Capoeira für Anfänger

Ja, ich gebe es zu: mein Kind tanzt mir des Öfteren auf der Nase herum. Meist nur im übertragenen Sinn. Wenn ich Pech habe allerdings auch ganz direkt. „Akrobatik“ heißt das Rangelspiel, das mit vollem Körpereinsatz gespielt wird. Da darf ich nicht zimperlich sein, denn das süße kleine Mädchen entwickelt sich dann binnen Sekunden zu einem echten Raufbold. Was uns Eltern auch irgendwie wieder freut – so unter Gender-Gesichtspunkten. Durchsetzungsvermögen wird ja als Schlüsselqualifikation gehandelt. Die kann frau überall gebrauchen. Egal, ob das Kind später als Streetworkerin (falls es dafür 2030 noch öffentliche Gelder geben sollte) oder als Kanzlerin seine Brötchen verdienen möchte. Beim Kita-Fasching wurde jedenfalls schon mal offenbar, wie weit die emanzipatorische Entwicklung gediehen ist. Statt als Prinzessin bahnte sich das Töchterchen im Cowboy-Kostüm seinen Weg durch diesen so wichtigen Tag. Röcke oder Kleider zieht das Kind fast nie an. Das könnte an dem mangelnden Rollenvorbild des stets unberockten Vaters liegen. Dann die unerwartete Wende. „Mama, soll ich dir mal den Mädchentanz vorführen?“ „Ähem, ja gern, mein Schatz. Wie geht denn der?“ Die Darbietung, die dann folgte, lässt sich schwer beschreiben... Stellen Sie sich eine Mischung aus Bauchtanz und River Dance vor, die dann abrupt in bislang unbekannte Varianten von Capoeira und Kung Fu übergeht. Also es war sehr ... energetisch. Und auf jeden Fall....nun ja... fantasievoll. Ich bin sicher, Pina Bausch wäre entzückt gewesen! Tanzen, so stellte sich heraus, ist bei den fast Vierjährigen jetzt in. Der Talentewettstreit ist in vollem Gange. In einigen Familien tönt statt Radio Teddy mittlerweile „Schwanensee“ und „Die Zauberflöte“ aus den Boxen. Ich habe nichts dagegen. Also auch genderpolitisch gesehen nicht. Ob meine Tochter als Mini-Ausgabe von Vladimir Malakhov oder die Jungs als Giselle reüssieren, ist mir Wurscht. Hauptsache es macht ihnen Spaß. Und Hauptsache, sie erkennen rechtzeitig, wo Leidenschaften lieber im Verborgenen gepflegt werden sollten. Das Schicksal von „Hoppel-Heide“ Simonis möchte man ihnen nun wirklich ersparen. Ansonsten gilt: Let’s dance!

Der Regisseur Andreas Dresen im Publikumsgespräch in der Mark-Twain-Bibliothek in Berlin Marzahn Interview

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