Was ist für Sie typisch Köpenick/Friedrichshagen?
Es gibt hier in Friedrichshagen einfach so eine schöne Koexistenz zwischen Fußgängern und Fahrradfahren. Wegen des Kopfsteinpflasters fahren ja die meisten Fahrradfahrer auf den Gehwegen und trotzdem gibt es da eine unabgesprochene Rücksichtsnahme auf beiden Seiten und kaum Anpöbeleien. Das ist in anderen Stadtbezirken nicht so.
Von den materiellen Dingen, die Sie besitzen – auf was könnten Sie sofort verzichten?
Meinen Fernseher.
Zeitmaschine. In welche Zukunft oder Vergangenheit reisen Sie und wen wollen Sie dort treffen?
Ich würde schon gern sehen, was so aus meinen Kindern wird in 30-40 Jahren. Nicht um sie in der Gegenwart in eine andere Richtung zu lenken, sondern einfach so aus Neugier. Ich möchte ja nicht wie bei ‚Zurück in die Zukunft mit jeder Bewegung die Zukunft beeinflussen. Deshalb wollte ich damals auch nicht Pädagogik studieren, weil ich mir dann heute bei jeder meiner Erziehungsentscheidung viel zu genau überlegen würde, was das jetzt für einen Einfluss auf meine Kinder und ihre gesamte Zukunft hat.
Und dann würde ich gern Nostradamus treffen und hören, was er sieht. Ja, ich glaube schon an das, was er vorhergesagt hat – die Interpretationen sind halt nicht immer 100%. Aber an das Schicksal glaube ich schon. Ich glaube, dass auch unsere Zeit ihren Nostradamus hat, dass es Menschen gibt, die diese Fähigkeit besitzen, die Zukunft zu sehen.
Welches Lied könnten Sie immer wieder hören und mitsingen?
„I got you, babe“ in beiden Versionen – Sunny & Cher als auch UB40 mit Chrissie Hynde. Zum Tanzen ist es immer wieder Melissa Etheridge ‚Like the way I do.
Einsame Insel. Wen nehmen Sie auf gar keinen Fall mit? Ach, es gibt so viele Zum Beispiel Dieter Bohlen oder meinen Mathelehrer aus der Gymnasialzeit – Herrn Haribald Zacher.
Was war Ihr Lieblingsessen als Kind?
Reis mit Paprika von meiner Mama. Also das ist so ähnlich wie Ratatouille nur mit Gehacktem dazu. Ich freu mich heute noch wenn meine Mutter nach Berlin kommt und mir mein Lieblingsgericht kocht.
Woran glauben Sie?
Ich glaube an das Schicksal, aber auch daran, dass wir unser Leben in der Hand haben und es von unseren Entscheidungen und Taten abhängt. Wenn es dicke kommt, bete ich schon, aber eher so nach dem Motto ‚To whom it may concern.
Man sieht es dem neuen Learning Centre am Fürstenwalder Damm kaum an, dass es hier seit gerade mal einer Woche ein neues Zuhause gefunden hat. Im Hintergrund klingelt es zwar immer wieder mal, da die Handwerker die Klingelanlage einstellen, aber ansonsten herrscht hier das Gegenteil von Chaos. Kerstin Greinus-Bergmann und ich setzen uns mit Waffelröllchen, einem Obstteller und Yogitee in ihr Büro. Hier ist ebenfalls alles da, wo es sein soll.
Auch Frau Greinus-Bergmann fühlt sich in Friedrichshagen genau da, wo sie sein sollte. Vor fünf Jahren kam sie aus Zufall hierher – oder vielleicht war es auch Fügung – und hatte sofort das Gefühl angekommen zu sein. ‚Selbst heute habe ich noch dieses Kribbeln im Bauch, wenn ich die Bölsche runterschaue, nachdem es frisch geschneit hat. Das ist einfach so ein Moment des Glückgefühls, das sich bis heute bewahrt hat. Auch sonst fühlt sie sich in ihrem Leben da, wo sie jetzt sein sollte und mit fast 40 Jahren scheint sie, alles gemacht zu haben – die Welt gesehen, drei Kinder bekommen, geheiratet, ein Haus gekauft und eine Firma aufgebaut. Ein wenig erinnert Frau Greinus-Bergmann mich an Selma, das Schaf (von Jutta Bauer), als sie meint, dass wenn sie nur noch vier Wochen zu leben hätte, sie alles genauso weitermachen würde. Der Vergleich ist ein Kompliment.
