Nachhaltigkeit als Bonusthema

Seit dem 12.01. 2019 ist Treptow-Köpenick Fairtrade-Town
We are living on a plastic planet und auf den Kosten von Natur und Entwicklungsländern. Der dringend nötige Wandel schreitet nur langsam voran. Da erklären nun schon Kinder wie Greta Thunberg den Erwachsenen die Weltlage. Was ist da los? Und gibt es eine Greta für Treptow-Köpenick?
Mehrere Bürger im Weißblechdosenkostüm
Foro: iStock/happy window

Umdenken

Nachhaltigkeit und diese ganzen Themen, werden in deutschen Verwaltungen immer noch als Bonusthemen gedacht“, so Dennis Lumme, der Koordinator für Entwicklungspolitik in Treptow-Köpenick. Die Argumente sind immer die selben: „Dafür haben wir kein Geld, keine Personen, kein Büro.“

Dass die Stelle von Lumme existiert ist ein schönes Gegenbeispiel. Welches allerdings nicht auf das alleinige Verantwortungsgefühl deutscher Behörden zurückzuführen ist. Lumme betont, dass diese Stelle von unten gewachsen sei. Sie sei ein Förderprogramm vom BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) und läuft über Engagement Global, „das sozusagen der Geldverteiler des BMZ ist“.

Und was bringt diese Stelle? Lumme meint:

„Es ist quasi als Initialzündung gedacht, um das Thema Nachhaltigkeit in verschiedenen Weisen zu denken.“

Konkret heißt das, das Einhalten der Lokalen Agenda 21, die auf den Vereinten Nationen fußt. Es geht dabei im Grunde um Leitlinien für eine nachhaltige, zukunftsfähige, sozial gerechte, ökonomisch tragfähige und die Natur schützende Entwicklung. Treptow-Köpenick bekannte sich im Jahr 2004 zu dieser Agenda.

Diese Agenda lief 2015 aus und findet seine Weiterführung in der Agenda 2030. Diese beinhaltet 17 Nachhaltigkeitsziele (SDG: Sustainable Development Goals).

In dieser Agenda gibt es ein Umdenken. Der Blick richtet sich auf eigenes Fehlverhalten: „Wir finanzieren unseren Lebensstil auf den Schultern der anderen. Und das zu hinterfragen ist jetzt die Aufgabe - diese lokale Agenda zu überarbeiten und dabei einen Beitrag dazu leisten, dass diese Ziele vorangebracht werden“, so Lumme.


Bitte nicht so abstrakt

Das dachte sich auch Lumme und führte Workshops zu jedem der Ziele ein, „[...] wo wir ein „Best Practice – Beispiel“ vorstellen – quasi als Veranschaulichung was bedeutet überhaupt so ein Ziel? Was bedeutet das auf kommunaler Ebene? Wie arbeiten wir schon daran? Und dann ausgehend davon Ideen sammeln, diese gruppieren und daraus Maßnahmen erarbeiten. Dann ist auch klarer wer welchen Aspekt bedient, wo man Verbündete findet und dann wird diese Maßnahme Teil der bezirklichen Strategie!“ 


Fair gehandelter Kaffee beim Bürgermeister

So ein Best-Practice-Beispiel für nachhaltigen Konsum und Produktion ist, dass Treptow-Köpenick seit dem 12.01.2019 Fairtrade Town ist. Das bedeutet, den Vertrieb fair gehandelter Produkte. Aufklärungsarbeit und Aktionen durch Schule, Vereine und Kirchengemeinden. Sowie Aufgreifen dieses Themas in den lokalen Medien. „Es ist ein relativ niedrigschwelliges Siegel“, kommentiert Lumme. Ein Teil dieser Umsetzung ist,

„... dass die BVV fair gehandelten Kaffee, Tee, Kekse bei ihren Veranstaltungen nutzt, genau wie der Bürgermeister.“


Mikroschrittchen oder inhaltslose Symbolpolitik?

