Schleiche über die Bölsche. Schön zur Seite schauen, in die Fenster! Bloß niemand ansehen. Ruhe. Das Dauergrinsen der grüßenden FHler, heute nicht auszuhalten. Ein Hinterhof, das ist es. „Cafe im Stil der 50er Jahre“. Was ein Name. Ist ja noch blöder als Panda Coffee, nur eben länger. Unwahrscheinlicher toller Tag heute, besteige strahlend die gelbblaue Oase. Etwas überschwänglich. Brülle Hallo. Bin ja eh allein. Wird schon niemanden stören, lärm ich halt. Zweites Hallo, nicht ganz so laut, noch eins fragend. Hinsetzen, abwarten. Nierentischchen, Ledersofachen, es ist wunderbar freundlich. Nehme das letzte Maulbeerblatt zum Lesen. War kurz mal im Urlaub, fliegt gleich mein Artikel raus. Beleidigte Lebersäcke. Würden wohl auch gern in Urlaub. Soll’n se halt ordentlich arbeiten. Na ja, dann eben das andere Zeug. Dritter Artikel, schrecke auf.
Strahlendes Hallo und das freundlichste Lächeln von der schönsten Kellnerin reißen mich aus dem Lesetrott. Bin verdattert. Bestelle Tee. Gewohnheit der letzten 14 Tage. Erst nach dem: Gern, kommt sofort! fällt mir ein: Kaffee!!!! Kein Problem, kommt sofort. Bin fertig mit dem Cafe. Wann soll ich denn jetzt über die lange Wartezeit nörgeln? Mein Weib, die wunderbarste aller, kommt. Endlich. Frühstücken. Ruhe. Allein. Ok, nicht hier. Jetzt kommen alle, die Teenies. Von 1954. Schluss mit Ruhe. Die Kleine läuft, freundlich. Erfüllt alle Wünsche. Frühstück macht sie. Liebevoll. Signal Hunger: sie, ab in die Küche, weg. Denke an Verantwortung. Was wenn ich Toast Hawaii bestelle, schwupps sie ist weg, auf zur Insel. Sie im Flieger wir, die anderen auf dem Trockenen. Hungernd. Frage lieber nach Baguettes. Sind handgemacht. Darf mir wünschen was ich will. Wunderbar. Mein Weib, die schönste aller, nur Frühstück. Das geht so nicht. Ich brauche Extras. Bestelle Toast Hawaii. Und Baguette, speziell belegt. Und Kaffee. Und Wasser. Und Apfelschorle, für mein Weib, die Göttliche.
Keine Tomaten, nicht auf dem Baguette, nicht auf dem Toast, nicht auf meinem Teller. Strahlend wie ein Stern nimmt sie die Bestellung entgegen. Gern! Schwupp, weg. In die Küche. Kaffee kommt. Später. Apfelschorle. Schaue umher. Alle reden. Miteinander! Phantastisch. Selten so viele Kids gesehen. Kinder der 50er. Noch im Kaffee sitzend und redend. Ein paar Händchen haltend. Traumhaft lächelnd harren sie geduldig. Strahlen. Zeit. Spielt keine Rolle. Bin entzückt. Konzentriere mich, mich nicht auf Zeit zu konzentrieren. Frühstück kommt. Frage nach meinem Wasser. Vergessen, aber das sagt sie so was von liebevoll strahlend, dass ich mich jetzt richtig auf mein Wasser freue.
Nebenan gibt’s Wiener. Dekoriert als ging es um den Maulbeerpreis. Wasser kommt. Mit Zitrone. Naja, manche Sachen werden wir wohl nie abstellen im SüdOSTEN. Baguette kommt. Wunderherrlich gebacken und belegt. Köstlich. Keine Tomaten. Toll. Wartezeit? Egal. Kann ja reden, flirten, lesen, schauen, hab ja meine Herzensschöne zum Händchenhalten. Die Einrichtung ist herrlich gelb, das blaue Leder der Stühle, die Details der 50er. Ständer, Bilder, Vasen Bücher. Zurück in der Zukunft, oder doch nur heute in der Vergangenheit? Schnatter mit meiner Göttin. Toast Hawaii? Zeit? Unwichtig. Gut, wusste ja nicht, dass wirklich jemand nach Hawaii fliegt. Tara, das Toast. Strahlend stolz vom Servierengel vor mir platziert. Und das Beste: Die Dinger schmecken einfach. Viel besser. Mit Zeit. Lange nicht mehr so in einem Caffee gesessen, die Zeit: weg und doch viel wirklicher. Sollte viel öfter reisen, nicht in die Welt, sondern in die Zeit. Komme sicher zurück, zurück in die Zukunft der 50er des jetzigen Caffees.