Vom Schlosser zum Schauspieler

Der Schauspieler Jan Damitz
Jan Damitz machte eine ungewöhnliche Karriere. Das „Maulbeerblatt“ traf den Alt-Pankower und Neu-Köpenicker, um mit ihm über seine Berufe und Berufungen, seine Projekte und das anstehende Weihnachtsfest zu sprechen.
Du spielst, singst, liest vor. Wie würdest Du Dich vorstellen? Ich bin der singende Schauspieler oder der Schauspieler, der auch singen kann. Aber eigentlich im Hauptberuf Schauspieler. Die Schauspielausbildung war Deine zweite Ausbildung. Wie wurdest Du vom Triebfahrzeugschlosser mit Abitur zum Schauspieler? Mein Herz gehört der Eisenbahn. Ich habe mich immer für Eisenbahnen interessiert und wollte Lokführer werden. Daraus ist aber nichts geworden. Ich habe dann bei der Deutschen Reichsbahn eine Berufsausbildung mit Abitur gemacht und war auf einmal Diesellokomotivschlosser. Während der Ausbildung habe ich gedacht „Das ist es alles nicht.“ Meine Kollegen sagten immer, „der Damitz, der ist ein Künstler, der spinnt“. Dann schlug ich eine für die DDR klassische Karriere ein: Durch einen Freund bekam ich einen Job als Haushandwerker in der Akademie der Künste. Das war eine wilde Truppe. Ein Kollege war Hörspielautor, einer malte, einer dichtete. Da suchst du irgendwann andere Ausdrucksmöglichkeiten. Du merkst, in dir ist irgendetwas, was nach draußen strebt. Ich kam dann in Kontakt mit einer Kirchentheatergruppe, in der ich meine erste Rolle spielte. Ich war der Kellner aus Sartres „Geschlossene Gesellschaft“, der den, glaube ich, einzigen wichtigen Satz zu sagen hatte (mit tiefer Stimme): „Es kommt niemand mehr.“ Wir tourten durch die ganze DDR und spielten in kalten Kirchen. Wie ging es nach 1989 weiter? Auf einem Workshop – damals hieß das noch Werkstatt – für junge Amateurtheaterschaffende lernte ich Peter Lange kennen, der eine große Rolle in der damaligen Amateurtheaterszene der DDR spielte. Nach dem Workshop rief er uns Teilnehmer an und fragte, ob wir ein Theater gründen wollen, und alle waren begeistert. Wir haben uns versammelt und wollten die Berliner Off-Theater-Szene von hinten überholen. Das war der Plan. Unser Theater, das „Liz-Theater“, hat dann die erste Inszenierung gemacht: „Einsame Menschen“ von Gerhart Hauptmann. An dieser ersten Arbeit haben wir sage und schreibe ein Jahr gesessen. Wir haben alles ausprobiert. Alles, was wir damals wussten und kannten, wurde reingeworfen. Es war ein absoluter Wahnsinn. Die große Premiere fand im „Theater der Freundschaft“, das heute „Theater an der Parkaue“ heißt, statt. Danach beschlossen wir, unser Leben dem Theater, diesem Theater, zu weihen. Da wir alle keine professionellen Schauspieler waren, uns aber als Solche ausbilden lassen wollten, haben wir uns einfach Dozenten der Schauspielschule „Ernst Busch“ gekauft. Fördermittel flossen damals reichlich und man konnte sich bei der Paritätischen Prüfungskommission der Deutschen Bühnengenossenschaft zur Bühnenreifeprüfung vorstellen. Die habe ich bestanden und hatte auf einmal so ein Papier in der Hand. Wo sieht und hört man Dich heute? Als freischaffender Schauspieler bin ich viel unterwegs, ob in Berlin, Brandenburg oder anderswo. Reisen gehört zum „Geschäft“. Manchmal sieht man mich auch im Fernsehfunk. Du leistest außerdem Biografiearbeit mit Senioren. Was kann man sich darunter vorstellen? Ich habe unter anderem ein wöchentlich stattfindendes „Erinnerungscafe“ in einer Seniorenresidenz initiiert. Das heißt, in einem Kreis von Leuten, die geistig sehr fit sind, sprechen wir über alles, was sie bewegte und bewegt: übers alte Berlin, über alte Filme, darüber, wo sie am 13. August 1961 waren, aber auch über Aktuelles. Was nimmst Du aus der Arbeit mit Senioren für Dich mit? Alte Menschen haben einen Fundus von Erlebnissen. Wenn man da an Zeit- oder Lokalgeschichte interessiert ist, erfährt man sehr viel. Über die Jahre hat man sich auch gern und braucht einander. Könntest Du Dir auch vorstellen, mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten? Das tue ich bereits. Im letzten Jahr habe ich mit Schülern aus dem tiefsten Marzahn ein Kinderhörspiel produziert. Wir haben „Emil und die Detektive“ auf das Lebensumfeld der Kinder adaptiert. Weihnachten naht. Wie bringst Du Dein Publikum in Weihnachtsstimmung? Speziell für Weihnachten gibt es dieses Jahr „Die Weihnachtsgans Auguste“ als szenische Lesung. Die Idee ist aus der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Schauspieler Mathias Kunze entstanden. Das ist das Eine. Andererseits arbeite ich auch mit Musikern zusammen. Wir gestalten individuelle Programme und singen dann mit den Leuten Weihnachtslieder. Kurz vor Weihnachten gibt es dann noch ein Weihnachtssingen mit deiner Band „Meine Herr´n“, die sich eigentlich auf Musik der 20er und 30er Jahre spezialisiert hat. Was erwartet die Zuhörer bei diesem Auftritt? Wir werden die großen Weihnachtslieder singen, dazu spielen wir Gitarre und Kontrabass und werden ein paar Lieder „verswingen“. Die szenische Lesung und das Weihnachtssingen finden im Cafe Woyda im Prenzlauer Berg statt. Seit November 2008 wohnst Du in Oberschöneweide. Planst Du auch Auftritte im Bezirk Treptow-Köpenick? Immer! Ich würde gerne mal mit der Band im Union-Kino oder im Bräustübl spielen. Unsere Band ist da schon bestrebt. Wie feierst Du Weihnachten? Am Heiligabend bin ich bei meinen Schwiegereltern in spe. Der Bruder meiner Freundin spielt Akkordeon, wir singen freiwillig Lieder und ich lese einen Text vor. Kurz nach Weihnachten ist es zur schönen Tradition geworden, dass ich den Gitarristen meiner Band treffe und wir eine Brandenburger Dorfente füllen und verzehren. Dazu wird der beste französische Rotwein herangekarrt. Was wünscht Du Dir für das neue Jahr? Beruflich wünsche ich mir, dass alles so aufgeht, wie ich es mir vorstelle, dass die ganzen Projekte beherrschbar und übersichtlich bleiben und dass es mit meiner Herzensangelegenheit, der Band, weitergeht.
Sie können Jan Damitz am 19.12.2010 im Café Woyda, Kopenhagener Str. 78, 10437 Berlin, Tel. 030/44356053 erleben. (Weihnachtssingen mit „Meine Herr´n“) Mehr Infos hier und hier.

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