Schon früh äußerte Steffen Schorcht als engagiertes Mitglied der Bürgerinitiative Grünheide fundierte Bedenken hinsichtlich der Ansiedlung des Teslawerkes im Naturschutzgebiet Löcknitztal.
https://www.youtube.com/watch?v=vEczmKHYjDE   Herr Schorcht, zitiere ich Sie richtig? Laut ihren Worten ist die Teslaansiedlung eine Chance für die Demokratie. Wie meinen Sie das? Ich hoffe, dass wir hier gestärkt rausgehen. Es sind viele Bürger verärgert und sehen, dass viele Entscheidungen über ihre Köpfe hin getroffen werden, dass sich ihre Lebensqualität verändert und sie nun wesentlich größeren Belastungen ausgesetzt sind: Luft, Wassergefährdung, Lärm – die ganze Infrastruktur ist überlastet. Wir gehen davon aus, dass bei den nächsten Kommunalwahlen auch ein größerer Anteil von Bürgern sagt:
„Wir müssen hier selber aktiv werden.“
Wie in anderen Bereichen auch ist Tesla ein Katalysator für diese Prozesse. Unternehmen wie Tesla sind die Grundlage für die Verkehrswende. Irgendwo müssen die Fahrzeuge und die Batterien gebaut werden. But not in my backyard! Haben Sie dieses Argument schon einmal im Zusammenhang mit ihrem Engagement hier vor Ort gehört? Ich verstehe wenn jemand aus Hannover sagt, „es ist doch schön, wenn hier jetzt Teslas gebaut werden“. Aber wer kümmert sich um eine kritische Begleitung? Das können ja nur die Menschen sein, die vor Ort wohnen. Wir haben natürlich auch unsere eigenen Bedürfnisse und es ist unser gutes Recht, festzustellen:
„Es wird lauter, es wird dreckiger, die Belastungen werden höher.“
Als Zweites geht es um Auswirkung über das eigene Befinden hinaus. Wir haben eine große Zuspitzung im Bereich Wasser, nicht nur hier im Bereich Tesla, sondern im gesamten Land Brandenburg und auch in Gesamtdeutschland. Da übernehmen wir Verantwortung. Noch mal: Das Voranbringen der E-Mobilität ist die Grundlage für die Verkehrs- und schließlich auch der Energiewende. Tesla wird die Mobilität in Deutschland großen Schritt voranbringen. Müssen für diese Entwicklung nicht Pioniertaten vollbracht und Zugeständnisse gemacht werden? Es ist keine Verkehrswende, wenn man einen SUV, der durch Diesel oder Benzin betrieben wird, durch Elektro-SUV austauscht. Eine Verkehrswende wäre, wenn Verkehr mehr in Richtung öffentlicher Verkehrsmittel geht. Zur Energiewende kommt das Argument, dass man ja durch weniger Verbrenner weniger CO2-Ausstoß hat. Bei der Nutzung gibt es eine Einsparung und hier bietet die Elektromobilität Vorteile. Es gibt aber drei Phasen: Die Produktion, die Nutzung und die Entsorgung. Was die Produktion betrifft kann von Einsparung keine Rede sein. Bei der Entsorgung haben wir noch viele ungelöste Probleme, insbesondere bei den Batterien. Wenn man die Rohstoffgewinnung mit einbezieht, ist der CO2-Ausstoß möglicherweise sogar höher. Es wird hier also keine CO2-Einsparung geben. Im Zusammenhang mit der nächsten Erweiterung des Tesla-Geländes nennen Sie den Bürgermeister von Grünheide einen Lügner. Warum diese schrillen Töne? Wir gehen davon aus, dass die Erweiterung (um 170 ha, Anm. der Redaktion) schon von Anfang an Bestandteil des Deals war. Es gab bereits Ende 2019 Hinweise, dass Tesla diese Fläche wahrscheinlich noch erwerben wird. Es fanden dort bereits Vermessungen und sogenannte Kartierungen statt. Kartierung heißt, man erfasst die Arten, die auf diesem Gebiet heimisch sind, damit man dann im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung den Anforderungen gerecht wird. Diese Kartierung kann nicht ohne die Kommune gemacht werden. Die kommunale Verwaltung von Grünheide muss gewusst haben, dass es hier weitere Pläne gibt, diese Fläche zu erwerben und damit natürlich auch der Bürgermeister Christiani. Der hat das aber dementiert. Er hätte dies erst kurz vorher erfahren, als alle anderen das auch erfahren haben. Stichpunkt Wasserknappheit – die gab es bereits vor der Teslaansiedlung. Nun ist jedoch von Wasserrationierung die Rede und ab 2025 spricht man von 126 Liter pro Tag pro Person. Das ist das jetzige Mittel