„Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?“ Diese Frage der Initiative Grundeinkommen lässt einen zunächst einmal tief in den Sessel zurücksinken. Ja, was würden Sie dann tun? Was ist eigentlich Arbeit und welchem Zwecke dient sie? Im Laufe der abendländischen Geschichte hat sich die Bedeutung der Arbeit entscheidend gewandelt. Im klassischen Altertum wurde insbesondere die körperliche Arbeit im Unterschied zur wissenschaftlichen und politischen Arbeit als eines freien Menschen unwürdig betrachtet und meist von Sklaven verrichtet. Arbeit war Mühsal und geschah im Schweiße des Angesichts, war Lehenspflicht und Buße. Seit dem Industriezeitalter nehmen uns zunehmend Maschinen den Großteil unserer Arbeit ab und Arbeit im herkömmlichen Sinne ist knapp geworden. Ein neuer Ausdruck des Menschsein greift ein in unser Leben und wird benannt mit Arbeitslosigkeit, obwohl doch eigentlich von Arbeitsbefreiung die Rede sein müsste.
Kein Gesellschaftssystem hat bisher bedacht, dass der Einsatz von Maschinen zur Verrichtung von Arbeit neue Möglichkeiten für alle Menschen eröffnet. Einziger Ausgangspunkt war bei aller kreativen Hingabe zur Veränderung und Weiterentwicklung die Maximierung des Profites Einzelner. Der Mensch, der zuvor noch benötigt wurde, ist verschlissen, hat ausgedient und am besten wäre es, er würde einfach so verschwinden. Um wie viel höher wäre dann der Profit für jene, die im Besitz der Produktionsmittel sind? Und genau da setzt die Politik des 21. Jahrhundert an, indem sie den eigentlich arbeitsbefreiten aushungert, immer noch im Gebaren der Allmächtigen und nicht im Dienst der gesamten Wählergemeinschaft: „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“. Und schon gar nicht alkoholische Getränke zu sich nehmen und sich eine Fluppe ins Maul stopfen. Letzteres kann als gesund erhaltene Maßnahme auch wirklich nur begrüßt werden, damit der Verstand klar bleibt und zu neuen Erkenntnissen reift.
Eine weitere positiv zu bewertende Erscheinung ist die Tatsache, dass das Fernsehprogramm deutlich an Qualität verloren haben muss. Breite Schichten der Bevölkerung drängt es wieder nach draußen, auch an kalten Tagen. Und frische Luft hat nun wirklich noch niemandem geschadet. Zu widersinnig und widersprüchlich stolzieren Politiker vorbei und proklamieren das Große Sparen, während andernorts die großen Bäume fallen. So viele Themen sind am kochen, dass man seine Not hat, diese auch verspeisen zu können. Die allgegenwärtige Krise zieht über die Köpfe hinweg und lässt die ohne Hut in gebeugter Haltung zurück. Könnt ja noch`n Groschen irgendwo am Boden kleben und so sind sie immer auf der Suche nach dem Fünfer mit Zusatzzahl. Sehr evolutionär sieht das nicht aus. Ebenso wenig bei denen, die den Hut aufhaben, nur eben umgekehrt. Sie tragen die Nase so hoch, dass die Rolle rückwärts droht. Keine guten Voraussetzungen, sich auf Augenhöhe zu begegnen. Weder auf dem Arbeitsmarkt, noch in einer Stadt wie Stuttgart, auf dem genetischen Feld, oder einfach unterwegs beim Castor Transport. Die Entfernung der Widersprüche zwischen den Parteien in allen Bereichen wird immer größer. Wird es da möglich sein, sich aufeinander zu zubewegen, zueinander zu finden und nach Lösungen für zeitgemäße und bewusste neue Lebensformen Ausschau zu halten? In der Buchstabensuppe für Langzeitarbeitslose steht dazu nichts mehr drin.
Doch ist gewiss, dass Wasserwerfer, Pfefferspray und Heiner Geißler einen Fortgang der Dinge in eine positive Richtung nicht beflügeln. Der stürmische Herbst und die bevorstehende besinnliche Adventszeit sind bestens geeignet, um in sich zugehen, sich allseits zurückzulehnen und der Frage nachzuspüren „Was würden Sie arbeiten, wenn für Ihr Einkommen gesorgt wäre?“ Eine Frage, die Freiheit im Denken und Handeln gleichermaßen bewegt, nicht wesentlich mehr zu tun, sondern mehr Wesentliches. Um dem Wesentlichen solcher und anderer Fragen auf die Spur zu kommen, hilft es natürlich auch, sich von Zeit zu Zeit die Beine zu vertreten. Eine gute Gelegenheit dazu wäre der 6. November 2010. Die Initiative „unternimm das jetzt“ ruft an diesem Tag zur Demo für ein bedingungsloses Grundeinkommen auf. Los geht es am Brandenburger Tor um 5 vor 12. Anlass dazu ist die Petition von Susanne Wiest: „Der Deutsche Bundestag möge beschließen... das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen“, die vor knapp 2 Jahren an den Deutschen Bundestag eingereicht wurde und nun am 8. November 2010 öffentlich zur Anhörung kommt. (siehe dazu Maulbeerblatt vom 3. November 2009). Über 53.000 Mitunterzeichner waren es damals bundesweit. So viele werden sich der Kälte am Tag der Demo und am Tag der Petition sicher nicht aussetzen.
Aber genau weiß man alles immer erst hinterher.
Am 06. 11. 2010: Demonstration für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Start am Brandenburger Tor, 11:55 Uhr
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