Das einzige von dem sie gern mehr hätte, wäre Zeit für ihre Kinder, aber das geht wohl allen Selbstständigen so. Jetzt entwickelt sich einfach alles in die richtige Richtung. Natürlich nicht von selbst – Kerstin Greinus-Bergmann ist sich ihrer pro-aktiven Rolle darin sehr bewusst. Ihr Geheimrezept für Entscheidungen – schnell und mit einer ausgewogenen Mischung von Bauchgefühl und Rationalität. ‚Ich bin in meinem Leben einfach immer in die Richtung gegangen, die sich richtig angefühlt hat. Ich habe Mitleid mit den Menschen, die sich zwar ständig beschweren, wie schlecht alles ist, die ihr Schicksal aber nicht in die eigene Hand nehmen und was verändern.
Während sie heute zufrieden hinter ihrem Schreibtisch im Learning Centre sitzt, erinnert sie sich gerne daran, wie es alles angefangen hat mit ihrem Arbeitsleben. Mit 14 Jahren hat sie Zeitungen ausgetragen, dann Gurken auf dem Feld gepflückt, Archive sortiert, Nachhilfeunterricht gegeben und dann während des Studiums auch bei McDonalds gearbeitet. Weiter ging es dann als Camp Counselor in Maine (USA) und selbst zum Kloputzen in Kanada war sie sich nicht zu schade – das war halt nur eine Begleiterscheinung, um da zu sein, wo sie sein wollte. Noch heute bekommt Kerstin Greinus-Bergmann leuchtende Augen, wenn sie an Kanada denkt. ‚Als die Räder damals bei der Landung den Boden berührten, ging es mir heiß und kalt durch. Na gut, es gibt doch noch Dinge, die sie noch tun möchte – noch mal nach Kanada. Sie rät übrigens allen sich einmal die Welt anzusehen, bevor man langfristige Lebensentscheidungen trifft. Nach Jahren in der Schule ist es doch hilfreicher erst mal in Neuseeland Kiwis zu pflücken oder eben Wein in Frankreich, als sich gleich für eine Ausbildung zu entscheiden, die dann das ganze Leben beeinflusst.
Aber eigentlich sind auch diese Entscheidungen heutzutage nicht unwiderruflich. ‚Meine Oma ist immer ganz geschockt, wenn sie hört, dass sich jemand überlegt, bei der Firma zu kündigen und was anderes zu machen. Für sie ist das völlig unvorstellbar. Aber das ist halt eine Generationsfrage. Frau Greinus-Bergmann hat damals das Sportstudium auf Lehramt abgebrochen, weil sie wenig Berufsperspektive sah. Stattdessen hat sie die Taschen gepackt und sich die Welt angesehen – außer in Südamerika war sie schon überall.
Bereuen tut sie die Entscheidung nicht wirklich, aber irgendwie wünscht sie sich schon, dass sie das Studium beendet hätte – einfach nur weil da etwas in ihrem Leben ist, das nicht zu Ende geführt wurde. Zu ihrem Kindheitstraumberuf ist sie ja nun auf Umwegen trotzdem gekommen – Lehrerin. ‚Als ich da noch auf der Schülerseite saß und mir die Lehrer da vorne betrachtet habe, habe ich immer gewusst – da will ich hin. Heute leitet sie das Helen Doron Early English Learning Centre und unterrichtet mit ihrem Team Kinder jeden Alters. Besonders liebt sie die Flexibilität, Kreativität und Autonomie der Selbstständigkeit. ‚Was auch immer ich tue, hat größere Auswirkung. Wenn ich mich hier so umschaue und dann die Zufriedenheit meiner Schüler und deren Eltern erlebe, ist das ein unbeschreibliches Gefühl, dass dies alles sozusagen aus meinen Händen und Ideen entstanden ist.
Wir verabschieden uns gerade, da klingelt es schon wieder. Diesmal nicht die Handwerker, sondern eine neue Lehrerin, die zum Vorstellungsgespräch kommt. Es geht eben gleich weiter bei Kerstin Greinus-Bergmann.
… die Phoenix kriegt was erzählt von: Kerstin Bergmann-Greinus
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