und da soll es noch runtergehen auf 105 Liter pro Tag pro Person für Bestandskunden ab 2025. Für Neukunden soll das mit Zuzug erfolgen. Der Wasserverband ist gezwungen, mit den Ressourcen, die zur Verfügung stehen, Planungen zu machen. Das hört sich erstmal viel an, aber man soll sich nicht täuschen, allein wenn wenn man Besuch hat, dann sind diese Mengen schnell überschritten, die einem zur Verfügung stehen. Auf dem Teslagelände gab es jüngst ein Störfall … ? Das ist korrekt. Die Formulierung laut Landesamt für Umweltschutz lautet jedoch „Störung im Betriebsablauf“. Die war am 11. Mai, aber wir haben vorher schon Störungen festgestellt. Das erste war die Betankung im Wasserschutzgebiet. Das mussten wir anzeigen. Die Behörde hat erstmal überhaupt nicht reagiert. Die haben es gar nicht wahrgenommen. Das 2. größere Ereignis war am 4. November letzten Jahres. Da hatten wir eine Niederschlagsmenge von rund 70 Litern pro Quadratmeter in 24 Stunden. Das hat hier zur totalen Überflutung geführt. Es musste Wasser abgepumpt werden und ein Großteil des Wassers ist in den Grund gelangt. Wir wissen nicht, was reingekommen ist und dieses Wasser fließt zur Brunnenanlage. Dann hatten wir jetzt dieses größere Ereignis am 11. Mai. An diesem Tag sind rund 15000 Liter in der Lackiererei ausgelaufen aus einem Galvanikbecken. Also eine Substanz, wo die Lackteile auf dem entsprechenden Karossenelement aufgebracht werden. Diese enthalten natürlich Chemikalien. Es hat dann eine Dokumentation durch ein Foto gegeben. Außerhalb der Halle, womit Bindemittel Flüssigkeit gebunden wurde. Es war zu diesem Zeitpunkt unklar, was das war. Die BI hat dann über Nachtarbeit alle Videos gesichtet, die öffentlich zugänglich waren. Wir haben festgestellt, dass es bereits Tage davor an dieser Stelle feuchte Flecken gab und das hat uns natürlich alle sehr beunruhigt. Mittlerweile hat die entsprechende Behörde dargelegt, es wären am 09. und am 10. Mai Flüssigkeiten im Rahmen von Tests einer Pumpanlage für die Feuerwehr ausgetreten. Es sind hier viele Ungereimtheiten, insbesondere das Tesla den Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die Flächen bis zur Halle zu versiegeln. Wir haben (an der Stelle) offenes Erdreich und es ist völlig unklar, was bei der „Störung des Betriebsablaufes“ in den Grund gekommen ist. Wir finden es erschreckend, dass erst zwei Tage später von der Unteren Wasserbehörde eine Begehung gemacht wurde. Es wurden offensichtlich nicht mal Proben entnommen. Sind Ihnen diese Inhaltsstoffe, die dort ausgetreten sind, bekannt? Ja, die Naturschutzverbände und der Wasserverband haben die Dokumente bekommen. Diese Stoffe werden als gering gefährdend für das Wasser eingestuft. Allerdings ist ein Stoff dabei, der flüchtig ist. Dass heißt, er verdunstet und kann dadurch möglicherweise auch Schäden hervorrufen, wenn man diese Substanz einatmet. Ihre Prognose, bitte: Wie lange wird das Teslawerk bestehen? Wir wissen natürlich nicht, wie die Zukunft aussieht, aber die Rahmenbedingungen haben sich auch für Tesla verändert. Zum einen gibt es mehr Mitbewerber, zum anderen sind die Rohstoff- und Energiepreise massiv nach oben gegangen. Soweit wir wissen hat auch Tesla Rohstoffe aus Russland bezogen und Tesla braucht sehr viel Erdgas für die Heizung der Schmelzwanne für Aluminium. Aluminium wird zwar elektrolytisch geschmolzen, aber es muss eben der Grundkörper kontinuierlich erwärmt werden. Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt, ob es sich für Tesla überhaupt noch lohnt hier an diesem Standort zu produzieren. Für diese ungewisse Perspektive hat das Land Brandenburg jedoch recht beherzt investiert. Ja, das ist leider das Problem, dass viele Steuergelder investiert wurden. Ob sie verbrannt wurden, wird die Zukunft zeigen, aber man hat sehr unausgewogen agiert, hat wenig den Standort bewertet und hat verschiedene Szenarien einfach nicht durchgespielt.
Mehr aktuelle Infos: www.bi-gruenheide.de

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