Reden Sie Tacheles, Herr Janosch!

Die schöne Geschichte des Stahlbades der Verlage und Konzerne
Wer Janosch als romantischen Kuschelbär- und Tigerfuzzi zu kennen glaubt, muss bei diesem Buch ganz schön schlucken. Dass es unter der Heile-Welt-Oberfläche schon seit Jahren gewaltig brodelt, was Rechte, Lizenzen und Verträge betrifft, ist eigentlich kein Geheimnis – Janosch hat in Zeitungsinterviews schon öfter darüber gesprochen –, aber noch nie wurde das Thema von ihm derart schonungslos seziert wie hier.

tigerente

Was dieser so heiter wirkende Mann an Verlags- und Vertragsbetrügereien, Psychoterror, Konzernmachenschaften und Lizenzintrigen alles erlebt hat! Schon seit Jahren droht man ihm mit Klagen, sollte er diese Dinge in die Öffentlichkeit tragen; doch jetzt scheint Janosch genug zu haben. Nicht um seinetwillen hat er dieses, ja: Enthüllungsinterview gegeben, sondern um Fans vor dem Kauf der Janosch-Aktien zu warnen. Auf die Prozesse, die die „Janosch Film- und Medien-AG“ nun anstrengen will, scheint er sich geradezu teuflisch zu freuen – kommt doch dann endlich mal die Wahrheit der so übel verharmlosten und verkitschten Janosch-Erfolgsstory raus!

anosch ist kein Romantiker, sondern Profi; das Stahlbad, durch das er ging, ist keinem Autor zu wünschen, weswegen ich dieses Buch auch jedem ans Herz lege, der sich in die Welt der Verlage wagen will. Selbst der Interviewer Jörg Merk scheint überrollt – manchmal ist ihm das fast zu viel „Tacheles“, und immer wieder bittet er, geradezu hilflos wirkend, seinen Gesprächspartner, doch auch mal „eine schöne Geschichte“ zu erzählen.

Gewiss, Janosch hat auch schöne Geschichten erlebt, und manche erzählt er hier auch – aber seine Geschichten sind nie idyllische Märchen, sondern haben alle ihre Wurzeln in der Realität, wo „schön“ und „furchtbar“ mitunter ganz nahe beisammen liegen. So haben die meisten von Janoschs unverwechselbaren Gestalten ihren Ursprung in der kleinen oberschlesischen Grubenarbeitersiedlung Zaborze B, wo Janosch, damals noch Horst „Hotek“ Eckert, im Dritten Reich aufwuchs, und diese Zeit war bekanntlich kein Zuckerschlecken.

Janosch ist progressiver Anarchist und Zen-Buddhist geworden, ein hellwacher, klarer Geist, der die Missstände erkennt und thematisiert, aber sich von ihnen nicht fertigmachen lässt. Ohne Zen hätte er an dem Ausmaß der Vertragsschweinereien, die seine Karriere begleitet haben, schon längst durchdrehen können.

Was um Janoschs berühmteste Figur, die Tigerente, für eine Schlacht tobt, wie es kommt, dass Janosch von den Merchandising-Millionen, die mit seinem Namen verdient werden (Janosch-Kalender, Tigerenten aus allen möglichen Materialien, Janosch-Käse, Janosch-Klopapier) fast keinen Cent sieht und oft nicht einmal weiß, was da alles unter „Janosch“ verkauft wird, was man unter „Flughafenverträgen“ versteht, warum keine neuen Bücher von ihm mehr erscheinen: Dies und noch viel mehr erfährt man in diesem Buch, genau bis ins Detail.

Für Leute, die Janosch besser kennenlernen wollen, ein wichtiges Buch – und für Leute, die bisher nicht verstanden haben, wie derart reizende und liebliche Merchandising-Produkte Teil einer riesengroßen organisierten Kriminalität sein können, ebenfalls. Die Bavaria Sonor hat übrigens prompt reagiert und den Herausgeber Jörg Merk mit Drohungen einzuschüchtern versucht: Sollte er die Auflage nicht umgehend einstampfen lassen oder gewisse Stellen im Buch mit schwarzen Balken versehen, sieht man sich vor Gericht. Nun wird die Klage vorbereitet, da Merk den Schwanz nicht einzuziehen bereit ist. Insofern wird 2009 wohl ein wichtiges Jahr im Janosch-Universum sein!


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