Nach einer beachtlichen internationalen Karriere sind Sie seit 2003 Professor für Gesang an der UdK Berlin. Bereits seit 1991 sind Sie Gründungsmitglied und Vorsitzender des Freundeskreises der Joseph-Schmidt-Musikschule Treptow-Köpenick. Was tut der Freundeskreis? Was ist sein Anspruch?
Zum Einen kümmert sich der Verein um finanzielle Belange bzw. Engpässe der Musikschule. Wir fördern Schüler, deren Eltern finanziell nicht mehr in der Lage sind, die Kosten für den Unterricht weiter zu bestreiten. Dort setzen wir an. Das ist unser Hauptanliegen, dass keiner durch finanzielle Gründe an der Teilnahme am Musikunterricht gehindert wird. Zum Anderen unterstützen wir Vorhaben der Musikschullehrkräfte z.B. durch Weiterbildung, Kurse und Konzerte. Mit unserem Engagement und ideeller Hilfe stehen wir außerdem bereit wie z.B. damals bei der Abwendung der vom Senat geplanten Privatisierung der Berliner Musikschulen. Dies konnten wir durch energischen Einsatz in Zusammenarbeit mit Frau Indetzky (der damaligen Musikschuldirektorin und heutigen Leiterin des Amtes für Bildung, Anm. der Red.) zum Glück verhindern.
Was macht für Sie das Besondere der Joseph- Schmidt-Schule aus?
Ich bin ja von 1957–1964 selbst Schüler der Musikschule gewesen und kann nur sagen, dass das Niveau des Unterrichts im landesweiten Vergleich bereits zu meiner Zeit und auch bis vor kurzem imhier mer sehr weit oben angesiedelt war. In den Landesausscheiden wurden stets vordere Plätze belegt. Doch jetzt bemerke ich leider, wie die Qualität zunehmend nachlässt. Den Grund dafür sehe ich in dem gestörten Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Leitung. Und dadurch sehe ich die gesamte Musikschule in Gefahr. Für uns als Verein besteht die Musikschule vor allem aus den Kindern, deren Eltern und der Lehrerschaft. Die Musikschulleitung ist vorrangig Ansprechpartner in organisatorischen Fragen.
Sie sprechen von einem gestörten Vertrauensverhältnis. Was ist die Ursache?
Es hat ein Vertrauensbruch stattgefunden. Die Direktorin Frau Dr. Catrin Goksch hätte uns, den Verein ebenso wie die Lehrer und Eltern, vor der Beschlussfassung der BVV zur Schließung des Standortes informieren müssen. Sie hat es nicht getan. Sie hat alle vor vollendete Tatsachen gestellt.
Der Beschluss zur Schließung des traditionsreichen Standortes in der Friedrichshagener Straße galt zu der Zeit laut CDU Stadtrat Simdorn alternativlos.
Der Begriff „alternativlos“ war schon damals völliger Unsinn, ebenso wie der ganze Plan der Dezentralisierung. Als Ausweichobjekte wurden Schulen genannt, die teilweise gar nichts davon wussten. Die waren völlig überrascht und überhaupt nicht vorbereitet, dass sie zukünftig Teile der Musikschule beherbergen sollten. Die Dezentralisierung hätte zwangsläufig dazu geführt, dass die Musikschule in ihrer Gänze gefährdet gewesen wäre. Wenn wir uns nicht gewehrt hätten, hätte man die Reste der Musikschule in einem Hortraum in den Püttbergen besichtigen können.
Sie suchten das Gespräch auf nächsthöherer Ebene und sprachen mit dem zuständigen Stadtrat für Bildung, Bürgerdienste und Sport Svend Simdorn.
Für mich als künstlerisch empfindenden Menschen ist es unerträglich, wenn ein Gespräch mit militärischen Floskeln und Bastajargon untermalt wird, wo es um Kultur und Bildung geht, über die zu entscheiden ein Mangel an Einsicht und Wissen nicht zu übersehen war. Nur das Geld scheint wichtig zu sein.
Durch die lautstarken und nicht endenden Proteste der Elternschaft, der Einrichtung eines Runden Tisches mit allen Beteiligten und wohl auch nicht zuletzt wegen des krankheitsbedingten Ausfalls des Stadtrats Simdorn ist es nun nach monatelangem Ringen doch zu einer Lösung gekommen. Diese beinhaltet jedoch den Umzug vom Standort Friedrichshagener Straße in die Freiheit 15 in der Altstadt Köpenick. Sind Sie mit dieser Lösung zufrieden?
Die Freiheit 15 ist eine bessere Lösung als Adlershof. Aus Sicht der Räumlichkeiten, der Verkehrsanbindung und des Standortes. Viele Schülerinnen und Schüler kommen aus Mahlsdorf, Friedrichshagen, Rahnsdorf und Erkner. Die Freiheit 15 ist für sie gut und problemlos zu erreichen. Es gibt auch eine Aula, in der eigene Konzerte veranstaltet werden können. Für mich ist es eine wirkliche Alternative zur Friedrichshagener Straße.
Sie sind weltweit erfolgreich tätig gewesen und können auf eine bewegte Karriere zurückblicken. Wurde Ihre Arbeit oder ihr Engagement jemals so in Frage gestellt?
Eigentlich nicht. Vergleichbares gab es für mich nur mit der „Säuberung“ an der Deutschen Staatsoper Berlin, deren Star-Bariton ich war. Hier wurden fast alle bedeutenden, international anerkannten Solisten des Hauses verwiesen, offenbar, weil sie in der DDR gelebt hatten. Das war Unrecht, das wir so nicht im neuen System erwartet hatten. Die Haltung der Musikschulleitung und der Amtsleitung für Kultur mir gegenüber ist von Misstrauen, Ablehnung und Nichtachtung geprägt. Das verstehe ich absolut nicht. Wir als Verein haben nur etwas Überlegung und vielleicht auch Einsicht gefordert. Doch beide bleiben weiterhin aus. Die Musik spielt ja mittlerweile eine fast untergeordnete Rolle, für mich unerträglich. Es scheint sehr schwer zu sein, auch einmal ein Wort der Entschuldigung zu finden. Mittlerweile interessiert es mich auch nicht, was andere über mich denken. Für mich gilt das, was unserem Freundeskreis seine Berechtigung gibt: Einsatz da, wo er notwendig ist, Hilfe da, wo Unrecht geschieht. Und das wird so bleiben, so lange ich Vorsitzender der „Freunde der Joseph- Schmidt-Musikschule e. V.“ bin.
Herr Professor, wir danken für das Gespräch.
Hier spielt die Musik
Gestörtes Vertrauensverhältnis
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