Treptow-Köpenick wächst und damit auch die Zahl der Verkehrsteilnehmer, der Baustellen und Staus. Weniger dagegen werden (zumindest gefühlt) die Zahl der Parkplätze - und die Bereitschaft etlicher Autofahrer, Radfahrer oder Hundebesitzer (um nur einige Beispiele zu nennen), sich an die geltenden Regeln zu halten. Jeder kennt sie: die zugeparkten Gehwege, den Müll in den Grünanlagen oder die Hundebesitzer, denen Fiffis Bewegungsfreude wichtiger ist als die Sicherheit spielender Kinder oder Ruhe suchende Senioren. Klar, die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hält sich an die Regeln und handelt rücksichtsvoll. Um die anderen kümmern sich die 78 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes.
Dreißig von ihnen überwachen beim Allgemeinen Ordnungsdienst den ruhenden Verkehr, den Fahrradverkehr in Fußgängerzonen und auf Gehwegen. Meist sind sie zu Fuß oder mit ihren Dienstfahrzeugen unterwegs. Seit Ende April 2018 versehen vier von ihnen nun auch radfahrend ihren Dienst. Denn wie auch andere Berliner Bezirke hat Treptow-Köpenick eine eigene Ordnungsamt-Fahrradstaffel eingerichtet. Immer zwei Kollegen sind gemeinsam auf Streife unterwegs - „je nach Witterungslage“ wie es aus dem Ordnungsamt heißt.
Sportliches Pensum gegen Falschparker - aber keine Erfolgsstatistik
Bis zu 30 Kilometer legen sie dabei mit ihren Diensträdern pro Schicht zurück, abhängig von der Größe des Streifengebietes. Die Fahrräder sind schon einige Jahre alt und wurden bisher nur im Ausnahmefall benutzt - zum Beispiel, wenn Dienstautos wartungsbedingt ausfielen. Neue Räder sind geplant. Immerhin haben die Dienstkräfte der Fahrradstaffel neue Fahrradkleidung für rund 1.500 € bekommen - inkl. Funktionsshirts, Helmen und Fahrradhandschuhen. Die Funktionsshirts waren bei den ganz überwiegend fahrradfreundlichen und sehr sommerlichen Temperaturen sicher hilfreich. Die Erfahrungen der Fahrradstaffel nach knapp drei Monaten sehen so aus: Geahndet wurden hauptsächlich nichtverkehrsrechtliche Ordnungswidrigkeiten, wie bspw. freilaufende Hunde in Grünanlagen. Hinzu kamen - wenig überraschend - verkehrswidrig parkende Kfz auf Fahrradwegen.„Brennpunkte sind bisher nicht zu erkennen“, so Rainer Hölmer.Ob die radfahrenden Ordnungsamtsmitarbeiter nun erfolgreicher gegen unwissende oder unbelehrbare Bürger vorgehen, als ihre Auto fahrenden oder laufenden Kollegen, lässt sich nicht sagen. Denn: Über den Einsatz der Fahrradstaffel wird keine gesonderte Statistik bzw. keine „Erfolgskontrolle“ geführt. Das ist schade, denn laut Pressemitteilung des Bezirksamtes soll die Fahrradstaffel „einen Beitrag leisten, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Bezirk noch fahrradfreundlicher zu machen“. Wie soll das gehen, wenn es dazu keine Zahlen gibt?
