Die Sache ist so: Mein Sohn ist ein ziemlich verträumter Wurm. Er geht in die erste Klasse, und oft ist er mit den Gedanken ganz woanders. Während die Lehrerin wichtige Dinge erzählt, schaut er aus dem Fenster und beobachtet Vögel. Wenn man ihm nicht alles hinterher trägt, bleibt es irgendwo liegen. Ich weiß nicht, wie oft er schon mit Hausschuhen losgehen wollte, seinen Turnbeutel hängen lies, Mütze und Handschuhe verlor, es ist furchtbar! Alles muss man ihm zehnmal sagen, bevor er überhaupt zuhört. Glücklicherweise kann er das mit der von mir geerbten Intelligenz kompensieren, so dass seine Schulleistungen noch auf erträglichem Niveau bleiben. NOCH!
Aus diesem Grund überwies seine Kinderärztin ihn vor zwei Monaten zu einer Untersuchung ins Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ), um festzustellen, ob er am so genannten Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) leidet. Nun, ich will ja nicht klugscheißen, aber wenn Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom bedeutet, dass er ein Defizit an Aufmerksamkeit hat, kann ich dies problemlos bestätigen, auch ohne Untersuchung.
Wie auch immer, ich ging mit dem Überweisungsschein ins Sozialpädiatrische Zentrum, wo man mir einen Termin gab, der allerdings im darauf folgenden Quartal lag, so dass es notwendig sein würde, kurz davor nochmal eine aktuelle Überweisung zu holen. Doch kaum hatte das neue Quartal begonnen, hörte ich auf, an diese Notwendigkeit zu denken.
Erst gestern (der Termin war heute um 10) schoss es mir zufällig durch den Kopf. In Panik rief ich die Kinderärztin an, die mir dann versicherte, dass sie ab 9 Uhr da ist, um mir eine neue Überweisung zu schreiben (glücklicherweise ist beides im selben Gebäude). Nachts fiel mir noch ein, dass ich eigentlich in der Schule Bescheid sagen müsste, dass er heute nicht zum Unterricht erscheint, was schade ist, denn er hatte sich darauf gefreut, allen zu zeigen, wie schön er das Gedicht auswendig gelernt hat. Wieso können die einem Schulkind keinen Nachmittagstermin geben? Und warum habe ich eigentlich damals nicht darauf bestanden? Egal, zu spät.
Also hetzte ich heute mit meinem Sohn zur Kinderärztin, wo ich nach der alten Überweisung gefragt wurde, die ich aber leider nicht dabei hatte. Woher sollte ich denn bitte wissen, dass ich sie brauche? Antwort: „Weil ich es Ihnen gestern extra noch gesagt habe. Also, es tut mir wirklich leid, aber so geht das nicht. Vielleicht machen die Kollegen im SPZ die Untersuchung auch so, wenn Sie versprechen, den Schein umgehend nachzureichen. Oder lassen Sie sich einen neuen Termin geben.“
Also hetzten wir eine Treppe höher, und dort ging das natürlich nicht so einfach. Doch mir wurde versichert, dass meine Ärztin mir völligen Quatsch erzählt habe. Selbstverständlich kann sie mir einfach eine neue Überweisung schreiben. Dann wurde ich Zeuge eines Telefonats, in dem zwei Fachleute sich gegenseitig die Regeln des Business erklärten, am Ende gab meine Ärztin nach, und ich durfte noch einmal schnell zurück. Zähneknirschend fragte sie nach der Versicherungs-Chipkarte meines Sohnes (neues Quartal) … die ich leider nicht dabei hatte. Mist!
Die ist doch immer in meiner Brieftasche! Aber in der letzten Woche war ich unterwegs, und darum hatte meine Frau sie geistesgegenwärtig an sich genommen.
„Also, es tut mir wirklich leid, aber so geht das nicht. Wo haben Sie denn bitte Ihren Kopf?“
Ich rannte wieder hoch und fragte, ob ich eventuell, während die Untersuchung läuft, schnell von zu Hause die Chipkarte und den alten Überweisungsschein holen, damit den neuen ausstellen lassen und rechtzeitig wieder hier erscheinen könnte.
Die Antwort:
„Nein, denn ehrlich gesagt, der heutige Termin ist doch, wie wir es Ihnen eigentlich bereits erklärt haben, erst einmal nur ein Elterngespräch. Ihren Sohn hätten wir heute gar nicht benötigt. Aber wo ist denn überhaupt Ihre Frau?“
„Äh …“