Im Schatten des Hauptmanns

Alt Köpenick
Allen erdenklichen Hindernissen trotzend, habe ich es geschafft, die Altstadt mit dem Auto zu erreichen – als alter Köpenicker lässt man sich nicht so leicht von Umfahrungshinweisen und Verbotsschildern foppen – und erwische doch tatsächlich einen der drei zahlreichen Parkplätze an der Dammbrücke.

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Ein herrlicher Sonnentag lädt mich zum Bummel in den weltbekannten Teil unseres Bezirks, in der Hosentasche fühle ich die dicke Rolle Hunderterblüten und habe zur Sicherheit noch 3 – 4 gefälschte Kreditkarten an Bord, mir ist zu Ohren gekommen, Trickbetrüger erhielten hier statt Knast einen Platz im Geschichtsbuch und tugendhafte Werte wie die Freundschaft Kattes zum „jungen“ Fritz belohne man mit dem Richtschwert. Da wundern dich die Köpenicker Weltwunder?

Die Bürgersteige von Alt Köpenick sind mit ihrer ungefähren Breite von ca. 25 cm dem Besucherstrom angemessen und wer sich nicht an der wütend bimmelnden Straßenbahn stört, kann ruhig auch auf der Fahrbahn flanieren, Autos finden hier dank der genialen Verkehrsführung garantiert nicht her. Das wäre nicht negativ zu werten, gäbe es Hinweise auf zur Verfügung stehenden Parkraum. So aber bleibt man unter sich in Köpenick, ohne störende Touristen. Hier ist nicht erwünscht, wer die die Stadtkasse füllt, hier bekommt man Orden … na, ihr wisst schon, ich wiederhole mich.

In den Gassen stoßen nette Cafés, Feinkosthändler und andere Gewerbe ihre Sprossen hartnäckig durch die dicke Betondecke der Köpenicker Verwaltung und öffnen ihre Blütenvielfalt den Dingen, die da kommen. Vergeblich trachtet der Hofstaat diesem stilvollen Leben nach der Wurzel und lädt eiligst unter dem Deckmantel Winzerfest und Köpenicker Sommer Ramschhändler in die historische Kulisse, um der Welt zu zeigen, dass es hier ein Niveau gibt, das flacher ist als der Müggelsee tief.

Jazz in Town bleibt ein Geheimtipp und verkrümelt sich in die Festung Rathaushof, und der hofeigene Event-Messias hat nicht mehr auf der Pfanne, als zum Beat im Katzengraben sein altes FDJ-Kollektiv wieder auf die Bühne zu zerren.

Wie stark sich des Volkes Anspruch von dem seiner Volksvertreter unterscheidet, kann man jedes Jahr am von Köpenicker Bürgern aus der Taufe gehobenen Kietzer Sommer begutachten. Dieser entwickelt sich mehr und nachhaltig zum Publikumsmagneten. Ich nehme einen Schwarzen im traumhaften Mokkaffee, erwerbe eine Flasche sündhaft guten Weines am Schloßplatz und setze meinen Spaziergang fort. Es gibt hier so viel zu sehen, so viel zu genießen und noch viel Platz für gute Ideen.

An der Ecke Rosenstraße treffe ich meinen Freund Ben, er steht vor seinem Antikladen, verabschiedet eine Kundin mit rheinischem Akzent, die, wahrscheinlich konspirativ, ein kostbares Möbelstück bei ihm kaufte. Den Laden schließt er ab und wir lassen uns in der Rosendiele bei einem kühlen Blonden Deftiges zu äußerst fairem Preis servieren. Ich entsinne mich des Kunstgewerbemuseums im Schloss, verwerfe aber den Gedanken an einen Besuch wieder. Wen interessiert schon eine Kopie von Omas Fotoalbum ihrer Sammeltassen? Aber das Schloßparkcafé?

Ein anderes Mal, und dann mit Besuch aus dem Rheinland, versteht sich …


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