Mit den Augen der Radfahrenden
Wir wollten wissen, ob sich der Bezirk in punkto Verkehrssicherheit und Fahrradfreundlichkeit konkrete (also messbare) Ziele gestellt hat. Der zuständige Stadtrat Rainer Hölmer, der selbst passionierter Radfahrer ist und oft mit dem Rad zur Arbeit fährt, antwortete darauf: „Die Dienstkräfte der Fahrradstaffel nehmen den Straßenverkehr und seine Gefahren mit den Augen der Radfahrenden wahr. Mehr als ihre motorisierten Kollegen sind sie daher in der Lage, die Beschaffenheit einer Verkehrsanlage oder die Verkehrsführung sowohl hinsichtlich ihrer Fahrradfreundlichkeit wie auch im Hinblick auf eine potentielle Gefährdung für Radfahrende zu betrachten. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse liefern Impulse für die Arbeit der Straßenverkehrsbehörde und fließen in die Planung der künftigen Baumaßnahmen ein. Die Kollegen der Fahrradstaffel ahnden Verstöße, die vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer gefährden - zu Fuß gehende, radfahrende und mobilitätseingeschränkte, u.U. auf Hilfsmittel wie Rollstuhl oder Rollator angewiesene Menschen. Dank ihrer besonderen Perspektive fördern sie ein faires Miteinander im Verkehr. Zusätzlich wird das Fahrrad als umweltfreundliches und flexibles Einsatzmittel genutzt.“Radelnde Polizei und Ordnungsamt: Austausch erwünscht
Wo und wann es im Bezirk besonders häufig zu brenzligen Verkehrssituationen kommt (oder gar kracht), darüber könnten sich die OA-Mitarbeiter am ehesten mit der Polizei der Direktion 6 austauschen - und so ihre Einsätze gegebenenfalls auf bestimmte Areale und Zeiten konzentrieren. Schließlich sind auch die Polizei-Kollegen der für den Südosten Berlins zuständigen Direktion 6 bei Sondersteifen mit Diensträdern unterwegs und könnten wertvolle Erfahrungen beisteuern. Eine eigene Polizei-Fahrradstaffel gibt es dort bislang jedoch nicht. Doch auch das könnte sich ändern, denn in anderen Bezirken ist die Polizei seit längerem zweirädrig unterwegs. Seit 2014 läuft das Pilotprojekt Fahrradstaffel der Berliner Polizei mit 20 Polizisten, sie sind vor allem in Berlin-Mitte zwischen Alex und Regierungsviertel unterwegs. Immer wieder wird über eine Ausweitung diskutiert. Laut Medienberichten haben Untersuchungen der Versicherer ergeben, dass die Polizisten auf Fahrrädern das Unfallgeschehen positiv beeinflussen. Der Modellversuch in Mitte habe insbesondere zu einem Rückgang von Radfahrerunfällen mit Schwerverletzten oder Toten geführt.100 Fahrradpolizisten für Berlin - zehn für Treptow-Köpenick?
Die Arbeit der Fahrradpolizisten dort gilt als erfolgreich und ist gut dokumentiert: Rund 67.000 Verkehrsordnungswidrigkeiten haben die Beamtinnen und Beamten zwischen Juni 2014 und März 2018 in ihrem Einsatzgebiet festgestellt. Wenn es nach dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ginge, dann sollten mindestens 100 Fahrrad-Polizisten unterwegs sein - und zwar berlinweit. Entsprechende Pläne sollen bei den Verhandlungen für den nächsten Haushalt im Jahr 2020 eingebracht werden. Ehe der verabschiedet und die neuen Fahrradpolizisten - gegebenenfalls - eingestellt sind, kann noch viel Zeit vergehen. Vielleicht gelingt der Personalausbau in den Ordnungsämtern ja schneller? Warum nicht zehn statt nur vier radelnde Kollegen? Im Sinne der Verkehrssicherheit und Ordnung wäre es jedenfalls. Bis dahin ist weiter vor allem zweierlei gefragt: gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer (auch der des ruhenden Verkehrs) sowie bestmögliche Kooperation zwischen Verkehrsplanern, Polizei und Ordnungsamt.Worum kümmert sich das Ordnungsamt?
Wer mehr über die Arbeit des Ordnungsamtes Treptow-Köpenick wissen möchte, findet hier Aufgaben und Ansprechpartner.
Wo kann ich Störungen melden?
Wer sich an Lärm, Müll, Falschparkern o.ä. stört, kann Hinweise über das Internetportal Ordnungsamt-Online oder eine Ordnungsamts-App übermitteln.