Kritische Stimmen könnten hier den Vorwurf inhaltsloser Symbolpolitik erheben. Lumme entgegnet „Könnte man natürlich so sehen aber letztendlich will man danach weiterarbeiten. Man will nicht nur das Siegel erfüllen, sondern damit auch etwas bewirken. Diese Fair Trade Kampagnen sind eine Möglichkeit sich mit anderen Bezirken zusammenzutun, da hat man gemeinsam mehr Argumentationskraft.“

Es gibt ab nächstem Jahr im Bezirk nur noch fair gehandelte Fußbälle, das Netzwerk Fahrradfreundliches Treptow-Köpenick macht Name zum Programm, der Kunger.Kiez veranstaltet Kleidertauschaktionen und betreibt Urban Gardening. Die Schulen klären Kinder über Fairtrade auf.

Alles unverzichtbar! Aber: die Zeit rennt! Da fragt man sich: muss man nicht viel rigoroser sein? Muss da nicht mehr Druck von oben kommen?


Die Greenwashing-Glocken läuten

Die Aussichten sind trübe. Denn am Ende sind alle erarbeiteten Maßnahmen „Kann-Bestimmungen“ und nichts Verbindliches. Auf das „Warum“ hat auch Lumme keine Antwort.

Aber was er weiß, in Bezug auf das Klimaziel 2030 „CO2 neutrale Verwaltung“, ist: „Die Senatsverwaltung sammelt jetzt schon – obwohl das Programm noch gar nicht angelaufen ist - Sachen, die in den Bezirken laufen. Von Carsharing, Lastenrädern, Fahrradwegen. Unser Bürgermeister ist umgestiegen auf ein Hybridauto. Sowas wird gesammelt und dann in den Kontext gestellt, d.h. das von oben „Möchtegern-verordnete-nicht-verbindliche-Programm“ wird bestückt aus Sachen, die sowieso schon in den Bezirken passieren.

Letztendlich sind das alles Sachen, die nicht nur aus der Verwaltung, sondern auch aus der Zivilgesellschaft kommen.“

Hören wir da etwa die Greenwashing-Glocken läuten? Lumme meint: „das ist ein zweischneidiges Schwert da geb’ ich recht, dass man sich profiliert mit Nachhaltigkeitsthemen.

Aber man kann das Greenwashing ja auch manchmal ein bisschen benutzen.

Die Fairtrade Town Kampagne ist zum gewissen Grad Greenwashing, aber man nimmt es um andere Sachen mitzuziehen und dadurch hat es seine Daseinsberechtigung. Es ist Aufklärung und noch mehr Aufklärung. Es ist manchmal ein Kampf gegen Windmühlen, aber wenn man gar nichts macht, hat man ja schon aufgegeben.“


Und dann ist er weg und wir sind wieder allein

2020 endet die Förderung dieser Koordinatoren-Stelle. Was bleibt dann? Aktuell kämpft Lumme für eine*n Klimaschutzmanager*in. So könnte sein Initialschuss weitergeführt werden. Aktuell sei Lummes Arbeit politisch akzeptiert und gewollt, dennoch bringt er an: „Ja, die Frage ist, wie sieht’s nach den nächsten Wahlen aus – da könnte mit einem Schlag wieder Schluss sein.“



Dienstag, 12. März 2019, 17:00 – 20:00 Uhr
Ratssaal Rathaus Köpenick, Alt-Köpenick 21, 12555 Berlin

Was können wir in Treptow-Köpenick tun, um den Bezirk und unseren Konsum nachhaltiger zu gestalten, um weltweit die Nachhaltigkeitsziele voranzubringen? Was kann jeder Einzelne tun und wie können wir diese Aufgaben strategisch angehen? 
Das Bezirksamt Treptow-Köpenick lädt zu einem Diskussionsabend in den Ratssaal des Rathauses Köpenick ein.Zwei Akteure informieren zu ihren Aktivitäten im jeweiligen Themenfeld:

  • SDG 11: Nachhaltige Städte und Gemeinden: Netzwerk Fahrradfreundliches Treptow-Köpenick
  • SDG 12: Nachhaltige/r Konsum und Produktion: Fairtrade Town Treptow-Köpenick

Es werden gemeinsam Maßnahmen erarbeitet, die in die Kommunale Nachhaltigkeitsstrategie einfließen werden. Der Abend ist an den Globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDG’s; Sustainable Development Goals) ausgerichtet und Teil einer Workshopreihe zu allen 17 Zielen.


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