Was macht die Kunst, Stefan Guzy?

Das Türchen Nummer 5 des Maulbeerblatt-Künstler-Adventskalenders
»Künstler sind nicht überflüssig, doch Soldaten sind viel wichtiger«, singt Funny van Dannen. Aber was tun Künstler eigentlich so aus gesellschaftlicher Sicht? Gestalten sie tatkräftig unser aller Leben mit oder sind sie scheue Wesen – verschanzt im Elfenbeinturm? Vermögen sie es tatsächlich, die Gesellschaft zu bewegen? Was können wir von Künstlern über uns und die Zeit erfahren, in der wir leben? Und: Was kommt 2024 wohl auf  uns zu? Das wollten wir von ihnen selbst wissen und haben deshalb über die vergangenen Monate hinweg 24 bildende Künstler befragt, denen wir im Berliner Südosten begegnet sind. Hinter Türchen Nummer 5 sitzt Stefan Guzy.
Der Künstler Stefan Guzy auf Augenhöhe in seinem Soebdruckatelier sitzend
Foto: Matthias Vorbau
  „Ich betreibe ein Handsiebdruckatelier und einen Verlag für Druckgrafik. Mit meinem Kumpel zusammen habe ich noch ein kleines Designbüro, mit dem wir hauptsächlich Plakate machen. Außerdem unterrichte ich Studenten. Meine Familie kommt aus Schöneiche/Woltersdorf. Ich habe lange in der Innenstadt gewohnt und bin dann 2020 raus nach Köpenick gezogen. Ich habe an der UdK visuelle Kommunikation studiert und dann relativ schnell Typografie und Papier und Bücher und diese handwerklichen Dinge für mich entdeckt. Das war in einer Zeit, die sehr digital war und ich habe aber mehr auf die Gegenbewegung Lust gehabt. Wir haben Erscheinungsbilder gemacht für Kultur und Industrie und Ausstellungsdesign und ein bisschen Bewegtbild und so klassische Agenturdienstleistungen. Nach und nach haben wir die Agentur runtergefahren. Wir machen jetzt wirklich nur noch Liebhabersachen und sind quasi Druckhandwerker geworden. Aber wir sind keine Druckerei und wir sind auch keine Dienstleister. Wir bewegen uns in einem Zwischenfeld. Wir arbeiten auf Augenhöhe mit Malern, Bildhauern oder auch Videokünstlern, die eine kleine grafische Auflage fertigen wollen und erarbeiten mit denen zusammen das Werk. So ein Prozess vom Kennenlernen bis zum Produzieren kann bis zu einem Jahr dauern. Meine Kunst ist ein Resonanzraum für Strömungen, also für eine Grundstimmung der Gesellschaft. Das kann man eigentlich sehr gut ablesen. Im Rahmen meiner Hochschultätigkeit ist mir aufgefallen, dass der Mut verschwunden ist. An einem Ort, an dem eigentlich alles möglich sein sollte, ist man sehr, sehr vorsichtig geworden. Es gibt bei den jungen Menschen ganz viele Begrenzungen im Kopf. Was ich mache, findet in einer sehr kleinen Blase statt. Die Dinge, die wir verhandeln, ob jetzt das eine oder andere Pigment geeigneter wäre, wird manchmal eine Woche lang diskutiert oder wie der Lichteinfall ist auf der Oberfläche und so weiter. Das ist völlig losgelöst von der Realität für 90 % der Bevölkerung. Das ist ehrlicherweise ein Punkt, der mich durchaus triggert:
Ich verwende viel Lebenszeit damit, schöne Dinge zu machen für Menschen, die das Geld haben, um sich das kaufen zu können.
Eine positive sinnliche Erfahrung ist aber auch Teil unseres Lebens. Wenn du den Menschen die Musik und die Kunst wegnimmst, dann gehen sie ein. Das ist ein Grundstoff wie Nähe und Essen usw. Die Kunst ist Teil des menschlichen Miteinanders. Aber trotzdem ist es manchmal sehr elitär.  

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  In jüngster Zeit spüre auch ich einen unglaublichen Druck, was meine eigene Ateliersituation angeht. In der gegenwärtigen Situation werden viele Ressourcen schon allein von davon gebunden, einen bezahlbaren Raum zu finden. Wenn ich mit anderen Künstlern spreche, geht es fast immer um die Miete. Man hört nur noch Hiobsbotschaften: Der Kollege muss aus seinem Atelier raus und der muss auch raus usw. Viele Kunstschaffende sind inzwischen gezwungen, die Stadt zu verlassen, um weiter arbeiten zu können. Meine Grundstimmung für 2024 ist eine gute. Wir erwarten spannende Projekte und arbeiten mit namenhaften Künstlerinnen zusammen. Demzufolge sind die Budgets entspannter oder man hat einfach mehr Möglichkeiten, Dinge auszuprobieren. Darauf freue ich mich.“

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