Verraten und verkauft!

Wurde das beliebte Seebad in Friedrichshagen an gierige Investoren verhökert?
Glaubt man aktuellen Flugblättern, wird das Seebad Friedrichshagen dieses Jahr nicht öffnen. Die Berliner Bäderbetriebe kündigten den Pachtvertrag und auf dem Grundstück entstünde ein exklusiver Beachclub. Was ist an diesen Meldungen dran? Das Maulbeerblatt führte ein Interview mit dem neuen Pächter, Tobia Apelt, um Näheres in Erfahrung zu bringen.

seebad

Das Seebad Friedrichshagen, welches bisher vom ältesten Turnverein Berlins, TiB 1848 e. V., betrieben wurde, hat im Rahmen einer Ausschreibung der Berliner Bäderbetriebe den Besitzer gewechselt.
Eigentümer des Grundstückes ist nach wie vor das Land Berlin, vertreten durch die Berliner Bäderbetriebe, einer Anstalt des öffentlichen Rechts. Lediglich der Pachtvertrag wurde neu ausgeschrieben.

Herr Apelt, nach unseren Informationen sind Sie der neue Pächter des Seebades Friedrichshagen. Stimmt das?
Laut Mitteilung vom 19.01. haben wir als Folge der öffentlichen Ausschreibung den Zuschlag für die Pacht des Seebades erhalten. Vertragsverhandlungen stehen noch aus.

Was haben Sie mit dem Gelände vor?
Die Inhalte der Ausschreibung waren eindeutig: es wird ein öffentlicher Badebetrieb gefordert und kein geschlossener Vereinsbetrieb, wie es bisher der Fall war. Der öffentliche Badebetrieb soll unter dem Banner der Berliner Bäderbetriebe wieder hergestellt werden. Wir wollen mit badgerechten Zusatzangeboten zum reinen Badebetrieb sicherstellen, dass ein wirtschaftlich stabiles Bad für Friedrichshagen weiterlebt und sich weiterentwickelt. Wir fühlen uns Friedrichshagen verpflichtet und haben in unserem Konzept darauf verwiesen, dass alle Vorteile, Aktionen, Events etc., die dieses Bad schon hat, erhalten bleiben müssen und wir unsere Aufgabe darin sehen, dies wirtschaftlich erfolgreich zu tun. Ein Kernpunkt unseres Konzeptes war die Zusammenarbeit mit dem Verein, um Jugend- und Sportarbeit sicher zu stellen. Leider sind unsere Gesprächssignale bisher verhallt.

Sie wollen also keinen Beachclub oder reinen Biergarten?
Nein, es geht um einen Badebetrieb. Sowohl uns als Gewinner der Ausschreibung, als auch den BBB und auch mir als Vorsitzenden der Werbegemeinschaft.

Der bisherige Betreiber fühlt sich „verraten und verkauft“. Was hat Sie bewogen an dem Bieterverfahren teilzunehmen?
Die Sorge, dass in Friedrichshagen ein Ortsfremder sich Filetstücke am Wasser sichert und kommerzielle Konzepte verwirklicht, die unsere Historie und unsere Art zu leben nicht berücksichtigt. Wir wollen keine Betreiber, die in guter alter Schremp-Manier Kapital-Renditen erfüllen wollen, egal was die Umstände hergeben. Das Seebad hat eine lange Geschichte und wäre mit einer öffentlichen Nutzung eine tolle Erweiterung zu unseren (zusammen mit Werbegemeinschaft und Tourismusverein) touristischen und gesundheitlichen Plänen für Friedrichshagen. Unsere Vorstellung von der Beteiligung und dem Gewinn einer öffentliche Ausschreibung deckt sich nicht mit den Worten „vertrieben“, „verraten“, „verkauft“. Zumal wir ja nichts kaufen.

Sie sind der Vorsitzende der Friedrichshagener Werbegemeinschaft und machen sich für lokale Belange stark. Wie aber passt dieses Engagement zu Ihrem aktuellen Vorgehen mit der Folge einem regionalen Traditionsverein, der hier auf Basis ehrenamtlicher Tätigkeit viel zur Attraktivität Friedrichshagens beiträgt, die Arbeitsgrundlage zu entziehen?
Nicht wir entziehen dem Verein die Grundlage, wir haben „nur“ unsere Ideen in der Ausschreibung geäußert. Alle Beteiligten der Ausschreibung hatten gleiche Möglichkeiten. Kreativität, Zeit und Finanzmittel eines wirtschaftlichen Konzeptes sind nicht automatisch stabiler als die eines Vereins, auch im kommerziellen Fall sind nötige juristischen Voraussetzungen zum Betrieb des Bades nicht vor Vertragsklarheit eindeutig klärbar. Wir haben den Bäderbetrieben nur versucht zu sagen, was wir tun würden, wenn …

Aus unserem Konzept ergeben sich langfristige Investitionsmöglichkeiten und Entwicklungspotential. Scheinbar haben wir die richtigen Worte gefunden. Allerdings sind wir immer davon ausgegangen, dass der Verein sich auf jeden Fall besser als wir vorbereiten kann, mehr Insiderwissen hat und Vereine sowieso bevorzugt behandelt werden müssen.

Als Vorsitzender der Werbegemeinschaft unterstütze ich das Ansinnen des Vereins, juristisch zu prüfen, ob die Vergabe Rechtens ist. Ich als Gewinner der Ausschreibung möchte sicher sein, aufgrund von inhaltlichen Vorteilen und nicht durch juristische Winkelzüge gewonnen zu haben. Jedoch möchte ich anmerken, dass eine Schlammschlacht ohne Gespräche im Zweifel Friedrichshagen und dem Bad mehr schadet als nützt. Im schlimmsten Fall werden die Dinge dadurch noch viel dramatischer, als sie so schon sind. In meinem „öffentlichen“ Amt habe ich natürlich große Sorge, dass die folgenden Tage dazu führen, dass unser Bad wirklich schließen muss. Das kann nun wirklich niemand wollen!

Kann man Ihre Planungen für die Zukunft des Bades einsehen?
Sobald Gespräche mit den bisherigen Betreibern geführt worden sind und vertragliche juristische Rechtssicherheit in Bezug auf die Ausschreibung herrscht.

Das Maulbeerblatt dankt für das Gespräch.


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