In einem Landkreis, in dem die AfD in der letzten Wahl über 20% der Stimmen holte, tritt Niels-Olaf Lüders für Die Linke an. Der Jurist mit Schwerpunkt Ausländerrecht sagt deutlich: „Wir spielen hier auf Sieg und werden den Wählern empfehlen, uns zu wählen.“ Im Bundestag will er für Gesetze kämpfen, die nicht mehr wie bisher von Lobbyisten für Kapital geschrieben werden, so heißt es auf seiner Website.
Mit Bewegungen regieren, die auf der Straße entstanden
Lüders möchte Politik nicht nur mit anderen demokratischen Parteien wie den Grünen oder der SPD machen, sondern auch Bewegungen und Initiativen mit einbeziehen, die auf der Straße entstanden sind. Dabei nennt er zum Beispiel Fridays For Future oder die Initiative zum Mietendeckel: „Je stärker der Druck der Leute, die betroffen sind, desto größer sind die Chancen dass auch mal eine Partei, der man es nicht zutraut, da plötzlich eine Kehrtwende erreicht.“
„Die Politik hat immer weniger Instrumente an der Hand, um gute Konzepte umzusetzen, weil jedes Mal die heilige Kuh der freien Marktwirtschaft unbeeinträchtigt bleiben muss“, sagt Lüders. Und gerade weil Die Linke nicht nur kosmetische „Reförmchen“ anstrebe, gelte es nun auch, diese heiligen Kühe in Frage zu stellen.
Sich mit den Großen anlegen
„Berlin hat es gerade vorgemacht, mit dem Mietendeckel. Das wird den großen Wohnungsunternehmen sicher nicht gefallen haben. Unsere Partei nimmt keine Spenden aus der Wirtschaft an, um uns die Unabhängigkeit zu verschaffen, uns mit ihnen anlegen zu können“, erklärt der Jurist mit Schiebermütze und grauer Weste.
Dabei gäbe es sofort umsetzbare Sachen wie der Kohleausstieg, aber auch Diskussionen, die erst angestoßen werden müssten. Man könne etwa auch darüber nachdenken, ob AGs noch das zukunftsträchtige Modell ist, um Investitionen in Unternehmen sicherzustellen. Dass solche Art von Diskurs nicht nur auf Gegenliebe stoßen, ist Niels-Olaf Lüders wohl bewusst.
Auf die Frage nach den dringendsten, aktuellen Problemfeldern antwortet er:
„Ich bin da durch und durch Materialist. Die Wirtschaft ist zentral. Wer die Wirtschaft nicht anzutasten wagt und sich nicht traut, dort auch anstehende Änderungen zu machen, der wird bei Kosmetik bleiben und die Zukunftsaufgaben nicht lösen können.“
Dabei geht es Lüders unter anderem um neue Eigentumsformen, die mehr aufs Gemeinwohl abzielen. Aber auch um die Frage der Bildung: Sollte die nicht doch auf nationaler Ebene gesteuert werden? Vorbilder wie Finnland zeigen, dass dies wunderbar funktionieren kann, so der Direktkandidat der Linken.
Gemeinsam für einen notwendigen Wandel in der Landwirtschaft
Seit Monaten fahren die Landwirte mit ihren Traktoren nach Berlin und demonstrieren. Auch Niels-Olaf Lüders liegt die Landwirtschaft am Herzen: „Man muss den Landwirten und Landwirtinnen auch die Rahmenbedingungen geben, damit sie das [Blühstreifen umsetzen, den Pestizideinsatz verringern] machen können. Sie davor schützen, dass sie ihre Flächen an Investoren verlieren und dafür sorgen, dass sie vernünftige Erzeugerpreise kriegen.
Aber wir müssen uns auch deren eigene Ansätze und Ideen anhören. Die Landwirte wissen am besten Bescheid. Aber die Zielvorgaben sind klar: Der Klimawandel, der Verlust von Arten, das kann uns nicht egal sein.“
Lüders, der selbst in Storkow Landwirt im Nebenerwerb war, möchte die Landwirte nicht von irgendwas überzeugen, sondern gemeinsam Lösungen erarbeiten: „Etwas Erzwungenes kann nicht funktionieren.“
Konkret für Märkisch-Oderland: Alternativen vorantreiben
Einige konkrete Projekte aus dem Landkreis will Lüders zukünftig unterstützen. Beispielsweise eine Alternative zu Vermietungssituationen: Einige Eigentümer verwalten hier zum Beispiel ihre Immobilien genossenschaftlich.
Alles was dahingeht, auch mal eingefahrene Muster in Frage zu stellen, auch im Bereich der Landwirtschaft oder beim Verkehr, träfe auf offene Ohren: „Wir teilen die Meinung nicht, dass über eine CO2-Abgabe alles zu klären ist, wenn die ländliche Bevölkerung überhaupt nicht in der Lage ist, Alternativen zu finden. Also ist unser Ansatz ein anderer: Wir müssen die Entwicklung des Verkehrs in den Vordergrund nehmen und da eben auch massiv Einfluss auf die Wirtschaft nehmen. Stillgelegte Bahnstrecken wieder aktivieren, zum Beispiel die Strecke Wriezen-Werneuchen. Oder die Ostbahn, die von der Taktung und der Zuverlässigkeit besser sein könnte. Das sind so Themen, die mich interessieren, Und natürlich alles was mit Solidarität und sozialen Belangen zu tun hat, findet meine Unterstützung.“
„Die Elektromobilität im Individualverkehr ist jetzt nicht der Weisheit letzter Schluss“
Apropos Akzeptanz, wie steht es denn mit der Einstellung gegenüber Elon Musk und Tesla als Alternative zu Diesel- und Benzinbetriebenen Fahrzeugen?
„Elon Musk ist für mich ein Unternehmer, der in Deutschland tätig werden will und wie er das denn macht, ist zu beurteilen. Für uns als Linke sind die sozialen Themen wichtig: Wie geht er mit seinen Arbeitnehmern um, wie stellt er sich auf die Bevölkerung rings herum ein? Wie kriegt das Land es hin, Wohnungs- und Verkehrsproblemen zu lösen?
Ich finde schon ganz gut was er macht. Man darf es jetzt aber auch nicht überbewerten. Er produziert Luxusautos, die sich die Allerwenigsten leisten können. Und auch die Elektromobilität im Individualverkehr ist jetzt nicht der Weisheit letzter Schluss, was die notwendige Klimawende anbelangt. Das kann höchstens eine Übergangstechnologie sein, so dass ich den Hype darum jetzt nicht ganz so nachvollziehen kann,“ so Lüders.